Rudolf Kommoß
Rudolf Kommoß, auch Kommoss (* 1904[1] in Lettland (vermutlich in Riga), † unbekannt) war ein deutscher Journalist und politischer Schriftsteller.
Kommoß entstammte einer deutschbaltischen Familie, die, nachdem Lettland nach dem Ersten Weltkrieg unabhängig geworden war, nach Deutschland emigrierte. Nach Erlangung der Hochschulreife studierte er in Berlin an der Universität zu Berlin u. a. Philosophie. Nebenher wurde er journalistisch tätig, wobei er seine Russischkenntnisse vorteilhaft einsetzen konnte. Im März 1932 wurde er Parteimitglied der NSDAP. Im Mai 1932 war es ihm noch möglich gewesen, weitgehend unbehelligt für „politische Studien“ die UdSSR zu bereisen. Kommoß promovierte 1934 unter dem Germanisten Julius Petersen mit dem Dissertationsthema Sebastian Franck und Erasmus von Rotterdam. Die im Ebering-Verlag veröffentlichte Doktorarbeit widmete er dem Andenken seines Vaters.[2]
Seit 1934 war Kommoß Mitarbeiter der Berliner Redaktion der 1933 gegründeten russischen Wochenzeitung Novoe Slowo (Das Neue Wort), die sich an die russische Emigrantenkolonie in Deutschland wandte und die Wiederherstellung des Russischen Reichs im Rahmen christlicher Werte anstrebte.[3] In seinem Beitrag Zum Geleit zu diesem Blatt vom August 1934 schrieb Kommoß: „Wir kämpfen nicht gegen die Sowjetunion, wohl aber gegen die kommunistische Internationale, die für uns der Todfeind der Nation ist“.[4] Die Zeitschrift richtete besonderes Augenmerk auf zeitgenössische politische Akteure israelitischer Abstammung, die in überproportionaler Anzahl im Völkerbund, in der Roten Armee, im NKVD, in den Regierungen Westeuropas, im spanischen Bürgerkrieg und im Krieg in Fernost politisch tätig gewesen waren, und deutete dieses soziologische Phänomen als Gefahr einer „jüdisch-kommunistischen Weltverschwörung“.[4]
Kommoß wurde später Leiter der Pressestelle der Anti-Komintern, einer die Kommunistische Internationale bekämpfenden nationalsozialistischen Organisation,[5] die ihre publizistischen Aktivitäten im August 1939 wegen des Hitler-Stalin-Abkommens zunächst einstellte, nach dem Angriff auf die Sowjetunion im Sommer 1941 jedoch wieder aufnahm.[6] Über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt wurde Kommoß durch seine 1938 erschienene antisemitische Monographie Juden hinter Stalin, die in Fremdsprachen übersetzt und 1942 sowie 1944 neu aufgelegt wurde. Das Buch unterstützte wie andere zeitgenössische Abhandlungen[7] die These vom Jüdischen Bolschewismus, die wegen Mangels an belastbaren historischen Indizien für weltweit koordiniertes politisches Agieren jedoch in der internationalen Literatur vorherrschend als Mythos verworfen wird.[8][9]
Schriften (Auswahl)
- Sebastian Franck und Erasmus von Rotterdam. Verlag E. Ebering, Berlin 1934, 113 Seiten (= Germanische Studien, Heft 153).
- Zum Geleit, in: Novoe Slovo, Berlin, 4/1. August 1934, Deutsche Beilage.
- Die jüdische Durchsetzung der GPU in der Epoche Stalin, in: Zeitschrift für Politik, Bd. 27, Nr. 11/12, November/Dezember 1937, S. 573–578.
- Juden erobern eine deutsche Stadt, in: Weltkampf, Bd. 15, No. 179, November 1938, S. 504–512.
- Juden hinter Stalin. Die jüdische Vormachtstellung in der Sowjetunion auf Grund amtlicher sowjetischer Quellen dargestellt. Nibelungen-Verlag, Berlin/Leipzig 1938, zweite Auflage: 1944.
- Juden machen Weltpolitik, Nationalpolitische Aufklärungsschriften Heft 16, Paul Hochmuth Verlag, Berlin 1938; 1942 überarbeitet von Karl Baumböck neu herausgegeben, 32 Seiten.
- Stalins Parteikongreß. Zur Gedächtnisauffrischung westlicher Demokraten, in: Völkischer Beobachter, 11. März 1939, S. 10.
- Das jüdische Element in der Sowjetkultur der Ära Stalin, in: Weltkampf, Heft 3, 1942, S. 213–220.
- Die Einnistung der Juden in Riga seit dem Ausgang des Mittelalters, in: Die Judenfrage, Band 6, 1942, S. 109–112.
Literatur
- Deutschbalten, Weimarer Republik und Drittes Reich, Band 1, herausgegeben von Michael Garleff, Böhlau, 2. Auflage, Köln/Weimar/Wien 2008, S. 408.
- Christina Jung: Flucht in den Terror: das sowjetische Exil in Autobiographien deutscher Kommunisten, Campus-Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-593-38744-4.
Einzelnachweise
- Michael Garleff (Hrsg.): Deutschbalten, Weimarer Republik und Deutsches Reich, Band 1, 2. Auflage, Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2008, S. 408 und S. 433.
- Rudolf Kommoß: Sebastian Franck und Erasmus von Rotterdam. Verlag E. Ebering, Berlin 1934, 112 Seiten (= Germanische Studien, Heft 153).
- Christian Hufen: Die Zeitung Novoe Slovo. Eine russische Zeitung im Nationalsozizialismus. In: Russische Emigration in Deutschland 1918 bis 1941. Leben im europäischen Bürgerkrieg. Akademie-Verlag, Berlin 1995, S. 459–468 (eingeschränkte Vorschau)
- Christian Hufen: Die Zeitung Novoe Slovo. Eine russische Zeitung im Nationalsozialismus. In: Russische Emigration in Deutschland 1918 bis 1941. Leben im europäischen Bürgerkrieg. Akademie-Verlag, Berlin 1995, S. 460
- Walter Laqueur: Anti-Komintern, in: Survey – A Journal of Soviet and East European Studies, Nr. 48, Juli 1963, S. 145–162
- Handbuch des Antisemitismus (Wolfgang Benz, Hrsg.), Band 5: Organisationen, Institutionen, Bewegungen, de Gruyter, Berlin/Boston 2012, S. 30.
- Hermann Fehst: Bolschewismus und Judentum - Das jüdische Element in der Führerschaft des Bolschewismus. Eckard-Kampf-Verlag, Berlin 1934, 169 Seiten.
- André Gerrits: The Myth of Jewish Communism, Peter Lang, Brüssel 2009 (eingeschränkte Vorschau)
- Johannes Rogalla von Bieberstein: „Jüdischer Bolschewismus“. Mythos und Realität. Mit einem Vorwort von Ernst Nolte. Verlag Edition Antaios, Dresden 2002, ISBN 3-935063-14-8; 2. überarb. Auflage, Ares Verlag, Graz 2010, ISBN 978-3-902475-75-6.