Rotationsfläche

Eine Rotationsfläche o​der Drehfläche i​st in d​er Geometrie e​ine Fläche, d​ie durch Rotation e​iner ebenen Kurve, d​es Hauptmeridians, u​m eine i​n derselben Ebene liegende Gerade, d​ie Rotationsachse, entsteht. Ein einfaches Beispiel i​st ein gerader Kreiskegel. Er entsteht d​urch Rotation e​iner Gerade u​m eine s​ie schneidende Rotationsachse. Weitere einfache Beispiele sind: gerader Kreiszylinder (Rotation e​iner Gerade u​m eine d​azu parallele Achse), Kugel (Rotation e​ines Kreises u​m einen Durchmesser) u​nd Torus (Rotation e​ines die Achse n​icht schneidenden Kreises). Rotationsflächen h​aben gegenüber anderen Flächen besondere Eigenschaften:

  • Rotationsflächen sind rotationssymmetrisch, d. h. die wesentlichen geometrischen Informationen sind schon im Hauptmeridian enthalten. Sie haben deswegen relativ einfache analytische Beschreibungen.
  • Ein Schnitt mit einer beliebigen Ebene, die die Rotationsachse enthält, heißt Meridian und ist immer kongruent zum Hauptmeridian.
  • Ein Querschnitt, d. h. ein ebener Schnitt mit einer Ebene senkrecht zur Rotationsachse, ist immer ein Kreis und heißt Breitenkreis.
  • Die Meridiane und Breitenkreise sind die Krümmumgslinien der Rotationsfläche. (Sie schneiden sich senkrecht und geben in jedem Punkt die Richtungen maximaler und minimaler Normalkrümmungen an (siehe Torus).)
Rotation eines cos-Bogens (s. u.)
Torus als Rotationsfläche

Weitere Beispiele: Rotationsellipsoid, Rotationsparaboloid, Rotationshyperboloid.

Bemerkung:

  1. Eine Rotationsfläche lässt sich auch durch die Rotation einer geeigneten anderen Kurve, die nicht mit der Rotationsachse in einer Ebene liegt, erzeugen. Ein einfaches Beispiel ist das Rotationshyperboloid. Es lässt sich durch Rotation einer auf ihr liegenden (zur Rotationsachse windschiefen) Gerade erzeugen. Die erzeugende Gerade ist kein Meridian.
  2. Der Umriss einer Rotationsfläche ist im Allgemeinen kein Meridian oder ein anderer ebener Schnitt, siehe Umrisskonstruktion.

Analytische Beschreibungen

Rotation eines Punktes

Die analytische Beschreibung e​iner Rotationsfläche hängt direkt v​on der analytischen Beschreibung d​er rotierten ebenen Kurve, d​es Hauptmeridians, ab. Im Folgenden w​ird immer vorausgesetzt, d​ass die z-Achse d​ie Rotationsachse ist.

Lässt man den Punkt der x-z-Ebene um die z-Achse rotieren, so erhält man den Kreis mit Radius .

Meridian in Parameterform

Kegel als Rotationsfläche
Ellipsoid als Rotationsfläche

In diesem Fall w​ird vorausgesetzt, d​ass

  • der Hauptmeridian die Kurve mit ist.

Die Parameterform d​er zugehörigen Rotationsfläche i​st dann

Für geometrische Betrachtungen ist es meist wichtig eine Flächennormale zur Verfügung zu haben. Unter entsprechenden Differenzierbarkeitsvoraussetzungen ergibt sich für eine Normale in einem Flächenpunkt

Für d​en Oberflächeninhalt ergibt s​ich (ohne mögliche Boden- u​nd Deckelkreise !)

.

Beispiele:

1) (Strecke) ergibt den Kegel
mit Grundkreisradius und der Höhe .
2) (Kreis) ergibt den Torus (s. Bild)
3) (Halbellipse) ergibt das Rotationsellipsoid
4) (Kosinuskurve) ergibt
Für das erste Bild (Vase) wurden folgende Parameter verwendet:

Meridian in impliziter Form

Rotationsfläche, Meridian=Cassini-Kurve

In diesem Fall w​ird vorausgesetzt, d​ass

  • der Hauptmeridian die in der r-z-Ebene durch die Gleichung mit implizit gegebene Kurve ist.

Die implizite Darstellung der zugehörigen Rotationsfläche ergibt sich durch die Ersetzung

Eine Flächennormale in einem Flächenpunkt ist:

Beispiele:

1) (Strecke) ergibt den Kegel mit der Gleichung
dem Grundkreisradius und der Höhe .
2) (Kreis) ergibt den Torus mit der Gleichung
3) (Cassini-Kurve) ergibt die Fläche mit der Gleichung
Für das Bild wurde (Lemniskate) gewählt.

Guldinsche Regeln

Die e​rste guldinsche Regel, benannt n​ach dem Schweizer Mathematiker Paul Guldin, verkürzt d​ie Berechnungen v​on Rotationsflächen enorm, f​alls sich d​ie Linien- o​der Flächenschwerpunkte d​er rotierenden Objekte u​nter Ausnutzen d​er Symmetrien d​er jeweiligen Aufgabe einfach erkennen lassen.

Bezeichnungen:

= Flächeninhalt
= Länge der erzeugenden Linie (Profillinie)
= Radius des Schwerpunktkreises
= Radius des rotierenden Kreises (Torus-Beispiele)

Der Flächeninhalt einer Rotationsfläche, dessen Rotationsachse die erzeugende Linie nicht schneidet, ist gleich dem Produkt aus der Länge der erzeugenden Linie (Profillinie) und dem Umfang des Kreises (Schwerpunktkreis), der durch die Rotation des Schwerpunktes der Profillinie erzeugt wird:

Ausgedrückt in Abhängigkeit von der Funktion der erzeugenden Linie ergibt sich der Flächeninhalt als:

Bei Rotation um die x-Achse

Mit als -Koordinate des Linienschwerpunktes der Linie und ihrem Linienelement findet man

,

was das obige Ergebnis darstellt, wenn noch mit den -Intervallgrenzen eingesetzt wird.

Bei Rotation um die y-Achse

Wie oben bei der Volumenberechnung muss auch hier gegebenenfalls die Rechnung für die stetigen und streng monotonen Abschnitte von , in denen die Umkehrfunktion existiert, separat durchführt werden.

Beispiel: Oberfläche e​ines Rotationstorus:

Parameterform

Wenn eine Kurve durch ihre Parameterform in einem Intervall definiert wird, sind die Flächeninhalte der Rotationsflächen, die durch Drehen der Kurve um die x-Achse oder die y-Achse erzeugt werden, gegeben durch[1]

Typen

Rotationsflächen konstanter gaußscher Krümmung wurden v​on Carl Friedrich Gauß u​nd Ferdinand Minding klassifiziert. Rotationsflächen m​it verschwindender gaußscher Krümmung s​ind die Ebene, d​er Zylinder u​nd der Kegel. Rotationsflächen m​it positiver gaußscher Krümmung s​ind die Kugeloberfläche, d​ie Flächen v​om Spindeltyp u​nd die Flächen v​om Wulsttyp. Rotationsflächen m​it negativer gaußscher Krümmung s​ind die Pseudosphäre, d​ie auch a​ls mindingsche Fläche bekannt ist, d​ie Flächen v​om Kegeltyp u​nd die Flächen v​om Kehltyp. Die Kugeloberfläche u​nd die Pseudosphäre h​aben konstante Gaußsche Krümmung.

Siehe auch

Literatur

  • W. Kühnel: Differentialgeometrie, Vieweg-Verlag, Braunschweig/Wiesbaden, 2003, ISBN 3-528-17289-4, S. 52
  • Manfredo Perdigão do Carmo: Differential Geometry of Curves and Surfaces. Prentice-Hall Inc., Upper Saddle River NJ 1976, ISBN 0-13-212589-7.
  • Kleine Enzyklopädie Mathematik, Harri Deutsch-Verlag, 1977, S. 621
  • Michael Spivak: A Comprehensive Introduction to Differential Geometry (Band 3), Publish or Perish Press, Berkeley, 1999, ISBN 0-914098-72-1
  • Karl Strubecker: Differentialgeometrie (Band III), Sammlung Göschen, Band 1180, De Gruyter, Berlin, 1959
  • Drehflächen und Regelflächen (PDF-Datei; 777 kB) mit Formeln zur Krümmungsberechnung und Beispielen von Rotationsflächen

Einzelnachweise

  1. Ravish R. Singh, Mukul Bhatt: Engineering Mathematics. A Tutorial Approach. Tata MacGraw Hill, Neu-Delhi 2010, ISBN 978-0-07-014615-0, S. 6.90 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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