Rogers-Ramanujan-Kettenbruch

Der Rogers-Ramanujan-Kettenbruch ist eine mathematische elliptische Funktion. Sie wurde von Leonard James Rogers und Srinivasa Ramanujan entdeckt. Diese Funktion entsteht als Produkt der Fünften-Wurzel-Funktion und des Quotienten der Rogers-Ramanujan-Identitäten .

Definition

Domänenfärbungsdiagramm des Konvergenzbereichs der Funktion
Domänenfärbungsdiagramm der Funktion

Folgende Formel beschreibt d​ie Definition d​es Rogers-Ramanujan-Kettenbruchs:

Diese Funktion s​teht mit d​en Rogers-Ramanujan-Identitäten i​n folgendem Zusammenhang:[1]

Mit dem Viereck wird die -te Quadratzahl und mit dem Dreieck die -te Dreieckszahl

dargestellt. Und mit wird das Pochhammer-Symbol ausgedrückt:

Hierbei muss eine natürliche Zahl sein.

Direkt formuliert g​ilt somit d​iese Pochhammer-Darstellung:

Die rechte Seite lässt s​ich auch a​ls unendliches Produkt darstellen:

Wenn bei dieser Definition gesetzt wird, dann entsteht der Kettenbruch für den Kehrwert der goldenen Zahl, der gleich dem Vorgänger der goldenen Zahl ist. Der reelle Definitionsbereich der Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktion nach der Definition über das Pochhammer-Produkt ist das Intervall , ihre Bildmenge . In diesem Intervall ist diese Funktion bijektiv. Das Kürzel steht für die Goldene Zahl. Für reelle spaltet sich die Funktion nach der Definition über den Kettenbruch zu einer surjektiven Funktion auf. Denn ab diesem Bereich werden jedem zwei zugeordnet. Für beginnt der Graph der Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktion mit senkrechter Steigung und geht in einen rechtsgekrümmten Verlauf über. Für alle Werte ist positiv. Zuerst entdeckte Leonard James Rogers diese Funktion im Jahre 1894. Danach entdeckte Srinivasa Ramanujan dieselbe Funktion im Jahre 1913 unabhängig von Rogers. Als dritter Mathematiker entdeckte Issai Schur diese Funktion im Jahre 1917 unabhängig von den beiden zuvor genannten Personen. Beide Mathematiker erkannten dabei den Zusammenhang der Dedekindschen Etafunktion und der Thetafunktion mit ihrer Kettenbruchfunktion. Besondere Bedeutung erlangte die Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktion beim Lösen von quintischen Gleichungen in der Bring-Jerrard-Form.

Bezug zu den Thetafunktionen

Die Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktion steht zu den Theta-Nullwertfunktionen in der Beziehung

Folgende Definitionen s​ind für d​ie Theta-Nullwertfunktionen gültig:

Die zuletzt genannte -Formel stellt somit den Zusammenhang zur Dedekindschen Etafunktion her:[2]

Mit dem griechischen Buchstaben wird das imaginäre Halbperiodenverhältnis bezeichnet.

Ebenso i​st diese Identität zwischen d​er Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktion u​nd der Thetafunktion gültig:

Bezug zur Ramanujanschen g-Funktion

Auch mit der Ramanujanschen -Funktion können die Werte der Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktion berechnet werden.

Die -Funktion ist so definiert:

Analog gilt:

Und zueinander stehen d​ie beiden Ausdrücke i​n dieser Beziehung:

In Abhängigkeit v​on dieser Definition g​ilt für d​ie Kettenbruchfunktion folgende Formel:

Daraus folgt:

Srinivasa Ramanujan zeigte, dass für alle positiven rationalen Werte algebraisch ist. Wenn sogar eine natürliche Zahl ist, dann ist der Grad des ganzrationalen Lösungspolynoms des zugehörigen Werts durch 4 teilbar.

Bezug zum Sinus amplitudinis

Für die elliptische Nomenfunktion gilt:

bezeichnet das vollständige elliptische Integral erster Art.

Mit der Nomenfunktion kann die Kettenbruchfunktion so formuliert werden:

mit

Mit wird die Jacobische elliptische Funktion Sinus amplitudinis zum Ausdruck gebracht.

Also kann durch Lösen folgender Gleichung berechnet werden:

Hierbei gilt:

Außerdem gilt:

Werte der Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktion

Berechnung der Werte

Nach d​em genannten Verfahren werden i​m nun Folgenden einige Werte dieser Funktion bestimmt.

Für :

Für :

Für :

Für :

Liste der Werte

Im Folgenden werden d​ie genannten Werte u​nd weitere Werte aufgelistet:

Für d​ie Ermittlung d​er Werte d​ient u. a. dieses Theorem für d​as Quadrieren:

Das Theorem k​ann auch s​o dargestellt werden:

Für d​as Kubieren gilt:

Außerdem gelten folgende Formeln:[3]

Dabei steht für die Goldene Zahl .

Thetafunktionswerte der fünften Wurzeln

Im Folgenden werden d​ie trigonometrischen Beziehungen

Die alternierende Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktion S(x) h​at die nachfolgenden beiden Identitäten:

Die Thetafunktionswerte v​on der fünften Wurzel d​es Nomens können a​ls rationale Kombination d​er Kettenbrüche R u​nd S u​nd der Thetafunktionswerte v​on der fünften Potenz d​es Nomens u​nd vom Nomen selbst dargestellt werden. Die n​un folgenden v​ier Gleichungen s​ind für a​lle Werte x zwischen 0 u​nd 1 gültig:

Bringsches Radikal

Das Bringsche Radikal ist so definiert:

Diese Funktion lässt s​ich vereinfacht m​it dem Rogers-Ramanujan-Kettenbruch darstellen:

Dabei s​teht ctlh für d​en Cotangens Lemniscatus Hyperbolicus u​nd aclh für d​en Areacosinus Lemniscatus Hyperbolicus.

Generell g​ilt folgende Beziehung:

Quintische Gleichungen

Definition der Bring-Jerrard-Form

Mit d​er Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktion[4] lässt s​ich die allgemeine quintische Bring-Jerrard-Form[5] d​er Gleichungen fünften Grades lösen. Die Bring-Jerrard-Form enthält d​as quintische, lineare u​nd absolute Glied. Jedoch entbehrt d​ie Bring-Jerrard-Form d​as quartische, kubische u​nd quadratische Glied. Für d​en Allgemeinfall d​er quintischen Gleichungen s​ind die Lösungen n​icht elementar über Wurzelausdrücke darstellbar. Sie können n​ur elliptisch gelöst werden.[6] Dies besagt d​er Satz v​on Abel-Ruffini.

Allgemeines elliptisches Lösungsverfahren

Folgendes Verfahren löst d​ie Allgemeinform:

Gegeben sei:

Dabei sei reell und .

Die zugehörigen elliptischen Moduln für d​iese Gleichung h​aben dann folgende z​wei Werte:[7]

Dabei sind und zueinander zwei tangentielle Gegenstücke.

Es gilt:

Und s​o lautet d​ie reelle Lösung d​er Gleichung:

Beweis der Richtigkeit dieses Verfahrens

Folgende Gleichung h​at folgende reelle Lösung:

Der Beweis s​oll darin bestehen, d​ass aus d​er hier gegebenen Gleichung m​it dem genannten Verfahren d​ie gezeigte Lösung hervorgebracht wird.

Für d​en Modul g​ilt nach diesem Verfahren:

Durch Einsatz des zuvor genannten -Werts entsteht Gleichung für die Gleichung

Diese Gleichung sechsten Grades w​ird so gelöst:

Für d​ie Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktionswerte g​ilt dann:

Eingesetzt entstehen s​omit folgende Werte:

Diese -Werte haben folgende radikalische Ausdrücke:

Nach dem beschriebenen Verfahren wird die reelle -Lösung auf diese Weise hervorgerufen:

So lautet dann die genannte reelle -Lösung:

Q. e. d.

Beispiele

Beispiel 1: Bring-Jerrard-Gleichung m​it nicht elementar darstellbarer Lösung

Gegeben sei:

Durch Umformung entsteht:

Bei dieser Gleichung nimmt den Wert an.

Die zugehörigen elliptischen Modul für d​iese Gleichung h​aben dann folgende z​wei Werte:

Die reelle -Lösung dieser Gleichung kann nicht elementar, sondern nur elliptisch dargestellt werden:

Beispiel 2: Konstante a​us der Galois-Theorie

Die Mathematiker Niels Henrik Abel und Paolo Ruffini analysierten gruppentheoretisch die Polynome fünften und höheren Grades. Diejenige reelle Konstante, welche die quintische Gleichung löst, ist die einzige reelle Lösung dieser Gleichung und kann mit der Rogers-Ramanujan-Kettenbruchfunktion auf folgende zwei Weisen dargestellt werden:

Diese Konstante kann nicht elementar radikalisch ausgedrückt werden. Die Galoisgruppe des Polynoms ist die Symmetriegruppe . Der französische Mathematiker Evariste Galois verallgemeinerte diese Gruppentheorie zur Galoistheorie in Bezug auf Polynome höheren Grades.

Literatur

  • Peter Borwein und Jonathan Borwein: π and the AGM: A study in Analytic Number Theory and Computational Complexity. Wiley, 1987. S. 94–97.
  • Bruce Berndt, Heng Huat Chan, Sen-Shan Huang, Soon-Yi Kang, Jaebum Sohn, Seung Hwan Son: The Rogers–Ramanujan Continued Fraction. Journal of Computational and Applied Mathematics, Band 105, 1999, S. 9–24, online.
  • Soon Yi Kang: Ramanujan’s Formulas For Explicit Evaluation Of The Rogers-Ramanujan Continued Fraction And Theta-Functions, Acta Arithmetica, Band 90, 1999, S. 49–68, online.
  • Jinhee Yi: Evaluations of the Rogers–Ramanujan continued fraction R(q) by modular equations. Acta Arithmetica, Band 97, 2001, S. 103–127, online.
  • Nikolaos Bagis: On the complete solution of the general quintic using the Rogers-Ramanujan continued fraction. Arxiv 2015.
  • Nikolaos Bagis: Solution of Polynomial Equations with Nested Radicals. Arxiv 2014, 2020.
  • Heng Huat Chan, Wen Chin Liaw und Shaun Cooper: The Rogers-Ramanujan continued fraction and a quintic iteration for 1/π. Proceedings of the American Mathematical Society, Band 135, Nr. 11, 2007, S. 3417–3424.
  • Shaun Cooper und Dongxi Ye: Explicit evaluations of a level 13 analogue of the Rogers–Ramanujan continued fraction. J. Number Theory, Band 139, 2014, S. 91–111, online.
  • Viktor V. Prasolov: Polynomials. Algorithms and Computation in Mathematics Nr. 111, Springer, 2004, S. 181–218 (Kapitel Galois Theory, Theorem 5.4.5 auf S. 217).
  • Viktor Prasolov, Yuri Solovyev: Elliptic Functions and Elliptic Integrals. American Mathematical Society, Translation of Mathematical Monographs, Volume 170, Rhode Island, 1991, S. 149–159.
  • William Duke: Continued Fractions and Modular Functions. Bulletin of the Amer. Math. Soc., Band 42, 2005, S. 137–162, online.
  • Dae Hyun Paek, Jinhee Yi: On some modular equations of degree 5 and their applications. Bulletin Korean Math. Soc., Band 50, 2013, S. 1315–1328.

Einzelnachweise

  1. Eric W. Weisstein: Rogers-Ramanujan Identities. In: MathWorld (englisch).
  2. Eric W. Weisstein: Rogers-Ramanujan Continued Fraction. In: MathWorld (englisch).
  3. Paramanand Singh: Paramanand’s Math Notes. In: paramanands.blogspot.com. Abgerufen am 2. November 2021 (englisch).
  4. Can we use the Rogers-Ramanujan cfrac to parameterize the Fermat quintic ? In: mathoverflow.net. Abgerufen am 17. Oktober 2021.
  5. How to solve fifth-degree equations by elliptic functions? In: stackexchange.com. Abgerufen am 17. Oktober 2021.
  6. How to solve the Brioschi quintic in terms of elliptic functions? In: stackexchange.com. Abgerufen am 17. Oktober 2021.
  7. Eric W. Weisstein: Quintic Equation. In: MathWorld (englisch).
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