Richard Gerken
Richard Gerken (1900 – nach 1963) war von 1957 bis 1964 der Leiter der Abteilung Spionageabwehr im Bundesamt für Verfassungsschutz und Geheimdienst-Schriftsteller.
Das NSDAP-Mitglied (seit 1933) Gerken arbeitete im Spionageapparat der NS-Diktatur. Er gehörte als Hauptmann zur militärischen Abwehr unter Wilhelm Canaris. In Münster (Westfalen) leitete er das Frontaufklärungskommando 213, zuständig für Sabotage und Zersetzung im Ausland, darunter Aktionen in Italien und Marokko. In den besetzten Niederlanden hatte er mit der Verfolgung von Widerstandskämpfern zu tun. Um die Jahreswende 1944/45 wechselte er als SS-Hauptsturmführer in das Amt IV (Gegnerforschung und -bekämpfung/Gestapo) des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), Abteilung IV A 1, unter Heinrich Müller. Gerken war Experte für die Sowjetunion. Im Mai 1945 geriet er in britische Gefangenschaft und stellte sein Wissen zur Verfügung.
Seit 1949 arbeitete er wieder für einen Geheimdienst, zuerst bei einem noch inoffiziellem Informationsamt des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Dort wurde er wegen Verschweigens seiner NSDAP-Mitgliedschaft vom Leiter Fritz Tejessy entlassen. Er wechselte in das Niedersächsische Innenministerium in Hannover und wurde 1952 Abteilungsleiter beim Bundesamt für Verfassungsschutz, zuerst für Beschaffung bis 1957, dann für die Spionageabwehr. Er ging dort 1964 als Leitender Regierungsdirektor in den Ruhestand. Er verfügte durch die von ihm verwaltete und nur durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofs kontrollierte „Titelgruppe 300“ über sechsstellige Beträge für besondere Zwecke. Die Anstellung belasteter Mitarbeiter erfolgte über Tarnfirmen und -vereine. Sein System der „Freien Mitarbeiter“, die er teilweise aus alten SS-Kreisen gewonnen hatte, wurde von den Präsidenten Otto John und Hubert Schrübbers toleriert und von Vizepräsident Albert Radke befördert, weil es zu beachtlichen Erfolgen in der Spionageabwehr führte. Anlässlich eines Skandals 1963 nahm die Öffentlichkeit Notiz von der Wiederbeschäftigung dieser Täter, aber erst 1967 waren alle aus dem Dienst entfernt.
Schriften
- Spione unter uns – Methoden und Praktiken der Roten Geheimdienste nach amtlichen Quellen, Auer Donauwörth 1965
- Spion in Bonn. Der Fall Frenzel und andere, Auer, Donauwörth 1964
Literatur
- Constantin Goschler, Michael Wala: „Keine neue Gestapo“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und die NS-Vergangenheit. Rowohlt, Reinbek 2015 ISBN 978-3498024383