René Ramp
Leben
Nach einer schwierigen Kindheit und Jugendzeit absolvierte René Ramp eine Lehre als Hochbauzeichner. Während Wanderjahren in verschiedenen europäischen Ländern beschäftigte er sich mit Architektur, Modellbau, Grafik, Fotografie, Film und Werbung.
Ab 1964 war René Ramp freischaffend als Maler, Plastiker und Umweltgestalter mit eigenem Atelier tätig. Sein Künstlerleben prägten experimentelle Bildverfahren, Plastiken, Kunst am Bau, Planung und Objektbau sowie Installationen. Seine Werke waren in Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland zu sehen.
René Ramp war ein eher zurückhaltender, eigenwilliger Künstler.[1] Er hatte den Anspruch, dass man sich auf seine Werke einliess, damit sie einen an den entsprechenden Ort des eigenen Erlebnishorizonts führten und ihn dabei erweiterte. „René Ramp: das ist die forschende Neugier. Ihn lockte vieles, darum hat er vieles ausprobiert. Dabei ging er der Sache immer auf den Grund. Er wusste: Nichts kann der Mensch begreifen, wenn er es nicht baut, konstruiert, selber macht. Die Dinge auf die Spitze zu treiben, das war sein Fach. Nie blieb er im Ungefähren, Vagen, immer suchte er die Zuspitzung, Schärfe, Strenge.“[2] René Ramp lebte für die Kunst, er widmete sein Leben der Kunst. Mehr noch: Über seine Werke fand er seine Identität. In einem Interview sagte er: „Ich bin mein Werk und meine Werke sind mich.“[3]
René Ramp starb 2004 in Köniz bei Bern.
Werk
Die Arbeiten René Ramps basieren oft auf den Grundformen Quadrat, Kreis und Dreieck sowie auf Kubus, Kugel und Pyramide. Die verwendeten Materialien sind äusserst vielfältig und die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Material ist tiefgreifend und intensiv.
Raum, Licht und Struktur spielten bei René Ramp eine zentrale Rolle, ebenso die Natur, aber auch kühle Analyse und Berechnung. Er experimentierte mit der Fotografie wie mit der Chemie, er beobachtete und studierte Tiere, was ihm sehr wichtig war. Er vertiefte sich in die Phänomene des Sehens, Erkennens, Entwickelns und Verwandelns. Vor allem aber strebte er stets nach dem Neuen und dem Absoluten, um es möglichst vollkommen abzubilden.
„Wahrnehmung“, „Reflexion“, „Bewusstseinsreise“, „Wandlung“ sind Themen, die sich durch das gesamte Werk René Ramps ziehen.[4]
„Peinture Chimique“ und „Raumvisionen“
Zwischen 1966 und 1973 erregte der junge René Ramp mit seinen Werken der Serien „Peinture Chimique“ und „Raumvisionen“ einiges Aufsehen in der Berner Kunstwelt.[5] In diesen Serien wird die Suggestion von dreidimensionalem Raum sehr bezugsreich zum Ausdruck gebracht. Die vermeintlich lithografisch hergestellten Bilder sind bei René Ramp das Ergebnis eines experimentellen „Malens“, das nicht Pinsel und Leinwand benötigt. Der Eindruck des Visionären und des Raumes, die oft erstaunliche Nuancierung eines Farbtones bis zum weichen porösen Übergang, ist die Wirkung einer chemischen Behandlung einer Silberbromidschicht auf normalem Photopapier.
Konstruktionspläne
Der Serie „Raumvisionen“ liegen aufwändige, nach harmonikalen Gesetzen erstellte Konstruktionspläne zugrunde. René Ramp übernahm daraus die jeweiligen Formen, die seinen Visionen entsprachen.
„Silberspritz-Prägedrucke“
1977 stellte René Ramp eine sehr komplizierte neue Tiefdrucktechnik vor: mit Fotopapier und Silberbromid gelangen ihm feinste Licht- und Farbabstufungen.
Im Herbst 1983 veranstaltete René Ramp eine Atelier-Ausstellung in Bern-Liebefeld, an der er „Versteinerte Sandstrukturbilder“ zeigte. Es handelte sich um reliefartige Versteinerungen von silbrig metallisiertem Sand. Er nannte sie auch „Denktafeln der Wandlungen“. „Das Feste verschmilzt und das Veränderliche wird starr. Der immerbewegliche, stets sich wandelnde Sand wird Stein, als Gefangener der Zeit.“[6]
In den 70er Jahren begann René Ramps Schaffensphase „Kunst am Bau“. Sie dauerte über zwanzig Jahre. Dazu gehören nicht nur die folgenden Werke, sondern auch „Das blaue Mäuerchen“ von Thun und eine nicht realisierte „Pyramide der Wandlungen“ sowie weitere Objekte.
„Kosmische Brunnenskulptur“
Die kugelförmige Brunnenskulptur aus dem Jahr 1974 stellt eine Weiterentwicklung des Farb-, Raum- und Zeitproblems dar, mit dem sich René Ramp jahrelang intensiv beschäftigt hatte. Unaufhörlich fliesst Wasser über die Oberfläche der Kugel. So entstehen allmählich Algen und andere Lebewesen.[7] Ein Exemplar ist auf dem Areal des Zieglerspitals in Bern aufgestellt. Weitere Exemplare sind in Thun beim Parkhaus City Nord und in Gümligen beim Schulhaus Moos installiert. Diese Installationen bildeten die Grundlage für den 1976 zusammen mit Thomas Moll gedrehten Studiofilm „Augenlied“.
Anfangs der 80er Jahre stellte René Ramp unter der Bezeichnung „Licht-Räume“ Skulpturen und Bilder aus, die schwierig einzuordnen sind. Er waren Stelen und Wandobjekte aus Glas, Spiegeln, grossflächigen Linsen und Folien, die ein Labyrinth ausgeklügelter Spiegeleffekte erzeugten.
Objekt „Vermittlungen“
Dieses Objekt aus dem Jahr 1982 besteht aus einem künstlerischen Recycling von 42 gerahmten gläsernen Fresnel-Linsen. Je nach Lichteinfall und Beleuchtung ergeben sich so ganz verschiedene Reflexionen. Dieses Objektes fand seinen Platz in der Eingangshalle der Schulwarte Bern am Helvetiaplatz (Pädagogisches Dokumentations- und Medienzentrum des Kantons Bern).
Die „Brunnenplastik Marabut“ steht seit 1984 auf einer hügeligen Wiese im Tscharnergut im Westen von Bern. Es ist ein begehbarer Riesenspielwürfel aus den Grundformen Kreis, Quadrat und Dreieck, die sich gegenseitig durchdringen. Wasservorhänge als transparente Membrane grenzen Innen- und Aussenraum voneinander ab.
„Säule der Wandlungen“
1985 erwarb die Kunstkommission des Kantons Bern von René Ramp zum Anlass des Neubaus des Internatsgebäudes der Molkereischule (Bildungszentrum INFORAMA) Rütti in Zollikofen ein Kunstwerk der besonderen Art. Das Material der Säule besteht aus Aluminiumguss, die sieben Einzelelemente von je 24 Zentimetern Durchmesser und 40 Zentimetern Höhe sind verschraubt.
„Lichtschleier – Farbhäute“
An der Weihnachtsausstellung 1986 der bernischen Maler und Bildhauer in der Kunsthalle am Helvetiaplatz nahm René Ramp mit einem neuen Element seines Schaffens teil: mit drei farbigen Kunststoffnetzen von 3 × 9 Metern. Er nannte sie auch „Raumgitter“.
Kreisel Neuhausplatz
In den 1990er Jahren hatte die Gestaltung von Plätzen und Strassen einen Wandel erfahren. Der Begriff „Kunst am Bau“ tauchte nun auch im Strassenbau auf. So wurde für die künstlerische Gestaltung des Kreisels am Neuhausplatz in Liebefeld bei Bern ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben. Aus den eingegangenen Arbeiten bekam das Projekt von René Ramp den Zuschlag. Die betreffenden Quartiervereinigungen standen voll hinter dem Projekt, wie auch die Anwohner und die Bevölkerung. Die Kosten konnten mit Spenden gedeckt werden.[8]
Zyklus Lilienweg
René Ramps umfassendste Arbeit zu „Kunst am Bau“ bezieht sich auf die für das Alters- und Pflegeheim Lilienweg (logisplus AG) in Köniz bei Bern geschaffenen Werke. Der ganze Zyklus besteht aus vier Teilen, die er „Farbinseln“, „Sonnenreisen“, „Wellenhorizonte“ und „Lebenspyramide“ nannte. Dazu kommt ein Herzstück im Freien, dem er den geheimnisvollen Namen „Renedoklang“ gab. In diesen Arbeiten sind die drei Grundformen Kreis, Quadrat und Dreieck vorherrschend.
Klangkörper
In seiner letzten Schaffensphase vollzog René Ramp eine überraschende Wende: Er beschäftigte sich mehr und mehr mit immateriellen Schwingungsverhältnissen. So konstruierte er als Erstes ein urtümliches Blasinstrument, das „Brujao“, das dem obertonreichen Didgeridoo nachempfunden ist.[9] Dann entstand „Renedoklang“, ein bucheckerförmiger Klangkörper von 90 Zentimetern Höhe aus spiegelndem Chromstahl. 2003, ein Jahr vor seinem Tod, stellt René Ramp „Nada Brahma“ her, ein 60 Zentimeter hohes, unregelmässiges Oktagon, ebenfalls aus Chromstahl.
Ausstellungen
- 1966: Bern, Wiesbaden, Kopenhagen, Basel: "Peinture Chimique".
- 1968: Grenchen, Bern, Zofingen, Ascona, Den Haag: "Peinture Chimique".
- 1971: Galerie Harri Lehmann, Gruppenausstellung Fernando Fonseca/René Ramp.
- 1971: Berner Galerie, 5. – 29. Juni 1971.
- 1971: 4° BIENNALE DI BOLZANO. Mostra-incontro Italia-Svizzera nel quadro delle manifestazioni "Primavera di Bolzano". Bolzano, Palazzo della Fiera, 16. Mai – 27. August.
- 1972: Berner Galerie, Bern: Verleihung der Stipendien an die fünf Preisträger der Louise Aeschlimann-Stiftung 1972 (Rudolf Jungi, René Ramp, Reini Rühlin, Urs Peter Stoss, Bruno Wurster).[10]
- 1972: Zürich, Winterthur: "Raumvisionen".
- 1973: Galerie de la Grange a l'Évêque, 10. November – 10. Dezember.
- 1974: Zürich, Biel, Regensburg, Rottweil D, Bern: "Fische" (Reflexions-Licht-Studien).
- 1981: Art 81, Basel, Regensburg, Burgdorf: "Lichträume".
- 1983: Atelier Ramp, Bern: "Versteinerte Sandstruktur-Bilder".
- 1985: Atelier Ramp, Bern: "Unbaubare Kubaturen".
- 1986: Atelier Ramp, Bern: Dokumentation Werke 1964 – 1984.
- 1986: Atelier Ramp, Bern: "Raumgitter-Modelle".
- 1988: Stufenbau Ittigen: "Pueblo I", Möbel-Skulptur.
- 1990: Galerie Haldemann Bern: "Pueblo II", Möbel-Skulptur.
- 1994: Kunsthalle Bern, Weihnachtsausstellung: "Packeis-Zeit".
- 1997: Atelier Ramp, Bern: "Donnerkeile".
- 1998: Schloss Ueberstorf: "Pyramiden – Kuben".
- 2003: Atelier Ramp, Bern: "Renedoklang", Klangkörper.
Literatur
- René Ramp: Meine Werke sind Kanus. Hrsg. Robert Hofer und Peter G. Bieri, Till Schaap Edition, Bern 2020.
- René Ramp: René Ramp. [Zusammenfassung der wesentlichsten Arbeiten von René Ramp seit 1964.] Liebefeld 1986. 186 Blatt. (Exemplar in der Schweiz. Nationalbibliothek: Link)
- René Ramp – Lichträume. Text von Alex Gfeller und Benedikt Loderer. Galerie Schürer, Regensberg 1981. Dieser Katalog zeigt die an der Art 81 (Basel) ausgestellten Arbeiten und gibt einen Überblick über Werke von 1965 bis 1980.
- 4° Biennale di Bolzano. Mostra-incontro Italia-Svizzera nel quadro delle manifestazioni "Primavera di Bolzano". Catalogo della mostra. Bolzano, Palazzo della Fiera, 16 maggio-27 giugno 1971.
- Raumvisionen. Läderach, Bern 1971.
- Marcel Wyss (Hrsg.): Walliser Künstler in Bern – Artistes bernois à Sion. Berner Galerie, Bern 1973.
Weblinks
- René Ramp. In: Sikart (Stand: 2020-03-17)
- René Ramp im Schweizer Fernsehen, 23. November 1982
Einzelnachweise
- René Ramp: Meine Werke sind Kanus. Till Schaap Edition, Bern 2020, S. 16 und Cover-Rückseite
- Benedikt Loderer, Stadtwanderer, in: René Ramp: Meine Werke sind Kanus. Till Schaap Edition, Bern 2020, Coverrückseite
- René Ramp: Meine Werke sind Kanus. Till Schaap Edition, Bern 2020, S. 120
- René Ramp: Meine Werke sind Kanus. Till Schaap Edition, Bern 2020, S. 16
- René Ramp: Meine Werke sind Kanus. Till Schaap Edition, Bern 2020, S. 22ff.
- Benedikt Loderer, in: René Ramp: Meine Werke sind Kanus. Till Schaap Edition, Bern 2020, S. 60
- René Ramp: Meine Werke sind Kanus. Till Schaap Edition, Bern 2020, S. 39ff.
- René Ramp: Meine Werke sind Kanus. Till Schaap Edition, Bern 2020, S. 88
- Tonaufnahme Brujao von René Ramp (5 Min 53)
- 1972 - Preisträger. (www.kunstgesellschaft.ch)