Raphael Eliaz
Raphael Eliaz, gelegentlich auch Rafael Eliaz, hebräisch רפאל אליעז (geboren 1905 als Rudolf Elias Wienski in Sofia; gestorben am 9. Juni 1974 in Cholon, Tel-Aviv) war ein israelischer Schriftsteller, Poet, Herausgeber, Autor, Übersetzer und Liedtexter in den Genres Drama und Poesie. Er schuf zahlreiche Übersetzungen, unter anderem von Werken Federico García Lorcas und William Shakespeares.
Leben
Herkunft und Familie
Eliaz wurde als Sohn von Nissim Elias Wienski (hebräisch נִסִּים אליאס-וִיֶינְסקי) und dessen Ehefrau Jaffe Elias Wienski (hebräisch יָפֶה אליאס-וִיֶינְסקי) geboren. Der Name Wienski ist bulgarischer Herkunft und bedeutet Aus der Stadt Wien. Der Vater war ein österreichischer Schneider für Kinderkleidung, der insbesondere in Wien tätig war, woher auch der zusätzliche Familienname „Wiener“ stammte. Rafael Eliaz hieß als Kind Rudolf, kurz Rudi genannt, und hatte zwei Geschwister, den älteren Bruder Viktor und die jüngere Schwester Rosa. Er verbrachte seine Kindheit im jüdischen Viertel Sofias. Die Erinnerungen an seine Kindheit dort dienten als Hintergrund und Titel für einen seiner ersten Gedichtbände. Zuerst besuchte er die jüdische Schule in Sofia, wo er Ivrit lernte. Anschließend besuchte Eliaz zwei Jahre lang das Klassische Gymnasium in Sofia, verließ dieses aber aufgrund einer judenfeindlichen Bemerkung eines Lehrers. Er begann, sich Gedanken über eine Auswanderung ins Gelobte Land zu machen, und schrieb auf Bulgarisch über den Traum der Zionisten. Nach seiner landwirtschaftlichen Ausbildung auf einem zionistischen Bauernhof in Gorna Banja wanderte er mit seiner Familie im Jahre 1923 nach Palästina aus. Er begann jetzt dauerhaft auf Ivrit zu schreiben.
Jahre in Palästina und Israel
In Palästina arbeitete er die ersten drei Jahre am Bau und in der Landwirtschaft bei Petach Tikwa, bei Rischon LeZion und bei Tel Aviv. Ab 1926 war er als Angestellter in der Archivabteilung der Anglo-Palestine Bank in Tel Aviv tätig. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten kehrte seine Familie zunächst wieder nach Bulgarien zurück, während er und sein Bruder Viktor in Palästina blieben.
1942 gab Eliaz seine Arbeit bei der Bank auf und widmete sich fortan ganz seiner literarischen Tätigkeit. Er arbeitete als Übersetzer, Herausgeber und Autor bei literarischen Zeitungen und Zeitschriften. 1947 wurde Eliaz der erste Redakteur von Mischmar le-jeladim, der wöchentlich erscheinenden Kinderbeilage der Tageszeitung Al ha-Mischmar („Auf der Wache“), dem Organ des Haschomer Hatzair, und veröffentlichte dort Kindergeschichten und Gedichte. Von 1948 bis 1951 gab er die Literaturbeilage Massa von Al ha-Mischmar (vor 1948 nur Mischmar) heraus. Seine literarische Tätigkeit weitete er fortan noch weiter aus. 1949 führte das Ohel-Theater, das von 1925 bis 1969 bestand, sein Stück Jom menucha (he.: יוֹם מְנוּחָה; dt.: Ruhetag) auf.
1951 gab er die Literaturbeilage zu Al ha-Mischmar auf und ging ans Habimah-Theater als Übersetzer. 1953 wurde er von dem Regisseur und Schauspieler Josef Milo (eigentl. Pazovsky; 1916–1997) für das Cameri-Theater als Übersetzer engagiert.
Mitte der 1950er Jahre ging er nach Spanien, um an der Universität von Salamanca Spanische Sprache und Literatur zu studieren. 1960 wurde er von Josef Milo an das neu errichtete Stadttheater Haifa engagiert. Dort war er für die künstlerische Leitung, die Dramaturgie und das Repertoire zuständig.
Eliaz starb im Juni 1974 im Alter von 69 Jahren in Cholon.
Wirken
Tätigkeit als Literat
Auf dem Gymnasium von Sofia entdeckte Eliaz seine Liebe zu polyglotter und klassischer Literatur, vor allem zu Shakespeares Dramen. Seine Freunde meinten: „Shakespeare schwand nicht von seinen Lippen“. Eliaz begann mit 17 Jahren Gedichte in bulgarischer Sprache zu veröffentlichen. Seine Arbeiten wurden in der bulgarischen Avantgarde-Zeitschrift Hyperion veröffentlicht, deren Redaktion die Dichter Ludmil Stojanow und Todor Trajanov innehatten.
Obwohl er, wie aus überlieferten Manuskripten ersichtlich ist, bereits im Jahr 1927 begann, Gedichte auf Hebräisch schreiben, wurde sein erstes Gedicht in Hebräisch erst 1932 veröffentlicht: Seraphim we-Esch (he.: שְׂרָפִים ואֵש; dt.: Feuer und Flamme) und Tefilati le-Schemesch (he.: תפילתי לשמש; dt.: Mein Gebet für die Sonne). Es erschien in der Literaturzeitschrift Ktuwim, in einer Bearbeitung von Awraham Schlonski und Elieser Steinman.
Den ersten Gedichtband brachte Eliaz im Jahre 1939 unter dem Titel Schemesch ba-Drachim (he.:שמש בדרכים; dt.: Sonne auf den Wegen) heraus. Ab 1942 begann er Theaterstücke zu übersetzen, so die Komödie Topas von Marcel Pagnol. Im folgenden Jahr begann er mit der Veröffentlichung seiner Gedichte in Mischmar, der Tageszeitung von Kibbutz HaArtzi und ab 1948 der Mapam, für die er zu dieser Zeit arbeitete. Ab 1943 setzte er sein literarisches Schaffen mit Artikeln für Zeitschriften, Übersetzungen und Theaterarbeiten fort. Er schrieb lange Zeit und über viele Genres: Lyrik, Gedichte, Lieder, Balladen, Volks- und Heimatlieder, Kinderlieder und Theaterstücke (für Kinder) wie Ha-Chatan ha-Schemini (he.:החתן השמיני; dt.: Der achte Bräutigam) und Ha-Nessicha Lior (he.:הנְסִיכָה ליאור; dt.: Die Prinzessin Lior). Ha-Bubba Siwa (he.:הבֻּבָּה זִיוָה; dt.: Die Puppe Siwa) war sein bekanntestes Stück für Kinder, ein Stück über die Marionette Siwa in einem Marionettentheater von David ben Schalom.[1] Diverse Arbeiten entstanden in Zusammenarbeit mit israelischen Komponisten: Ha-roah ha-K'tana (he.:הרועה הקטנה, dt.: Kleine Hirtin) zusammen mit Mosche Wilenski (he.:משה וילנסקי), heute ein bekannter Volkstanz, Samar ahawa le-jam (he.:זמר אהבה לים, dt.: Liebeslied an das Meer) zusammen mit Sascha Argow (he.:סשה ארגוב) und Plada kachola (he.:פְּלָדָה כָּחֹלה; dt.: Blauer Stahl) bzw. Emek (he.:עֵמֶק; dt.: Schlucht) zusammen mit Mark Lawri (he.:מרק לַבְרִי).
1946 veröffentlichte er seinen zweiten Gedichtband Ahawa be-Midbar (he.:אהבה במדבר; dt.: Liebe in der Wüste), dem mehrere weitere folgten. Zwei Jahre nach seinem Tod erschienen seine gesammelten Gedichte in fünf Bänden (bearbeitet von Chaim Nagid mit Einführung und Literaturverzeichnis). Die Ausgabe enthält lyrische Lieder, Gedichte und Balladen, darunter Tewat ha-Adiim (he.: תֵּיבַת העֲדִיים; dt. Schmuckkästchen) und Ha-chajat ha-Kachol (he.:החַיָּט הכחול; dt.: Blauer Schneider).
Tätigkeit als Übersetzer
1943 veröffentlichte er seine Übersetzung des Buches Der Matrose auf dem Pferd von Irving Stone; 1944 folgten in Mischmar Übersetzungen von Werken von Federico García Lorca. 1946 veröffentlichte er die Übersetzung von John Steinbecks Kurzgeschichtensammlung Der rote Pony und andere Erzählungen.
Ribbu'a ha-Ma'gal (he.:רִבּוּעַ המַעְגָּל; dt.: Quadratur des Kreises; en.: Quadrature of the Circle) von V. Katsiev (he.:קטאייב) wurde ebenfalls von Eliaz übersetzt. Das Stück war bereits 1938 von dem rumänischen Theaterleiter, Regisseur und Autor Victor Ion Popa an dessen Theater „Luptă şi lumină“ aufgeführt worden. Eliaz arbeitete auch an der Übersetzung des Stücks Fuenteovejuna (dt. Titel: Das berühmte Drama von Fuente Ovejuna) von Lope de Vega, das 1951 am Theater Habima aufgeführt wurde.
Aufgrund seiner Kenntnisse der klassischen und modernen europäischen Literatur und seiner Sprachkenntnisse wurde Eliaz ein gefragter Übersetzer auf israelischen Bühnen. Habimah, das Cameri-Theater und das Ohel-Theater führten seine Übersetzungen zu Shakespeare, Brecht, Molière, Lorca, Lope de Vega und anderen auf. Er legte auch Übersetzungen zu Bühnenstücken von Calderón, Georges Feydeau, Henrik Ibsen (Nora oder Ein Puppenheim) und Clifford Odets vor. Im Jahr 1958 erschien seine Übersetzung der Gedichtsammlung Romancero gitano (1928) von Federico García Lorca.
1959 wurde er mit dem Tschernichowski-Preis für seine Übersetzungen ausgezeichnet, insbesondere für Romancero gitano von Federico García Lorca, für die Shakespeare-Übersetzungen von Romeo und Julia und Richard III. und für seine Übersetzung von Lope de Vegas Werk Fuenteovejuna.
Privates
Mit 24 Jahren heiratete Eliaz im Jahre 1929 die aus Polen eingewanderte Paula Kahane (1. September 1903 – 26. Oktober 1960). Das Paar lebte in Ramat Gan. Im Jahre 1931 wurde ihr ältester Sohn, Uri, geboren, der als Bildhauer, Maler und Bühnenbildner arbeitete. 1932 kehrte Eliaz’ Familie, die zeitweise nach Bulgarien zurückgekehrt war, nach Palästina zurück und ließ sich in Tel Aviv nieder. Am 8. Januar 1936 wurde in Tel Aviv der zweite Sohn Amnon geboren, der im Libanonkrieg 1982 starb.
Paula Eliaz wurde im Oktober 1960 durch Alice Fano ermordet. Der Fall wurde in Israel als Rezach Paula Eliaz bekannt. Alice Fano vergiftete die Frau des Dichters aus Eifersucht, weil sie seit 1954 in ihn verliebt war. Fano war zuerst im Gefängnis und wurde später in ein Krankenhaus für psychisch Kranke im Jerusalemer Stadtteil Talbieh gebracht. Sie wurde vom israelischen Präsidenten Salman Schasar begnadigt und im September 1967 entlassen.
Eliaz heiratete erneut und bekam mit seiner zweiten Frau zwei Kinder. Er ließ sich später scheiden, zog allein nach Jaffa und starb 1974.
Auszeichnungen
Eliaz wurde 1959 für seine Übersetzungen mit dem Tschernichowski-Preis ausgezeichnet.
Publikationen
- Ahavah ba-midbar : shirim = אהבה במדבר : שירים. Sifriyat Poʻalim = ספרית פועלים, Tel Aviv 1946, OCLC 12147195.
- Yalḳuṭ ha-ḳesamim : agadot ṿe-sipure ʻamim = ילקוט הקסמים : אגדות וספורי עמים. Hotsaʼat Sifriyat poʻalim = הוצאת ספרית פועלים, Tel Aviv 1955, OCLC 23611897.
- Raphael Eliaz zusammen mit Peter Merom = פטר מירום/ רפאל אליעז: ha-Bubah Ziṿah = הבבה זיוה. Sifriyat Poʻalim = ספרית פועלים, Tel Aviv 1957, OCLC 41217203.
- Raphael Eliaz zusammen mit Uri Eliʻaz = אורי אליעז/ רפאל אליעז: Peraḥ ha-midbar : agadah be-ḥaruzim = פרח המדבר: אגדה בחרוזים. Sifriyat Poʻalim = ספרית פועלים, Tel Aviv 1963, OCLC 50019956.
- Shirim = שירים. Sifriyat Poʻalim = ספרית פועלים, Tel Aviv 1976, OCLC 17035767.
- Tevat ha-ʻadayim : shirim = תבת העדיים : שירים. Hotsaʼat Sifriyat poʻalim =הוצאת ספרית פועלים, Tel Aviv 1976, OCLC 19140305.
- Hayat ha-kaḥol : shirim = החיט הכחל : שירים. Sifriyat Poʻalim = ספרית פועלים, Tel Aviv 1977, OCLC 49577205.
- Raphael Eliaz zusammen mit Chayim Nagid = חיים נגיד / רפאל אליעז: Ahavah ba-midbar ṿe-shirim aḥerim : (mivḥar shirim mishe-kevar) = אהבה במדבר ושירים אחרים : (מבחר שירים משכבר). Sifriyat Poʻalim = ספרית פועלים, Tel Aviv 1977, OCLC 17036006.
- Raphael Eliaz zusammen mit Chayim Nagid = חיים נגיד / רפאל אליעז: Shire Yafo : shirim =שירי יפו : שירים. Sifriyat Poʻalim = ספרית פועלים, Tel Aviv 1977, OCLC 17036000.
- Ramon : shirot = רמון : שירות. Sifriyat Poʻalim = ספרית פועלים, Tel Aviv 1977, OCLC 17035992.
- Peraḥim mi-kol ha-śadot : Romansero Espanyol : targumim mi-shirat ha-ʻolam =פרחים מכל השדות : רומנסרו אספניול : (תרגומים משירת העולם). Sifriyat Poʻalim = ספרית פועלים, Tel Aviv 1988, OCLC 779706577.
- Raphael Eliaz zusammen mit Chayim Nagid = חיים נגיד / רפאל אליעז: Shire teʼaṭron : shirim ṿe-shire-zemer mitokh maḥazot meturgamim u-meḳoriyim = שירי תיאטרון : שירים ושירי-זמר מתוך מחזות מתורגמים ומקוריים. Safra Bet Hotsaʼah la-Or = ספרא, Tel Aviv 2009, OCLC 725258948.
- Kesheha-guf ḥolem = כשהגוף חולם : מבחר שירים. Safra Bet Hotsaʼah la-Or = ספרא, Tel Aviv 2009, OCLC 503248530.
Einzelnachweise
- דוד בן שלום (הונזו) (Memento vom 22. November 2015 im Internet Archive) Marionettentheater.