Propionazidämie
Die Propionazidämie ist eine sehr seltene angeborene, zu den Organoazidopathien gehörende Stoffwechselerkrankung im Abbau von Valin, Isoleucin, Threonin, Methionin, Fettsäuren und Cholesterin aufgrund fehlender Funktion der Propionyl-CoA-Carboxylase.[1][2]
Klassifikation nach ICD-10 | |
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E71.1 | Sonstige Störungen des Stoffwechsels verzweigter Aminosäuren |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Synonyme sind: Glycinämie, ketotische; Propionazidurie; Propionyl-CoA-Carboxylase-Mangel
Die Erstbeschreibung stammt aus dem Jahre 1961 durch den US-amerikanischen Pädiater Barton Childs und Mitarbeiter.[3]
Verbreitung
Die Häufigkeit wird mit 1–9 zu 1.000.000 angegeben, die Vererbung erfolgt autosomal-rezessiv.[2]
Ursache
Je nach zugrundeliegender Mutation können folgende Typen unterschieden werden:[4]
- Typ A mit Mutationen im PCCA-Gen auf Chromosom 13 Genort q32.3.
- Typ B mit Mutationen im PCCB-Gen auf Chromosom 3 Genort q22.3.
Diese Gene kodieren für die α- und β-Untereinheiten der Propionyl-CoA-Carboxylase.
Einteilung
Klinisch können folgende Formen unterschieden werden:[2]
- Schwere Form mit Beginn im Neugeborenenalter, Erbrechen, Bewusstseinsstörung, Panzytopenie
- intermittierende Form mit spätem Beginn, Stoffwechselentgleisung bei Fieber, Erbrechen oder Trauma
- chronisch-progrediente Form mit Gedeihstörung, Neigung zum Erbrechen, psychomotorische Retardierung, Muskelhypotonie, zerebrale Krämpfe und Bewegungsstörungen.
Als Komplikationen können intellektuelle Beeinträchtigung, Optikusneuropathie, Kardiomyopathie, QT-Syndrom, Pankreatitis, Dermatitis und Immundefekte auftreten.
Klinische Erscheinungen
Klinische Kriterien sind:[2][1]
- Manifestation je nach Form bereits zur Neugeborenenzeit möglich mit metabolischer Azidose und häufig Hypoglykämie, Ketose, Erbrechen, Lethargie bis Koma
- Neurologische Ausfälle
- Kardiomyopathie
Diagnose
Im erweiterten Neugeborenenscreening können erhöhte Propionylcarnitin-Werte, im Plasmaspiegel erhöhte Propionsäure, eine Neutropenie und Thrombozytopenie nachgewiesen werden.[2] In der Gaschromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung findet sich im Urin ein charakteristisches Muster. Die Diagnose kann durch Messung der Enzymaktivität gesichert werden.
Differentialdiagnose
Literatur
- J. R. Soriano, L. S. Taitz, L. Finberg, C. M. Edelmann: Hyperglycinemia with ketoacidosis and leukopenia. Metabolic studies on the nature of the defect. In: Pediatrics. Band 39, Nummer 6, Juni 1967, S. 818–828, PMID 6026548.
Einzelnachweise
- Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
- Propionazidämie. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
- B. Childs, W. L. Nyhan, M. Borden, L. Bard, R. E. Cooke: Idiopathic hyperglycinemia and hyperglycinuria: a new disorder of amino acid metabolism. I. In: Pediatrics. Band 27, April 1961, S. 522–538, PMID 13693094.
- Propionicacidemia. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)