Principessa Mafalda
Die Principessa Mafalda war ein 1909 in Dienst gestelltes Passagierschiff der italienischen Reederei Navigazione Generale Italiana, das für den Passagier- und Postverkehr zwischen Italien und Südamerika eingesetzt wurde. Sie war das bis dahin größte zivile Schiff Italiens und blieb das Flaggschiff ihrer Reederei, bis 1923 die noch größere und modernere Giulio Cesare in Dienst gestellt wurde.
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Am 25. Oktober 1927 ging der Ozeandampfer vor der brasilianischen Küste unter, nachdem sich am Heck ein Gehäuseteil der Steuerbordwelle gelöst hatte. Obwohl fast augenblicklich Rettungsschiffe vor Ort waren, kamen wegen großer Panik an Bord 314 der 1252 Passagiere und Besatzungsmitglieder ums Leben. Es handelt sich dabei um die größte zivile Tragödie in der Geschichte der italienischen Schifffahrt. Gemessen an der Zahl der Todesopfer ist der Untergang der Principessa Mafalda außerdem eine der größten maritimen Katastrophen zwischen den beiden Weltkriegen. Sie wird daher auch die „italienische Titanic“ genannt.
Das Schiff
Die Principessa Mafalda wurde 1907 für die in Genua ansässige Dampfschifffahrtsgesellschaft Lloyd Italiano auf Kiel gelegt. Der leitende Geschäftsführer und Vorsitzende von Lloyd Italiano, der einflussreiche Bankier und Unternehmer Erasmo Piaggio (1845–1932), gab den Bau in Auftrag. Piaggio war zudem Geschäftsführer und Eigentümer einer Bauwerft in Riva Trigoso an der Küste von Ligurien, wo die Principessa Mafalda gebaut wurde. Die Dampfmaschinen der Principessa Mafalda leisteten 10.000 PS und ermöglichten eine Reisegeschwindigkeit von 18 Knoten. Das Schiff verfügte über Doppelschrauben, zwei Schornsteine und zwei Masten. Zur Ausstattung der Ersten Klasse gehörten neben dem Standard wie Speisesaal und Rauchsalon eine große Lounge („Grand Hall“), ein Ballsaal, ein Musikzimmer, ein Wintergarten, ein Kindergarten und ein Verandacafé. Den Passagieren standen zudem zwei große Promenadendecks zur Verfügung.
Das 9.210 BRT große Dampfschiff lief am 22. Oktober 1908 vom Stapel und wurde im März 1909 fertiggestellt. Der moderne und luxuriöse Ozeandampfer wurde für den transatlantischen Liniendienst von Italien nach Lateinamerika eingesetzt und bediente die Route Genua–Buenos Aires. Die Principessa Mafalda und ihr Schwesterschiff, die Principessa Jolanda, wurden nach Mafalda und Jolanda von Savoyen benannt, den ältesten Töchtern von Viktor Emanuel III., dem damaligen König von Italien.
Die mit bunten Wimpeln geschmückte Principessa Jolanda ging gleich bei ihrem Stapellauf am 22. September 1907 im Golf von Genua in Anwesenheit von Vertretern des italienischen Senats und der Königsfamilie unter. Weil die Rampe während des Stapellaufs teilweise einbrach, bekam das Schiff Schlagseite nach Backbord, kenterte und sank. Sie wurde abgewrackt, und viele ihrer Bestandteile wurden wiederverwendet. Die Jungfernfahrt der Principessa Mafalda fand am 30. März 1909 statt (Genua–Barcelona–Rio de Janeiro–Santos–Montevideo–Buenos Aires). Ab 1911 wurde Lloyd Italiano von der italienischen Schifffahrtsgesellschaft Navigazione Generale Italiana kontrolliert und 1918 schließlich inkorporiert.
Untergang
Am Dienstag, dem 11. Oktober 1927 lief die Principessa Mafalda mit 971 Passagieren und 281 Besatzungsmitgliedern unter dem Kommando von Kapitän Simone Guli von Genua nach Buenos Aires mit den üblichen Zwischenstopps aus. Insgesamt befanden sich 1252 Personen sowie 3000 Tonnen Fracht und 600 bis 700 Postsäcke an Bord. Neben überwiegend Italienern und Südamerikanern waren auch zahlreiche Syrer, Jugoslawen und Spanier sowie einzelne Deutsche, Schweizer und Österreicher unter den Reisenden. Zur Ladung gehörten unter anderem 250.000 italienische Pfund in Gold, die die italienische Regierung an die Zentralbank von Argentinien (Banco Central de la República Argentina) schickte. Die Überfahrt sollte 14 Tage dauern.
Fast von Anbeginn der Reise wurde klar, dass sich das Schiff in einem schlechten Zustand befand. Der Zwischenhalt Barcelona wurde wegen technischer Probleme mit fast 24 Stunden Verspätung verlassen und im weiteren Verlauf der Reise musste das Schiff mehrmals gestoppt werden, manchmal für mehrere Stunden. Der Ausfall der Kühlsysteme ließ große Mengen Lebensmittel verderben, was zu einigen Fällen von Lebensmittelvergiftung unter den Reisenden führte. Beim Zwischenstopp in Kap Verde telegrafierte Kapitän Guli seiner Reederei und bat um ein Ersatzschiff. Er wurde jedoch angewiesen, die Reise nach Rio fortzusetzen und weitere Instruktionen abzuwarten. Mit frischen Vorräten versehen, aber nur notdürftig repariert, lief die Principessa Mafalda am 18. Oktober von Kap Verde in den offenen Atlantik aus.
Am 23. Oktober wurde erstmals eine leichte, aber spürbare Schlagseite nach Backbord registriert. Die Passagiere, die bisher kaum Erklärungen für die Pannen bekommen hatten, fürchteten nun, dass das Schiff Wasser aufnahm. Da zu diesem Zeitpunkt aber der größte Teile der Reise bereits geschafft war, ging das Bordleben in relativ geordneten Bahnen weiter: Als das Schiff den Äquator kreuzte, fand an Deck eine Äquatortaufe mit Orchestermusik und einem großen Kuchen statt. Am 24. Oktober dampfte die dem Zeitplan hinterher hinkende Principessa Mafalda mit Volldampf die nordbrasilianische Küste hinunter.
Gegen 17:15 Uhr am Dienstag, dem 25. Oktober befand sich der Dampfer ca. 80 Seemeilen vor Porto Seguro in der Nähe der Inselgruppe Abrolhos und war fast am Ziel der Reise, als plötzlich eine Erschütterung durch das Schiff ging. Das Gehäuse der Steuerbordwelle hatte sich gelöst und Wasser begann in den Schiffsrumpf zu laufen. Das Schiff fing an, langsam mit dem Heck voran zu sinken. Das Bordorchester spielte weiter, um eine Panik unter den Passagieren zu verhindern. Kapitän Guli ließ um 17:35 Uhr Alarm geben und SOS funken. Er gab den Befehl zum Verlassen des Schiffs. Der Besatzung war es jedoch kaum möglich, die Ordnung an Bord zu bewahren. Die Principessa Mafalda hatte trotz der 1912 nach dem Untergang der Titanic eingeführten Regelungen nicht genügend Platz in den Rettungsbooten für alle Personen an Bord. Zudem ließen sich die Schotts nicht einwandfrei schließen. Als die Schlagseite zunahm, machte unter den Passagieren das Gerücht die Runde, die Kessel stünden kurz vor der Explosion. Dies führte zu großer Panik und einem Ansturm auf die Rettungsboote, von denen mehrere überfüllt wurden und umschlugen.
Um 22:10 Uhr ging die Principessa Mafalda schließlich unter. 314 Menschen kamen dabei ums Leben, darunter 274 Passagiere (32 Erste Klasse, 36 Zweite Klasse, 206 Dritte Klasse). Unter den Todesopfern befanden sich der argentinische Geschäftsmann und Mitbegründer von Garovaglio y Zorraquin, Francisco Garovaglio, der Deutsche Fritz-Henning von Lücken (29),[1] der seinen Rettungsring einem jungen Mädchen überließ, sowie die 28-jährige Wilhelmina „Mimi“ Bucherer-Heeb, Schwiegertochter des Schweizer Uhrenherstellers Carl F. Bucherer, die viele wertvolle Uhren und anderen Schmuck mit sich führte. Unter den Mannschaftsmitgliedern, die den Untergang nicht überlebten, waren der Kapitän Simone Guli, der Schiffsarzt Camilo Figarelli und der Erste Ingenieur Silvio Scarabichi.
Da das Schiff auf einer sehr stark frequentierten Schifffahrtsroute unterging, waren innerhalb kurzer Zeit viele Schiffe am Unglücksort, um die Überlebenden zu retten. Der Untergang der Principessa Mafalda ist mit fast sieben Mal so vielen Toten wie beim Untergang der Andrea Doria die größte Tragödie der zivilen italienischen Seefahrt. Das Wrack des Luxusdampfers liegt in etwa 1.400 Metern Tiefe und wurde bis heute nicht gefunden.
Siehe auch
Weblinks
- Technische und historische Daten und Fotos der Principessa Mafalda im Archivio Navi a Vapore
- Informationen über die Reederei Navigazione Generale Italiana
- Die Passagierliste der letzten Fahrt
- Mimi Bucherer-Heeb, Schwiegertochter und Einkäuferin von Carl F. Bucherer (Memento vom 19. Januar 2013 im Webarchiv archive.today)