Präsidentschaftswahl im Iran 1997
Die iranischen Präsidentschaftswahlen 1997 fanden am 23. Mai 1997 statt. Wahlsieger wurde überraschend der Reformer Mohammad Chātami.
Vorgeschichte
Der Wahl vorausgegangen war die zweite Amtsperiode Akbar Hāschemi Rafsandschānis. Das Land war in einem schlechten Zustand. Hohe Staatsschulden, außenpolitische Isolation und ein erstarkender konservativer Oberster Rechtsgelehrter Ali Chamene’i prägten das politische Bild des Iran. Rafsandschānī durfte nach zwei Amtszeiten verfassungsgemäß nicht erneut kandidieren und in der iranischen Bevölkerung machte sich Hoffnung auf einen politischen Wechsel breit. Allerdings lehnte der Wächterrat von 238 Kandidaten, die sich zur Wahl aufstellen lassen wollten, 234 ab.[1][2]
Der frühere Minister für islamische Kultur, Mohammad Chātami, wurde trotz seines Rufes als gemäßigter Intellektueller zur Wahl zugelassen. Er musste zu seiner Kandidatur überredet werden, da er sich 1992 aus Protest gegen die rigorosen Machenschaften der radikalen Staatsführung aus der Politik zurückgezogen hatte und seitdem Direktor der Teheraner Nationalbibliothek war. Zuvor war er vom konservativ dominierten Parlament als Minister für islamische Kultur entlassen worden. Nachdem der Wächterrat die Zulassung für seine Kandidatur erteilt hatte, führte er einen Wahlkampf mit liberalen Parolen zum Frauenrecht und Meinungsfreiheit. Auf diese Weise konnte er die Sympathien der reformerischen Iraner gewinnen, deren Zahl in den Jahren nach Ajatollah Chomeinis Tod beständig zugenommen hatte.
Favorit war allerdings Ali Akbar Nateq Nuri, der Parlamentssprecher und Kandidat der religiösen Führungsriege um Chāmene'ī.[3] Neben Chātamī und Nateq Nuri kandidierten noch Mohammad Mohammadi Reyschahri, ein ehemaliger Revolutionsrichter, und als einziger Nichtgeistlicher der ehemalige Staatsanwalt Reza Zavarchi für das Amt des Präsidenten. Reyschahri und Zavarchi galten schon vor der Wahl als chancenlos.[4]
Ergebnis und Folgen
Mohammad Chātamī konnte in einem triumphalen Wahlsieg fast 70 % der Stimmen auf sich vereinigen. Die Wahlbeteiligung lag bei 79,92 %.
Stimmen | Prozent | |
---|---|---|
Mohammad Chātami | 20.138.784 | 69,1 % |
Ali Akbar Nateq Nuri | 7.248.317 | 24,87 % |
Reza Zavarchi | 772.707 | 2,6 |
Mohammad Mohammadi Reyschahri | 744.205 | 2,6 |
Gesamt | 29.466.487 | 100 % |
Mit Chātamīs Wahlsieg etablierten sich die Reformer in der iranischen Regierung. Sie sahen sich allerdings einem konservativ dominierten Parlament sowie dem geistigen Führer Alī Chāmene'ī und seinen Institutionen gegenüber. Dennoch wurde Chātamīs Wahlsieg im Westen als selbstgemachter Aufbruch Irans aus der politischen Isolation gefeiert.
Tatsächlich war durch die Wahl für viele Beobachter bewiesen, dass die demokratischen Elemente im iranischen Staatssystem stark genug waren, um einen politischen Wechsel auszulösen.[6] Chātamī wurde zur Symbolfigur für Meinungsfreiheit, Demokratie, Gleichberechtigung und kritischen Dialog – Hoffnungen, die er letztendlich nicht erfüllen konnte.
Siehe auch
Weblinks
- Iran Elections: An Overview (englisch)
Einzelnachweise
- Christopher Lockwood: Calls for reform grow louder as Iran goes to polls; Electronic Telegraph Nr. 729, 24. Mai 1997. (englisch)
- Michael Rubin: Iran’s Myth of Moderation (Memento vom 18. Juni 2009 im Internet Archive); 18. März 2002. (englisch)
- Christopher Lockwood: Election farce as Iran chooses its president;Electronic Telegraph Nr. 727, 22. Mai 1997. (englisch)
- Birgit Cerha: Der Hetzer und der Intellektuelle; In: Die Zeit, 21/1997
- princeton.edu (Memento des Originals vom 4. März 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. 1997 Presidential Election, abgerufen am 2. Februar 2013
- Johannes Reissner: Stabilitätsanalyse Iran PDF (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. ; In: Sigrid Faath (Hrsg.): Stabilitätsprobleme zentraler Staaten; Hamburg 2003