Parkstraße 5 (Köln)
Die Villa Parkstraße 5 ist ein unter Denkmalschutz stehendes Baudenkmal im Kölner Stadtteil Marienburg und gehört zur Villenkolonie Köln-Marienburg. Sie entstand in den Jahren 1913 und 1914 für den Kölner Verleger Josef Neven DuMont (1857–1915) nach einem Entwurf des Architekten Paul Pott. Seit 1958 wird die Immobilie vom Staat Iran oder diesem nahestehenden Institutionen genutzt.
Geschichte
Ursprünglich befand sich auf dem Areal der Villa und des sie umgebenden Parks die „Maschinen-Fabrik P. Kyll“. Nach der Verlagerung des Produktionsstandorts im Jahr 1908[1]:549 von Marienburg nach Sürth erwarb der Zeitungsverleger, Geheimer Kommerzienrat Dr. jur. Josef August Hubert Neven DuMont das Areal einschließlich aller Aufbauten und der Kyll’schen Fabrikantenvilla (Oberländer Ufer 170). Während in dieser – nach ihrem Umbau – ab 1910 das »Café Restaurant Rheineck« betrieben wurde[1]:550, ließ DuMont die Werkhallen abbrechen und die zuvor an der Marienburger Straße endende Parkstraße über das bisherige Fabrikgelände nach Norden verlängern. Hierdurch entstanden an der Westseite der Parkstraße drei neue Baugrundstücke, zu denen ebenfalls Paul Pott die Bebauung entwarf (Parkstr. 2: Villa Franz Ott (1924); Parkstr. 8: Villa Wilhelm Auerbach (1914/1915) und Parkstr. 10: Villa Selmar Auerbach (1913/1914)).[1]:600–605 Die Ostseite hingegen, mit einer Straßenfront von 103 Metern, bei einer Tiefe von 48 Metern, behielt sich Neven DuMont selbst vor. Das Gelände liegt dabei gut vier Meter höher als das Straßenniveau an dem darunter liegenden Oberländer Ufer, wodurch ein freier Blick zum Rhein gesichert war.[2] Von der Altbebauung nutzte Neven DuMont jedoch die am Oberländer Ufer gelegene Remise der vormaligen Kyll’schen Villa auf dem heutigen Grundstück Oberländer Ufer 166 weiter. Der Gartenanlage lag ein nicht vollständig realisierter Entwurf (1912) des Kölner Gartenbaudirektors Fritz Encke zu Grunde.[3]:72[4]
Josef Neven DuMont starb im Jahr nach der Fertigstellung seiner Villa. Er erlag am 31. Oktober 1915 in Marienburg den Verletzungen, die er sich am 20. Oktober 1915 bei einem Wagenunfall auf dem Weg zu seinem Verlagshaus in der Breitestr. 76/78 zugezogen hatte.[5] Seine Witwe, Anna, geb. Mahler bewohnte die Villa weiter. Später gelangte sie in den Besitz des Sohnes August Philipp Christian Neven DuMont (1887–1965), der nach dem Tod des Vaters und in Gemeinschaft mit seinem Onkel Alfred Neven DuMont das Verlagshaus fortführte.[6] Seit 1935/1936 nutzte dann die Ortsgruppe Bayenthal der NSDAP die Villa[7], sie befand sich jedoch unverändert im Eigentum von August Neven DuMont. Dieser ließ 1938 dann auch das Areal in drei Baugrundstücke aufteilen. 1939 folgte ein Teilumbau durch die GAG für die NSDAP. Während des Zweiten Weltkriegs eingetretene Zerstörungen, insbesondere im westlichen Teil des Südflügels und vermutlich auch am Nordflügel, wurden noch vor Kriegsende weitgehend wieder behoben.[1]:567 Dennoch blieb die Liegenschaft nach Kriegsende ungenutzt.
Nachdem Bonn 1949 Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland geworden war, ließen sich in dem weitgehend unzerstört gebliebenen Marienburg zahlreiche Staaten mit ihren Gesandtschaften nieder. Nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Iran im Juni 1951 bezog dessen Gesandtschaft (ab Juni 1955 Botschaft) zunächst nacheinander zwei Gebäude im Stadtteil Rodenkirchen (Uferstraße 29 und Hebbelstraße 6), anschließend 1958 die Villa Neven DuMont als Sitz der Kaiserlich Iranischen Botschaft. Sie beheimatete sowohl die Kanzlei als auch die Residenz der Botschaft, den Wohnsitz des Botschafters. Im September 1961 besetzten etwa 500 iranische Studenten über mehrere Stunden hinweg das Botschaftsgebäude, um gegen die mittels Einziehung ihrer Pässe erzwungene Rückkehr zweier in den USA studierender Landsleute in den Iran zu demonstrieren sowie die politische Unterdrückung in ihrem Heimatland anzuprangern.[8] 1973/74 wurde die Kanzlei der Botschaft nach Bonn verlegt; die Villa diente anschließend mindestens bis 1978 weiterhin als Residenz der Botschaft.[9] Nach der Islamischen Revolution (1979) gehört die Immobilie heute zu der „Bonyad-e Mostazafan va janbazan-e Enghelab Eslami“ (Revolutionsstiftung der Benachteiligten und Kriegsveteranen). Neben verschiedenen kleineren baulichen Veränderungen (Buntverglasung, Einfriedung, Relief über den Hallenfenstern, Balustrade über dem Portikus und dem Vorbau)[1]:567 tragen insbesondere die komplizierten Eigentumsverhältnisse dazu bei, dass ein Teil des Anwesens nicht in allerbestem Zustand ist. Die Encke’sche Gartenplanung ist heute gar ganz verschwunden und musste einer baumbestandenen Wiese weichen.[3]:72
Die Eintragung der Villa in die Denkmalliste der Stadt Köln erfolgte am 9. Dezember 1988 (Denkmal Nr. 4767).[10]
Architektur
Die Villa Neven DuMont stellt eines der Hauptwerke des zum Zeitpunkt der Entwurfsausarbeitung (1912) 30-jährigen Architekten Paul Pott dar. Ab 1908 entwarf dieser, protegiert von dem in Marienburg lebenden amerikanischen Zahnarzt Herwey Cotton Merrill (1862–1953), für die südlich der Kölner Alt- und Neustadt gelegene Gartenvorstadt Marienburg zahlreiche Villen, bevorzugt im englischen Landhausstil. Doch huldigt er bei dem Anwesen Neven DuMont, das eine sehr große Affinität zu der Villa Ahn (Leyboldstraße 42–44) aufweist, wie bei keiner anderen dem »Queen Elisabeth Style«, der von italienischen, niederländischen und mittelalterlichen Einflüssen geprägten englischen Renaissance-Architektur.[1]:567
Das dreiflügelige Ensemble[11], bestehend aus dem zweigeschossigen »Herrenhaus« im Süden, mit angefügtem Gärtnerhaus nebst Treibhaus und einem eingeschossigen »Garagen- und Chauffeurshaus« im Norden, die über den ebenfalls eingeschossigen »Gartenpavillon« verbunden werden, zeigt in großer Formenvielfalt Details wie Giebel, Erker und Kamine. Nach oben abgeschlossen wird der Bau durch ein hohes Walmdach. Die zentral angeordnete und über die gesamte Tiefe des Haupthauses reichende erdgeschossige Halle ist holzvertäfelt und reich stuckiert. Sie wird heute als Moschee genutzt. Die um sie herum angeordneten Räume, wie Salon, Herrenzimmer, Speisezimmer, Frühstücks- und Teezimmer sind ebenso wie die weiteren Räume mit Deckenvertäfelung und -Stuckierung, Parkettböden, eingebauten Vitrinenschränken und – im Kaminzimmer – mit einem reich gestalteten, marmorgefaßten Kamin ausgestattet.[1]:567f
Iran-Haus
Nach dem Umzug der Kaiserlich Iranischen Botschaft nach Bonn (1973/75) verblieb die Villa Parkstraße 5 im Besitz des Staates. Sie wurde spätestens nach der Islamischen Revolution (1979) von der einflussreichen Stiftung Bonyad-e Mostazafan va Janbazan („Stiftung der Unterdrückten und Opferbereiten“) übernommen, die als zweitgrößtes Unternehmen in Iran fungiert und den Iranischen Revolutionsgarden nahesteht. Während und nach dem Iran-Irak-Krieg diente das Anwesen der Unterbringung und Behandlung von durch diesen Krieg Verwundeten sowie zeitweilig (Stand: 1993) auch weiterer iranischer Staatsbürger, die sich zur Behandlung in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten. Außerdem wurde es von der „Union Islamischer Studentenvereine in Europa“ und weiteren schiitischen Organisationen für Veranstaltungen genutzt[12]. Seit dieser Zeit war die Villa unter dem Namen „Iran-Haus“ bekannt.
Durch einen Zeitungsbericht im August 1987[13] wurde bekannt, dass das Iran-Haus bereits seit einigen Jahren auch eine intensive Nutzung durch den iranischen Geheimdienst VEVAK (bis 1984 SAVAMA) erfuhr. Diesem, zunächst von offizieller Seite unbestätigten[12] Bericht zufolge soll es führend an der Durchführung terroristischer Aktionen in Europa beteiligt gewesen sein, darunter an der Ermordung des Generals Ali Oveisi in Paris (1984) sowie dem Mordversuch an einem ehemaligen iranischen Minister in London (1987). Noch im Jahre 1993 galt das Iran-Haus als ein bedeutender Standort des iranischen Nachrichtendienstes.[14][15] Bis in jüngste Zeit wurde die Moschee in der Villa als sog. „Khane Iran“ von einer lokalen islamischen Organisation für die Verrichtung von Gebeten genutzt.
Literatur
- Thomas Deres (Bearb.): Der Kölner Rat. Biographisches Lexikon. Band I: 1794–1919. (= Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln, 92. Heft) Köln 2001, ISBN 3-928907-09-3, S. 154f.
- Wolfram Hagspiel: Köln. Marienburg. Bauten und Architekten eines Villenvororts. (= Stadtspuren, Denkmäler in Köln, Band 8.) 2 Bände, J.P. Bachem Verlag, Köln 1996, ISBN 3-7616-1147-1, Band 2, S. 566–570.
- Wolfram Hagspiel: Marienburg. Ein Kölner Villenviertel und seine architektonische Entwicklung. (mit Fotografien von Hans-Georg Esch) J.P. Bachem Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-7616-2012-0, S. 72.
- Hiltrud Kier, Karen Lieserfeld, Horst Matzerath (Hrsg.): Architektur der 30er/40er Jahre in Köln. Materialien zur Baugeschichte im Nationalsozialismus. (= Schriften des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, Band 5). Emons Verlag. Köln 1998. ISBN 3-89705-103-6, S. 366.
- Ulrich S. Soénius, Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kölner Personenlexikon. Greven, Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0400-0, S. 393.
- Ulrich Soénius: Neven DuMont, Josef August Hubert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 190 (Digitalisat).
Weblinks
- Text der Unterschutzstellung des Stadtkonservators Köln zu dem Wohnhaus Parkstr. 1–5 (Memento vom 31. Dezember 2016 im Internet Archive)
- Friedrich August Encke: Garten J. Neven DuMont (Projektübersicht) auf architekturmuseum.ub.tu-berlin.de abgerufen am 11. Februar 2013
- Encke, Blumengarten Ansicht gegen Osten, 1:100 auf architekturmuseum.ub.tu-berlin.de abgerufen am 11. Februar 2013
Einzelnachweise
- Wolfram Hagspiel: Köln. Marienburg. Bauten und Architekten eines Villenvororts.
- nach tim-online.nrw.de
- Wolfram Hagspiel: Marienburg. Ein Kölner Villenviertel und seine architektonische Entwicklung.
- Planung Encke auf architekturmuseum.ub.tu-berlin.de abgerufen am 11. Februar 2013
- Stadtanzeiger zur Kölnischen Zeitung Nr. 509 vom 2. November 1915
- Ulrich S. Soénius, Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kölner Personenlexikon.
- Hiltrud Kier, Karen Lieserfeld, Horst Matzerath (Hrsg.): Architektur der 30er/40er Jahre in Köln. Materialien zur Baugeschichte im Nationalsozialismus.
- Philipp Rock: Macht, Märkte und Moral: zur Rolle der Menschenrechte in der Aussenpolitik der Bundesrepublik Deutschland in den sechziger und siebziger Jahren (=Europäische Hochschulschriften. Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, Bd. 1070), Peter Lang, 2009, ISBN 978-3-631-59705-7, S. 188. (zugleich Dissertation Humboldt-Universität Berlin, 2009)
- Auswärtiges Amt (Hrsg.): Liste der diplomatischen Missionen und anderen Vertretungen in Bonn (Stand: Oktober 1978)
- Denkmalliste der Stadt Köln, Nummer A 4767
- Erdgeschossgrundriß von Pott (1912) auf architekturmuseum.ub.tu-berlin.de abgerufen am 11. Februar 2013
- Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ingrid Köppe und der Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (PDF-Datei; 303 kB), Deutscher Bundestag, 12. Wahlperiode, Drucksache 12/4441, 1. März 1993
- Köln, Parkstraße 5: das Haus des Terrors, stern, Nr. 33/87, 6. August 1987
- Geheimbericht. Mullahs wollen sich an Bonn rächen. Focus Nr. 3/1993 auf www.focus.de abgerufen am 11. Februar 2013
- Masoud Jannat: Iranische Flüchtlinge im deutschen Exil. Probleme einer Abstiegssituation. Dissertation, Philipps-Universität Marburg 2005, S. 161ff (PDF-Datei; 1,6 MB) abgerufen am 11. Februar 2013