Panflöte
Die Panflöte besteht aus einer Reihe von Röhrchen, mit denen verschieden hohe Töne erzeugt werden können. Panflöten gehören zur Gruppe der Längsflöten, die wiederum der Gruppe der Holzblasinstrumente zuzuordnen sind, obwohl sie aus verschiedenen Materialien hergestellt werden können (Holz, Bambus, Metall, Knochen, Ton, Glas, Schilf).
Herkunft und Verbreitung
Der Name kommt vom griechischen Hirtengott Pan. Nach der Sage wollte Pan die Nymphe Syrinx zur Frau nehmen. Als diese ihn ablehnte, wurde sie von einer schützenden Gottheit in ein Schilfrohr verzaubert. Aus Kummer schnitt sich Pan aus diesem eine Panflöte, mit der er später im Musikwettstreit gegen Apollo antrat. Alte Namen für die Panflöte sind Hirtenflöte, Syrinx, benannt nach der in der griechischen Erzählung in Schilfrohr verwandelten Nymphe, oder Papagenopfeife. Letzterer Name bezieht sich auf Mozarts Oper Zauberflöte.
Panflöten entstanden ab etwa dem 4. Jahrtausend v. Chr. in vielen Regionen der Welt. In Europa sind die geräuschhaft klingenden Panflöten aus Südamerika bekannt, besonders die siku (Indianersprachen, nach der spanischen Wortherkunft zampoña) aus den Anden, deren Röhrchen in einer oder mehreren geraden Reihen angeordnet sind, und die klarer klingenden nai, die ursprünglich aus Rumänien stammt und deren Röhrchen in einem Bogen angeordnet sind. Die larchemi (auch soinari) in Westgeorgien besitzt sechs Röhren in Reihe und gilt als Instrument der Schäfer. Bei Sonderformen von Panflöten sind die Röhrchen auch in einem Bündel angeordnet, wobei die inneren Röhrchen höher hervorstehen. Kugikly ist der am weitesten verbreitete Name für russische Panflöten, die stets in einem Ensemble gespielt werden.[1]
Die siku und nai gibt es in verschiedenen Tonlagen von der Piccolo-Panflöte in Sopran-Stimmlage bis zur mannshohen Kontrabass-Panflöte. Am üblichsten sind die Alt-Panflöten, die als nai ca. 30 cm breit und 23 cm hoch sind. Für die meisten Anfänger dürfte die Tenor-Stimmlage einfacher zu spielen sein.
In der Nordostregion Thailands, dem Isan, wird mit der wot (in Thai โหวด, sprich: [wòːt]) eine Version der Panflöte gespielt, die aus sechs bis neun Bambusröhrchen besteht. Es kann als Soloinstrument zu allen Unterhaltungsanlässen auftreten. Zu den ältesten chinesischen Musikinstrumenten gehört die paixiao, eine Panflöte aus einer geraden oder gekrümmten Reihe von endgeblasenen Vogelknochen. Sie wird zunächst in den chinesischen Quellen des 3./2. Jahrhunderts v. Chr. als xiao erwähnt, ein Name, der später auf Längsflöten mit Fingerlöchern überging. Auf der nördlichen Philippinen-Insel Luzon gibt es einige kurze Panflöten mit vier oder fünf Pfeifen. Im restlichen Südostasien sind sie selten, außer in der Musik Neuguineas, wo sie mehrfach beschrieben wurden. Von den wenigen Panflöten in Polynesien sind diejenigen von Tonga (acht bis zehn Pfeifen) und Samoa heute museal.
Eine musikhistorisch bedeutsame ältere Entwicklungsstufe der Panflöte stellen die Rohrflöten-Ensembles bei manchen Khoisan-Gruppen im südlichen Afrika dar, die seit Vasco da Gamas erster Erwähnung 1497 immer wieder beschrieben wurden. Jeder Musiker des Ensembles, das Tänze begleitete, blies in eine oder mehrere, unverbunden in der Hand gehaltene Einton-Rohrflöten. Ein einzelner Musiker der Khoisan spielte in vorkolonialer Zeit nie miteinander verbundene Rohrflöten.[2] Eine weitere, heute noch gebrauchte Eintonflöte ist die hindewhu der zentralafrikanischen Ba-Benzele-Pygmäen.
Zu den in Afrika seltenen Panflöten gehören die nyanga, auch ngororombe, die bei den gleichnamigen Panflötentänzen regional im südlichen Afrika (Malawi, Mosambik und Simbabwe) gespielt werden. Die nyanga oder nanga („kleines Horn“) der südafrikanischen Venda bestehen überwiegend aus vier Bambusröhren.[3] seltener sind zwei oder fünf Bambusröhren miteinander verbunden.[4]
Fotzhobel
Im Alpenland war um 1800 eine spezielle symmetrische Panflöte aus einheimischem Schilf sehr verbreitet. Genannt wurde sie Fozhobel, Fotzhobel, Pfozhobel. Johann Andreas Schmeller schrieb im Bayerischen Wörterbuch (1827) unter dem Stichwort „Fozhobel“: das ist die Panflöte. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Fotzhobel dann rasch von der moderneren Mundharmonika verdrängt, die nicht nur seinen Namen, sondern auch seine Stimmung (Richterstimmung) übernahm.[5]
Tonerzeugung
Ein Ton entsteht bei diesen Instrumenten, indem ein Luftstrom auf eine scharfe Kante gelenkt und von dieser zerschnitten (Schneidekante) wird. Die Tonhöhe wird durch die Länge der schwingenden Luftsäule bestimmt. Bei der Panflöte geschieht dies durch verschieden lange Röhren, die zu Reihen gebündelt sind.
Bei einem Tonumfang von meist zwei bis drei Oktaven, aber auch bis zu fast vier Oktaven, sind fast alle Panflöten diatonisch gestimmt, meist in C-Dur oder G-Dur. Halbtöne werden dann durch eine spezielle Blastechnik erzeugt, z. B. indem die Panflöte um 45 Grad gekippt wird und die Unterlippe etwas weiter über die Öffnung des Röhrchens geschoben wird. Gestimmt werden kann eine Panflöte durch das Verschieben von passend eingesetzten Korkscheiben oder (besser) festgedrücktem Bienenwachs. Mit locker sitzenden Wachsbällchen kann eine Panflöte aber auch kurzfristig zwischen verschiedenen Tonarten umgestimmt werden. Einige Panflöten sind auch pentatonisch gestimmt.
Bekannte Panflötisten
- Andreea Chira (* 1991)
- Horea Crishan (* 1945)
- Michael Dinner (* 1974)
- Ulrich Herkenhoff (* 1966)
- Petruța Küpper (* 1981)
- Damian Luca (* 1936)
- Juan Leonardo Santillia Rojas (* 1984)
- Daniela dé Santos (* 1967)
- Hannah Schlubeck (* 1973)
- Edward Simoni (* 1959)
- Simion Stanciu „Syrinx“ (1949–2010)
- Gheorghe Zamfir (* 1941)
Literatur
- Tiberiu Alexandru: Die rumänische Panflöte. In: Gustav Hilleström (Hrsg.): Studia instrumentorum musicae popularis III. Festschrift to Ernst Emsheimer on the occasion of his 70th birthday January 15th 1974. (Musikhistoriska museets skrifter 5) Nordiska Musikförlaget, Stockholm 1975, S. 13–21
- Sibyl Marcuse: A Survey of Musical Instruments. Harper & Row Inc., New York 1975, S. 589–596
Weblinks
- Douglas Bishop: A Worldwide History of the Pan Flute. www.panflutejedi.com
Einzelnachweise
- Vgl. Olga V. Velichidna: Playing Panpipes in Southern Russia: History, Ethnography, and Performance Practices. (Dissertation) Ohio State University, 1998
- Percival R. Kirby: The Reed-Flute Ensembles of South Africa: A Study in South African Native Music. In: The Journal of the Royal Anthropological Institute of Great Britain and Ireland, Bd. 63, Juli–Dezember 1933, S. 313–388, hier S. 384
- Andrew Tracey: The Nyanga Panpipe Dance. In: African Music, Bd. 5, Nr. 1, 1971, S. 73–89
- Moya Aliya Malamusi: The Nyanga/Ngororombe Panpipe Dance: 1. Thunga la Ngororombe – the Panpipe Dance Group of Sakha Bulaundi. In: African Music, Bd. 7, Nr. 2, 1992, S. 85–107
- Instrumente der Garchinger Pfeifer (Bayern)