Musikwettstreit zwischen Pan und Apollo
Der Musikwettstreit zwischen Pan und Apollo ist ein Motiv der griechischen Mythologie, das in der lateinischen Fassung Ovids (Metamorphosen 11, 150–193) in der europäischen Kunst- und Kulturgeschichte seit der Renaissance wirksam wurde.
Vorovidische Zeugnisse
Die musikalische Herausforderung, die der bockbeinige Hirtengott Pan mit der Syrinx an Phoebus-Apollo mit der Kithara richtet, hat eine Parallele in der musikalischen Herausforderung des Satyrs Marsyas mit dem Aulos an denselben Gott, die ebenfalls in Ovids Metamorphosen erwähnt wird, dort mit Schwerpunkt auf der Schilderung der grausigen Strafe (6, 382–400). Der Marsyas-Mythos ist wohl eine Vorform der Pan-Version, jedenfalls wurden später Elemente aus beiden vermischt, so bei Hyginus (Fabulae 191). Ist im Marsyas-Mythos das Häuten des Herausforderers ursprünglich weniger „Strafe“ als mythische Ätiologie für die Erfindung der Sackpfeife – also einen kulturellen Fortschritt –, so zeugen die Eselsohren des Midas von einem archaischen Eselskult – auch vom „strahlenden“ Apollo gibt es eselsohrige Darstellungen – und wurden erst später auf ein verkehrtes Gehör gedeutet. Die im Abendland wirksam gewordene Kontrastierung von musikalischer Primitivität (Pan) und verfeinerter Hochkultur (Apollo) ist ein relativ junges Deutungsmuster des Mythos, das jedoch bei Ovid offensichtlich schon vorausgesetzt ist.[2]
Die Szene bei Ovid
Ovid erzählt die Begebenheit als ein weiteres Beispiel für die Torheit König Midas’, dem zuvor der Wunsch, alles, was er berühre, möge zu Gold werden, Verderben gebracht hat, und der sich nun in den Wäldern und Grotten des Pan aufhält. Die Szene beginnt mit einer Beschreibung des Bergzugs Tmolos in Lydien. Vor dieser Kulisse spielt Pan den Nymphen auf seiner Syrinx vor und rühmt sich, schöner zu musizieren als Apollo. Er appelliert an Tmolos, den Gott des Berges, ein Urteil zu fällen. Dieser macht seine Ohren von Bäumen frei und erklärt sich bereit. Pan lässt seine Mehrrohr-Flöte erklingen und findet Midas’ Gefallen. Darauf wendet sich Tmolos dem Phoebus-Apollo zu, der, blondgelockt, purpurgewandet und lorbeerbekränzt, in Künstlerpose sein Probespiel auf der Kithara vorträgt. Tmolos erklärt ihn entzückt zum Sieger. Alle Umstehenden applaudieren. Einzig Midas protestiert. Daraufhin gibt Apollo dessen Ohren die ihrer Torheit angemessene Eselsform, von Ovid anschaulich beschrieben. Midas verhüllt sie schamhaft mit einer roten Mütze. Sein Haarschneider aber bemerkt das Geheimnis, und da er es nicht für sich behalten kann, flüstert er es in ein Erdloch, von wo es die aufsprießenden Halme in alle Winde verbreiten (Binsenweisheit).
Bearbeitungen in Theater, Musik und bildender Kunst
- Der Streit zwischen Phoebus und Pan, Kantate von Johann Sebastian Bach
- Das Urteil des Midas, Lustspiel von Christoph Martin Wieland
- König Midas, Oper von Wilhelm Kempff
Literatur
- Ernst Kuhnert: Midas. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 2,2, Leipzig 1897, Sp. 2957 f. (Digitalisat).
- Martin Vogel: Der Schlauch des Marsyas (PDF; 4,5 MB). In: Rheinisches Museum für Philologie Neue Folge, Band 107, 1964, S. 34–56.
Weblinks
- Buch XI der Metamorphosen des Ovid (lateinisch und deutsch)
Einzelnachweise
- Bei Ovid nicht erwähnt.
- Vogel, passim.