Opernhaus Düsseldorf
Das Opernhaus Düsseldorf ist eine Spielstätte und der Verwaltungssitz der Deutschen Oper am Rhein. Es befindet sich an der Heinrich-Heine-Allee 16a in Düsseldorf. Die Versammlungsstätte verfügt über eine 22,5 × 14,75 Meter große Bühne und bietet heute Platz für 1342 Personen. In architektonischer Anlehnung an die Semperoper wurde das Gebäude von 1873 bis 1875 als Stadttheater Düsseldorf errichtet. Nach Zerstörungen bei Luftangriffen im Jahr 1943 wurde das Gebäude noch während des Zweiten Weltkriegs provisorisch wieder aufgebaut. Ein grundlegender Umbau, bei dem auch die ursprünglich historistischen Fassaden beseitigt wurden, erfolgte von 1954 bis 1956 nach Plänen von Paul Bonatz, Julius Schulte-Frohlinde und Ernst Huhn im Stil des Neuklassizismus und der Monumentalkunst der 1930er und 1940er Jahre.
Geschichte
Vorgeschichte als Stadttheater
1746 entstand am Düsseldorfer Marktplatz das Alte Theater, anlässlich des ersten Besuches des Kurfürsten Karl Theodor. Es war ein Fachwerkgebäude, das 1818 baufällig war und 1832 instand gesetzt werden musste. Dabei erhielt es ein klassizistisches Portal. 1877 musste das Gebäude als Theater geschlossen werden.
1864 waren bereits 300 renommierte Bürger der Stadt Düsseldorf mit einer Eingabe an den Oberbürgermeister Ludwig Hammers gelangt, in der sie die Wichtigkeit eines Theaterneubaus darstellten. Der geplante Standort des Theaterneubaus war das Gelände des Botanischen Gartens, der einen Teil des zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf Flächen der niedergelegten Stadtbefestigung erweiterten Hofgartens darstellte. Das Gelände wurde 1865 von der Königlichen Regierung erbeten.
Mit dem Bau des Stadttheaters Düsseldorf begann eine Epoche, in der die repräsentativen, großstädtischen Monumentalbauten der Stadt errichtet wurden. Zuerst entstand das Stadttheater (1873), gefolgt von Kunstakademie (1875), Ständehaus (1876), Kunsthalle (1878), Kunstgewerbeschule (1883) und Kunstgewerbemuseum (1893).
Das Stadttheater wurde von 1873 bis 1875 an der Heinrich-Heine-Allee 16, damals Alleestraße, nach dem Vorbild der Dresdner Semperoper erbaut, in unmittelbarer Nähe der Kunsthalle und des Kunstgewerbemuseums sowie im Zusammenhang mit der Bebauung der Prachtstraße Alleestraße (heute Heinrich-Heine-Allee, vormals Boulevard Napoléon). 1891 erfolgte der Anbau eines Kulissen- und Garderobenhauses. An der Hofgartenseite wurde die Bühne verlängert. 1906 baute der Architekt Hermann vom Endt das Innere um und modernisierte und verschönerte den Zuschauerraum. Mit dem Bau des Düsseldorfer Schauspielhauses wurde 1969 die Nutzung des Gebäudes als Stadttheater obsolet.
Nutzung als Opern-, Konzert- und Balletthaus
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Zuschauerraum zerstört, aber noch während des Krieges auf Anordnung der Reichstheaterkammer provisorisch wieder aufgebaut. So konnte 1946 der Landtag des neu gegründeten Landes Nordrhein-Westfalen das Gebäude als Sitzungsort nutzen. Dessen erste Sitzung, der Beginn des parlamentarischen Lebens des Landes, wurde am 2. Oktober 1946 unter der musikalischen Leitung des Düsseldorfer Generalmusikdirektor Heinrich Hollreiser zu den Klängen der Coriolan-Ouvertüre von Ludwig van Beethoven eröffnet.
Ein umgreifender Umbau zu einem modernen Opern-, Konzert- und Balletthaus, dem auch die historistischen Fassaden des ursprünglichen Gebäudes geopfert wurden, erfolgte nach Plänen von Paul Bonatz, Julius Schulte-Frohlinde und Ernst Huhn von 1954 bis 1956. 1955 vereinbarte die Stadt Düsseldorf mit der Stadt Duisburg unter dem Dach der Deutschen Oper am Rhein ein gemeinsames Opernensemble zu betreiben. Der Zuschauerraum, der vorher rund 800 Besuchern Platz geboten hatte, wurde auf eine Größe von annähernd 1.400 Sitzplätzen erweitert. Die Kosten des Projekts, die zunächst auf etwa 5,6 Millionen DM kalkuliert waren, beliefen sich am Ende auf fast 10 Millionen DM. Hierzu trug bei, dass auch der weitgehend unzerstört gebliebene Bereich des Bühnenhauses wegen gestiegener Anforderungen an den Brandschutz saniert werden musste. Die Bühnentechnik wurde unter der Leitung von Walther Unruh[1] auf aktuellen Stand gebracht. Bundesweit kritisiert wurde die Architektur des Umbaus. Die Wochenschrift Die Zeit, deren Architekturkritiker den Bau mit der gerade im Stil der Moderne entstehenden Oper Köln verglich, beklagte etwa einen fast „reaktionär anmutenden Gegensatz“ und die „Himbeerfarbe“ auf dem Schleiflack des Zuschauerraums, „fein abgesetzt durch grünliche Leisten“.[2] Einig waren sich die Kritiker über eine gelungene Akustik. Die Eröffnung, an der vier Bundesminister, das gesamte Landeskabinett, das konsularische Korps und weitere internationale Gäste teilnahmen, erfolgte am 22. April 1956 mit Beethovens Oper Fidelio.[3]
In den Jahren 2006 und 2007 wurde das Düsseldorfer Opernhaus 18 Monate lang umfangreich saniert. Insbesondere die Bühnentechnik wurde modernen Erfordernissen angepasst. Insgesamt wurden rund 31 Millionen Euro verbaut. In der spielfreien Zeit 2011 wurde zudem der Orchestergraben verbreitert. Dadurch entfiel eine komplette Stuhlreihe im Parkett. Für die Musiker ergaben sich dadurch bessere Arbeitsbedingungen. Die Akustik wurde so ebenfalls verbessert.
Neubaudiskussion
Im März 2021 stieß der Oberbürgermeister Stephan Keller die Diskussion über einen Neubau an, weil das denkmalgeschützte Haus aus der Nachkriegszeit ein Sanierungsfall sei. Nach Schätzungen würde ein Neubau an einem anderen Ort 636 Millionen Euro kosten, ein Neubau am bisherigen Standort über 700 Millionen Euro.[4] Im Rahmen einer Diskussion und Prüfung wurden neben dem bestehenden Standort an der Heinrich-Heine-Allee unter anderem die vorgeschlagenen Standorte Am Wehrhahn 1, Rheinpark Golzheim, Medienhafen/Kesselstraße und Graf-Adolf-Platz erörtert und nach den Kriterien Zentralität, Verfügbarkeit und technische Machbarkeit bewertet.[5] Am 16. Dezember 2021 beschloss der Stadtrat einen Neubau. Über den Standort soll im ersten Quartal 2022 entschieden werden.[6]
Beschreibung
Außenarchitektur
Das Theatergebäude ist zweiteilig und besteht aus dem Bühnenhaus und dem Zuschauerraum. Der Bühnenbereich blieb im Krieg unzerstört und musste nur äußerlich überformt werden. Der im Krieg beschädigte Zuschauerraum wurde jedoch neu errichtet. Anstelle der halbzylindrischen Schaufront im Stil der Neorenaissance wurde eine streng symmetrische, kubische Fassade errichtet. Der Mittelteil der Hauptfront ist risalitartig vorgezogen und mit Travertin verkleidet. Er ruht auf vier Rechteckpfeilern aus Fichtelgebirgsgranit. Die Fassade des Mittelteils ist durch ein Rastersystem von Blendfenstern gegliedert. Im unteren Teil der Fassade befinden sich niedrige dreiteilige Fenstergruppen. Über deren Mitte wurden schmale, hochrechteckige Fenster angelegt. Diese werden durch Reliefs abgeschlossen, die mit der Darstellung griechischer Theatermasken und einer Lyra das Theater symbolisieren. Die Fassadenreliefs stammen von Ferdinand Heseding und sind Beispiele für die Bildhauerei der 1950er Jahre in Düsseldorf.
Innenarchitektur
Der Hauptraum des Gebäudes, der Zuschauersaal, zeigt mit Parkett, Balkonen und Guckkastenbühne den prototypischen Aufbau eines barocken Theatersaals, wobei durch geschwungene Formen und zeittypische Interieurs Merkmale der Kinoarchitektur der 1950er Jahr sichtbar sind, die auf die Mitwirkung des Kinoarchitekten Ernst Huhn zurückgeführt werden.[7] Im Erdgeschoss befinden sich die Kassenhalle sowie die Garderobenhalle. Dessen niedrige Decke ruht auf Rundstützen. Der Raum zeigt eine halbkreisförmige Garderobenanlage. Dort befinden sich in den Ecken geschwungene Treppenanlagen. Diese führen zuerst zu dem Foyer – das durch die niedrigen dreiteiligen Fenstergruppen belichtet wird – dann zum Foyer der Ränge, das über drei Geschosse reicht und durch die schmalen hochrechteckigen Fenster Tageslicht erhält. Den drei Fensterachsen entsprechen drei große Glaslüster aus böhmischem Glas. Den drei Fenstern gegenüber befinden sich die geschwungenen Balkone des 2. und 3. Ranges. Die Wandflächen zeigen Monumentalmalereien. Die mythologischen Szenen wurden von Robert Pudlich und die übrigen von Professor Dallinger geschaffen.
Kunstgeschichtliche Einordnung
Die Fassade ist im Stil des Neuklassizismus, die Skulpturen und Malereien entstammen der Monumentalkunst.
„Der Neubau des Zuschauerraums […] knüpft einerseits an die traditionalistische Monumentalarchitektur der 30er und 40er Jahre an […] Die Ausmalungen […] sowie die Fassadenreliefs […] gehören […] der Monumentalmalerei und -bildhauerei [an]“
Literatur
- Architekten- und Ingenieur-Verein zu Düsseldorf (Hrsg.): Düsseldorf und seine Bauten. L. Schwann, Düsseldorf 1904, S. 282.
- Ingeborg Schild: Theater. In: Eduard Trier, Willy Weyres (Hrsg.): Kunst des 19. Jahrhunderts im Rheinland. Band 2. Architektur: II, Profane Bauten u. Städtebau. Schwann, Düsseldorf 1980, ISBN 3-590-30252-6, S. 173–190.
- Jennifer Verhoeven: Oper. In: Roland Kanz, Jürgen Wiener (Hrsg.): Architekturführer Düsseldorf. Dietrich Reimer, Berlin 2001, Nr. 22 auf S. 17.
- Jörg A. E. Heimeshoff: Denkmalgeschützte Häuser in Düsseldorf, mit Garten- und Bodendenkmälern. Nobel, Essen 2001, S. 108–110.
- Ernst Huhn: Das neue Opernhaus in Düsseldorf. In: Bühnentechnische Rundschau. 1956, Heft 3, S. 1–17.
Weblinks
- Eintrag in der Denkmalliste der Landeshauptstadt Düsseldorf beim Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege
Einzelnachweise
- Walter Unruh (1898–1973), deutscher Bühnentechniker, auf whoswho.de
- Johannes Jacobi: Geflickte Oper. Artikel vom 26. April 1956 im Portal zeit.de (Die Zeit), abgerufen am 1. Mai 2019.
- Arne Lieb: [https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/die-geschichte-des-duesseldorfer-opernhauses_aid-38492913 Warum Düsseldorf für sein Opernhaus vernichtende Kritik einstecken musste.] Artikel im Portal rp-online.de (Rheinische Post) vom 1. Mai 2019, abgerufen am 1. Mai 2019.
- dpa: Düsseldorfer Opernhaus wird neu gebaut. Badische Zeitung, 12. März 2021, abgerufen am 13. März 2021.
- Verwaltung empfiehlt Neubau des Düsseldorfer Opernhauses. Meldung vom 10. September 2021 im Portal duesseldorf.de, abgerufen am 2. Oktober 2021.
- "Opernhaus der Zukunft": Rat der Landeshauptstadt beschließt Neubau. Landeshauptstadt Düsseldorf, 16. Dezember 2021, abgerufen am 17. Dezember 2021.
- Christian Oscar Gazsi Laki: Die Oper – ein Denkmal und seine Geschichte. In: Westdeutsche Zeitung. Ausgabe vom 20. September 2018, S. 18 (Düsseldorfer Nachrichten), PDF
- Jörg A. E. Heimeshoff: Denkmalgeschützte Häuser in Düsseldorf, mit Garten- und Bodendenkmälern. Nobel, Essen 2001, S. 110.