Omega Workshops
Omega Workshops Ltd. war eine von Roger Fry – einem Mitglied der Bloomsbury Group – 1913 gegründete experimentelle Designerwerkstatt für Inneneinrichtungen in London. Die Werkstatt wurde nach dem Ersten Weltkrieg 1919 aus finanziellen Gründen geschlossen.
Geschichte
Der Maler und Kunstkritiker Roger Fry organisierte 1910 die Ausstellung Manet and the Post-Impressionists in den Grafton Galleries, London. Das Londoner Publikum war schockiert und fühlte sich provoziert; auch die Presse veröffentlichte negative Kritiken.[1] Trotz der negativen Reaktionen gab es 1912 eine zweite postimpressionistische Ausstellung von Fry, in der neben zeitgenössischer englischer Malerei hauptsächlich Werke von Henri Matisse, den Fauves sowie von Pablo Picasso und Georges Braque ausgestellt waren.[2] Der Begriff des Post-Impressionismus wurde durch Fry geprägt.
Im Juli 1913 gründete Fry unter Mithilfe seiner Freunde und Kodirektoren Duncan Grant und Vanessa Bell und finanzieller Unterstützung von Kunstfreunden wie George Bernard Shaw in einem eleganten, von Robert Adam geschaffenen Stadthaus am Fitzroy Square 33 in London die Werkstatt für Inneneinrichtungen. Sie hatte zum Ziel, die moderne Kunst auf Raumgestaltung und -ausstattung sowie Buchgestaltung zu übertragen. Die Designwerkstatt bestand aus einem Ausstellungsraum sowie Ateliers. Es wurden dort beispielsweise Wandbilder, Glasfenster, bemalte Möbelstücke, Keramiken, Stoffe, Bücher und vieles mehr zum Kauf angeboten. Im Herbst 1914 erschien der Omega Workshops Descriptive Catalogue mit Texten von Fry.
Anders als seine Vorgänger William Morris und die Künstler der Arts-and-Crafts-Bewegung hatte Fry nicht vor, soziale Reformen zu erreichen, und er wollte auch keinen Protest gegen die maschinelle Erzeugung von kunsthandwerklichen Erzeugnissen einlegen. Es ging ihm lediglich um die Aufhebung von der aus seiner Sicht falschen Trennung von „fine and decorative arts“, also den Schönen Künsten und dem Kunstgewerbe. Ein Vorbild war die 1911 in Paris gegründete Werkstatt Les Ateliers de Martine des Modeschöpfers Paul Poiret.[4]
Zu den für die Omega Workshops tätigen jungen Künstlern zählten außer den Mitgliedern der Bloomsbury Group Fry, Grant und Bell beispielsweise für kurze Zeit der französische Bildhauer Henri Gaudier-Brzeska und der britische Maler Percy Wyndham Lewis. Lewis verließ im Oktober 1913 mit drei weiteren Mitarbeitern Omega im Streit, eröffnete das Rebel Art Centre in London und wurde Mitbegründer des Vortizismus. Weitere Mitarbeiter des Omega Workshops waren Dora Carrington, Henri Doucet, Winifred Gill und Nina Hamnett. Die mitwirkenden Künstler signierten ihre Werke nicht mit ihrem Namen, sondern mit dem griechischen Buchstaben Ω. Sie arbeiteten dreieinhalb Tage in der Woche für Omega, ihr Verdienst betrug 30 shillings. Dies Einkommen war eher klein, jedoch verlässlich und wichtig für die eher unpopulären Künstler, da sie sich in der verbleibenden Zeit ihrer Kunst widmen konnten.[4]
Zu den Käufern der exklusiven Produkte gehörten unter anderem Maud Cunard, die Mutter von Nancy Cunard, Mechtilde Lichnowsky, Lady Ottoline Morrell sowie die Freunde aus der Bloomsbury Group Virginia Woolf, E. M. Forster und Clive Bell. Virginia Woolf war inspiriert von den Omega Workshops und gründete mit ihrem Mann Leonard Sidney Woolf 1917 die Hogarth Press, deren Veröffentlichungen sie anfangs eigenhändig setzten und auf einer Tiegeldruckpresse druckten. Woolfs Schwester Vanessa Bell entwarf Umschläge für den Verlag. 1940 schrieb Virginia Woolf eine Biografie über Roger Fry.[5]
Da sich auf Dauer für die vom Fauvismus, Kubismus und vom Post-Impressionismus beeinflussten, mit teuren Materialien hergestellten Objekte zu wenig Käufer fanden, auch bedingt durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs, musste das Projekt Omega Workshops 1919 aus finanziellen Gründen eingestellt werden. Fry arbeitete zuletzt allein in der Werkstatt am Fitzroy Square, da Vanessa Bell und Duncan Grant im Jahr 1916 in ihr Landhaus Charleston Farmhouse in Sussex gezogen waren.[6]
Das britische Staatsorgan English Heritage würdigte Roger Fry und Omega Workshops 2010 mit einer Blauen Plakette, die am Haus Fitzroy Square 33 angebracht wurde.[7]
Ausstellungen
Eine Kollektion von Möbeln und anderen Werken aus den Omega Workshops wird im Charleston Farmhouse in Sussex ausgestellt, dem früheren Landhaus von Duncan Grant und Vanessa Bell.[8] Im Jahr 2009 fand in der Courtauld Gallery in London eine Ausstellung statt mit dem Titel: Beyond Bloomsbury: Designs of the Omega Workshops 1913–19.[9]
Literatur
- Isabelle Anscombe: Omega and After: Bloomsbury and the Decorative Arts, Thames & Hudson, London 1981
- Judith Collins: The Omega Workshops, Secker & Warburg, London 1984
- Richard Shone: The Art of Bloomsbury: Roger Fry, Vanessa Bell and Duncan Grant, Princeton University Press 2000, ISBN 0-691-04993-9
- Frances Spalding: Roger Fry, art and life. University of California Press, Berkeley 1980, ISBN 0-520-04126-7 (teilweise online)
Weblinks
- Omega Workshops auf der Webseite der Tate Gallery, London (englisch)
- Das große Kunstlexikon von P. W. Hartmann
- Buchumschlag von Lucretius on Death, gestaltet 1917 von Roger Fry, ausgeführt von Dora Carrington
Einzelnachweise
- Francis Spalding: Liebe und Farben. In: Christine Frick-Gerke (Hrsg.): Inspiration Bloomsbury. Der Kreis um Virginia Woolf. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2003, S. 78 ff.
- Bernd Klüser, Katharina Hegewisch (Hrsg.): Die Kunst der Ausstellung. Eine Dokumentation dreißig exemplarischer Kunstausstellungen dieses Jahrhunderts, Frankfurt a. M./ Leipzig 1991, S. 56
- Omega Workshops, abgerufen am 12. Dezember 2011
- Isabelle Anscombe: Arts & Crafts Style, London 1996, S. 219.
- Omega Lives.The Omega Workshops & the Hogarth Press (Memento vom 26. Juni 2010 im Internet Archive) (PDF; 2,3 MB), chapin.williams.edu, abgerufen am 12. Dezember 2011
- Tate Gallery: Bloomsbury, www.tate.org, abgerufen am 1. Januar 2022
- Fry, Roger (1866–1934), english-heritage.org.uk, abgerufen am 4. Februar 2016
- Zitiert nach Weblink Omega Workshops
- Beyond Bloomsbury: Designs of the Omega Workshops 1913–19, abgerufen am 12. Dezember 2011