Oldhamit
Oldhamit (gesprochen: [əʊldə'mɪt;]) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung CaS[1] und ist damit chemisch gesehen Calciumsulfid. Da ein geringer Anteil des Calciums gelegentlich durch Magnesium ersetzt (substituiert) sein kann, wird die Formel in einigen Quellen auch mit (Ca,Mg)S angegeben.[2]
Oldhamit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | CaS[1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfide und Sulfosalze |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
2.CD.10 (8. Auflage: II/C.15) 02.08.01.05 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | kubisch |
Kristallklasse; Symbol | kubisch-hexakisoktaedrisch; 4/m 3 2/m |
Raumgruppe | Fm3m (Nr. 225)[1] |
Gitterparameter | a = 5,69 Å[1] |
Formeleinheiten | Z = 4[1] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 4 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,58; berechnet: 2,589[2] |
Spaltbarkeit | nach {001}[2] |
Farbe | hellbraun bis kastanienbraun, blassgrün |
Strichfarbe | nicht definiert |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | blendeartiger, metallischer Glanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | n = 2,137[2] |
Doppelbrechung | keine, da optisch isotrop |
Oldhamit kristallisiert im kubischen Kristallsystem, entwickelt jedoch nur selten sichtbare Kristallformen, die bis etwa drei Millimeter groß[2] sein können. Bisher fand sich das Mineral fast ausschließlich in Meteoriten, wo es in Form körniger bis massiger Mineral-Aggregate und feiner Äderchen auftrat. Oldhamit ist durchsichtig bis durchscheinend und von hellbrauner bis kastanienbrauner Farbe. Frische Proben weisen einen blendeartigen, metallischen Glanz auf, allerdings laufen die Oberflächen an feuchter Luft schnell an.
Mit einer Mohshärte von 4 gehört Oldhamit zu den mittelharten Mineralen und lässt sich wie das Referenzmineral Fluorit leicht mit einem Taschenmesser ritzen.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Oldhamit im Meteoriten Bustee, der im Distrikt Basti des indischen Bundesstaats Uttar Pradesh niederging. Die Erstbeschreibung des Minerals erfolgte 1862 durch Nevil Story Maskelyne (1823–1911), der es nach dem irischen Geologen Thomas Oldham (1816–1878) benannte.
Typmaterial des Minerals wird unter anderem im Natural History Museum von London in England aufbewahrt (Katalog-Nr. 32100).[2]
Klassifikation
Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Oldhamit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : S,Se,Te ≈ 1 : 1“, wo er zusammen mit Alabandin, Altait, Clausthalit, Crerarit, Galenit, Keilit und Niningerit die „Galenit-Reihe“ mit der System-Nr. II/C.15 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Oldhamit ebenfalls in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S = 1 : 1 (und ähnliche)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Zinn (Sn), Blei (Pb), Quecksilber (Hg) usw.“ zu finden ist, wo es zusammen mit Alabandin, Altait, Clausthalit, Galenit, Keilit und Niningerit die „Galenitgruppe“ mit der System-Nr. 2.CD.10 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Oldhamit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Galenit-Gruppe (isometrisch: Fm3m)“ mit der System-Nr. 02.08.01 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m + n) : p = 1 : 1“ zu finden.
Kristallstruktur
Oldhamit kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Fm3m (Raumgruppen-Nr. 225) mit dem Gitterparameter a = 5,69 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Bildung und Fundorte
Oldhamit bildet sich aufgrund seines hohen Schmelzpunktes von 2450 °C[2] als frühes Kondensat in kosmischen Nebeln, wo er sich möglicherweise in den Zwischenräumen von später gebildeten Enstatit-Chondriten und -Achondriten absetzt. Neben Enstatit können als Begleitminerale unter anderem noch Augit, Calcit, Gips, Niningerit, Osbornit und Troilit auftreten.
Als seltene Mineralbildung konnte Oldhamit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2014) rund 40 Fundorte bekannt sind.[3] Seine Typlokalität, der Bustee-Meteorit, ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort in Indien.
In Deutschland fand man Oldhamit im zweiten Fragment des Neuschwanstein-Meteoriten, aber auch in der Absetzerhalde Lichtenberg der Uran-Lagerstätte Ronneburg.
Des Weiteren kennt man das Mineral aus verschiedenen Stein- und Eisenmeteoriten, die in der Antarktis, Aserbaidschan, China, Estland, Finnland, Frankreich, im Jemen, in Kanada, Malawi, Marokko, Neuseeland, Nigeria, Pakistan, Polen, Russland, der Sahara, in Südafrika, im Sudan und in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) gefunden wurden.[4]
Oldhamit kann aber auch anthropogen bei einigen Verhüttungsprozessen entstehen.[5]
Siehe auch
Literatur
- Nevil Story-Maskelyne: On the Mineral Constituents of Meteorites. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Band 160, 1870, ISSN 0261-0523, S. 189–214, doi:10.1098/rstl.1870.0010, JSTOR:109056 (Textarchiv – Internet Archive; Oldhamit ab S. 195).
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 207–208.
Weblinks
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 90.
- Oldhamite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org PDF; 58,9 kB)
- Mindat – Anzahl der Fundorte für Oldhamit
- Fundortliste für Oldhamit beim Mineralienatlas und bei Mindat
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 439 (Erstausgabe: 1891).