Notvorrat
Ein Notvorrat ist eine Reserve (Vorratshaltung), die für längerdauernde Notfälle bereitgehalten wird. Notfälle unterschiedlichster Art, vom Ausfall technischer Anlagen, über Unfälle bis hin zu Naturkatastrophen können den massiven Einsatz von Gütern erforderlich machen, die sonst nur wenig benötigt werden, oder die Versorgung mit alltäglichen Bedarfsgütern verringern, bzw. unterbrechen.
Staatliche Vorräte am Beispiel Deutschland
Staaten wie Deutschland legen im Rahmen der nationalen Krisenvorräte (als Teil des Zivilschutzes) umfangreiche Reserven an. So besteht die Zivile Notfallreserve aus Reis (Lang- und Rundkorn), Hülsenfrüchten (Erbsen und Linsen) sowie aus Kondensmilch und Vollmilchpulver. Sie dient einer Versorgung der Bevölkerung vor allem in Ballungsräumen.
Die sogenannte Bundesreserve Getreide besteht aus Brotgetreide (Weizen) und Hafer. Sie dient der Aufrechterhaltung der Mehl- und Brotversorgung. Auf Grund der erforderlichen Weiterverarbeitung werden diese in der Nähe von Mühlen gelagert.
Das Ernährungssicherstellungsgesetz (ESG) dient der Versorgung der Zivilbevölkerung und der Streitkräfte mit land- und ernährungswirtschaftlichen Erzeugnissen im Spannungs- und Verteidigungsfall sowie im NATO-Bündnisfall. Auf Grund der Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 wurde das Ernährungsvorsorgegesetz (EVG) erlassen. Es ist anwendbar bei sonstigen Versorgungskrisen.
Private Vorräte
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gibt eine allgemeine Empfehlung zur freiwilligen privaten Bevorratung heraus, die für einen Schutz in einer Vielzahl von Szenarien gedacht sind und die jedem Haushalt eine Richtschnur für den Umfang der Selbstschutzmaßnahmen geben sollen. Diese Empfehlungen betreffen mehrere Bereiche der Vorratsanlegung:[1]
- Essen und Trinken: Lebensmittel und Getränke für zehn Tage;[2][3] Lebensmittel sollten ohne Kühlung haltbar und kalt genießbar sein; für zehn Tage pro Person 20 Liter Flüssigkeit, geeignet sind Mineralwasser, Fruchtsäfte und andere lang haltbare Getränke.
- Hygiene: Seife, Waschmittel, Zahnpasta, Feuchttücher, Toilettenpapier; zur Reinigung und Abfallbeseitigung Haushaltshandschuhe, Händedesinfektionsmittel, Haushaltspapier, Müllbeutel; bei (absehbar) lang andauernden Ausfällen der Wasserversorgung außerdem Wasser zum Waschen, Spülen und Toilettenspülung, in allen verfügbaren größeren Gefäßen gesammelt.[4]
- Hausapotheke: Verbandkasten, verordnete Dauermedikation, Kohletabletten, Schmerzmittel, Abführmittel, Fieberthermometer, Wärmflasche.
- Energieausfall: Campingkocher[2] und passender Brennstoff, warme Kleidung, Petroleumlampen, Taschenlampen, Batterien, Kerzen, Streichhölzer, Bargeld.
- Dokumentensicherung: Familienurkunden, Renten-, Pensions- und Einkommensbescheinigungen, Sparbücher, Aktien, Fahrzeugbrief, Versicherungspolicen, Zahlungsbelege für Versicherungsprämien, insbesondere Rentenversicherung, Zeugnisse, Verträge, Grundbuchauszüge, Testament.
- Notgepäck: unter anderem Erste-Hilfe-Material, batteriebetriebenes Radio und Reservebatterien, Dokumententasche und Wertsachen sowie Ausweise, Verpflegung für zwei Tage, Taschenlampe, Schlafsack oder Decke, Wetterschutzbekleidung, sonstige Utensilien wie z. B. Essgeschirr und Fotoapparat; für Kinder Brustbeutel oder eine SOS-Kapsel mit Namen, Geburtsdatum und Anschrift.[5]
- Radio: mit Batterien betrieben oder ein Kurbelradio.[6]
Eine Alternative zur Einlagerung frischer Nahrungsmittel mit begrenztem Haltbarkeitsdatum sind sogenannte dehydrierte Nahrungsmittel.[7] Durch Gefriertrocknen und Vakuumverdampfung verlieren die Lebensmittel 90 Prozent ihres Gewichts und 30 bis 90 Prozent ihres Volumens. Für die längere Haltbarkeit wird auch enthaltener Sauerstoff durch Stickstoff ersetzt. Geschmack, Farbe, Struktur und Nährwert bleiben bei kurzzeitiger Lagerung von zwei bis vier Jahren zumindest bei Temperaturen unter 30 °C erhalten. Die Speisen können durch einfaches Hinzufügen von heißem oder kaltem Wasser wieder in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden.
Eine weitgehend erfolglose staatliche Initiative für den Aufbau eines privaten Notvorrats war in den 1960er Jahren die Aktion Eichhörnchen.
Pflichtlager und privater Haushaltvorrat in der Schweiz
Als Folge der sozialen Unruhen nach dem Ersten Weltkrieg wurden in der Schweiz im Rahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung nicht nur Vorräte für Wirtschaft und Staat, sondern auch für private Haushalte gefordert. Aus dieser Erfahrung wurde im Zweiten Weltkrieg ein System von Rationierung, Vorratshaltung und Selbsterzeugung (Plan Wahlen) konzipiert, das im Laufe der Zeit immer den strategischen Bedrohungen angepasst wurde. Letztmals wurde im Laufe des Sechstagekrieges (1967) bis auf Haushaltstufe die Vorratshaltung vorgeschrieben. In anderen strategischen Krisenfällen blieb es bei den Vorbereitungen oder kleinen Maßnahmen. Noch zur Zeit des Kalten Krieges wurde unter dem Motto Kluger Rat – Notvorrat breit Werbung für den Haushaltvorrat gemacht.
Auch heute noch empfiehlt das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung einen Mindestvorrat in jedem Haushalt.
Näheres zum System des staatlich festgelegten Notvorrates der Schweiz siehe Pflichtlager.
Weblinks
- Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen des deutschen Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
- Informationen des deutschen Ernährungsministeriums mit Vorratskalkulator für persönliche Nahrungsvorräte
- Informationen des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung der Schweiz
Einzelnachweise
- Vorsorge für den Notfall
- Essen und Trinken bevorraten. In: bbk.bund.de. Abgerufen am 25. Februar 2020.
- Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen. In: 6. Auflage. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, 2018, abgerufen am 1. Februar 2020. ISBN 978-3-939347-54-5. S. 34–35.
- Sauberkeit in Notzeiten. In: bbk.bund.de. Abgerufen am 25. Februar 2020.
- Gepäck für den Notfall. In: bbk.bund.de. Abgerufen am 25. Februar 2020.
- Im Notfall auf dem Laufenden bleiben. In: bbk.bund.de. Abgerufen am 25. Februar 2020.
- Info zu dehydrierten Nahrungsmitteln (Memento vom 17. Juni 2013 im Internet Archive)