Nicolaus Fest
Constantin Nicolaus Johannes Joachim Fest[1] (* 1. Juli 1962 in Hamburg[2]) ist ein deutscher Jurist, Journalist und Politiker (AfD). 2019 wurde er ins Europaparlament gewählt.[3] Von Ende Januar 2020 bis März 2021 war er Vorsitzender des Notvorstands der AfD Berlin.[4] Im Februar 2022 wurde er als Nachfolger von Jörg Meuthen zum Vorsitzenden der AfD-Fraktion im Europaparlament gewählt.[5]
Leben
Nicolaus Fest ist der Sohn des Zeithistorikers, FAZ-Herausgebers und Autors Joachim Fest und der Bruder des Verlegers Alexander Fest.[6]
Fest wuchs in Hamburg auf und studierte Rechtswissenschaften. Er wurde 1995 an der Humboldt-Universität zu Berlin mit der Dissertation Bereicherungs- und Schadensausgleich bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten promoviert.
Nach seinem Referendariat arbeitete Fest zunächst beim Auktionshaus Sotheby’s und bei der Ebner Pressegesellschaft in Ulm (Südwest Presse). Anfang 1995 kam er zum Verlag Gruner + Jahr. Zunächst arbeitete er für ein Projekt im Anzeigenbereich, später war er Referent für Sonderprojekte im Büro des Vorstandschefs Gerd Schulte-Hillen. Im Februar 1999 wechselte er ins Pressesprecher-Team mit Zuständigkeit für den Bereich Interne Kommunikation, Kontakt zur Regionalpresse und den Online-Auftritt.[7] Nach einem Streit mit Schulte-Hillen verließ er Ende Mai 2000 das Unternehmen.[8] Anfang 2001 begann er seine Tätigkeit bei der Bild-Gruppe des Axel-Springer-Verlags. Er war Kulturchef der Bild und von Oktober 2013 bis September 2014 als stellvertretender Chefredakteur der Bild am Sonntag zuständig für Sonderaufgaben.[9] Ende 2014 verließ Fest die Zeitung. Im März 2017 wurde er von der AfD Berlin auf Platz 5 der Landesliste für die Bundestagswahl 2017 nominiert.[10] In seinem Bundestagswahlkreis Berlin-Charlottenburg – Wilmersdorf erreichte er mit 7,2 % der abgegebenen Stimmen nur Platz 6 der Direktkandidaten. Der Einzug in den Bundestag gelang ihm auch über die Landesliste nicht.[11]
Wegen eines Blogeintrags, in dem Fest „Gruppen von arabischen, türkischen oder afrikanischen Jugendlichen“ als „primitiv und bösartig“ bezeichnete und in dem sich zudem der Satz „Insofern muss man das Wort von Max Frisch, dem zufolge wir Gastarbeiter riefen, aber Menschen bekamen, vielleicht korrigieren: Wir riefen Gastarbeiter, bekamen aber Gesindel“ findet, wurde Fest 2017 wegen Volksverhetzung angezeigt.[12][13] Das Verfahren wurde im Juli 2017 von der Staatsanwaltschaft Berlin eingestellt.[14] Als der Hashtag #Gesindel im Oktober 2019 nach einer Kampagne von HoGeSatzbau in die Trending Topics von Twitter kam, lehnte Fest bei einer Nachfrage des Bayerischen Rundfunks eine Stellungnahme ab, „ob er die damals getätigte Aussage heute so wiederholen würde oder sich davon distanziert“.[15]
Bei einem Bürgerdialog des AfD-Kreisverbandes Lüchow-Dannenberg/Lüneburg im Jahr 2018 forderte Fest, man müsse Bundeskanzlerin Angela Merkel „erlegen“. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki bezeichnete diese Aussage als „armselig“.[16]
Für die EU-Wahl 2019 wurde Fest auf einem Delegiertenparteitag im November 2018 auf Platz 6 der Bundesliste der AfD gewählt. Ihm gelang der Einzug in das Europaparlament.
Im Januar 2020 wurde Fest als Notvorstand der AfD-Berlin eingesetzt. Der ehemalige Landeschef Georg Pazderski übergab Fest die Geschäfte, da der reguläre Vorstand seit Ende des Jahres 2019 nicht mehr im Amt und der dann eingesetzte Notvorstand nur bis zum 25./26. Januar eingesetzt war.[4] Im März 2021 wurde mit Kristin Brinker eine neue Landesvorsitzende gewählt, wodurch die Tätigkeit von Fest als Notvorstand endete.
Am Tag des Todes des Präsidenten des Europäischen Parlaments David Sassoli im Januar 2022 verunglimpfte Fest diesen in einem internen Gruppenchat der AfD-Europaparlamentsabgeordneten als „Antidemokrat, eine Schande für jede parlamentarische Idee“, „Endlich ist dieses Dreckschwein weg“. Der AfD-Parteivorsitzende Jörg Meuthen bewertete die Äußerungen als „verstörend, tief abstoßend und unentschuldbar“. Fest selbst wollte sich auf Anfrage hin nicht von seinen Aussagen distanzieren und kritisierte die Öffentlichmachung des internen Chats als „bedauerlich“.[17][18][19]
Positionen
Im Juli 2014 verfasste Fest in der Bild am Sonntag einen Kommentar, in dem er den Islam als Integrationshindernis bezeichnete. Der Kommentar löste eine Debatte aus.[20][21] Der Chefredakteur der Bild, Kai Diekmann, und die Chefredakteurin von Bild am Sonntag, Marion Horn, distanzierten sich von Fests Aussagen.[22] Ende 2014 verließ Fest die Bild, der Verlag dementierte einen Zusammenhang mit dem islamkritischen Kommentar Fests.[23]
Im Januar 2016 schrieb Fest in der neurechten Jungen Freiheit, dass Deutschland unter Angela Merkels Regierung eine „Ent-Parlamentarisierung“ drohe, und beschrieb Parallelen zum Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten 1933. Die Deutschen müssten deshalb „aufwachen“ und „die Politik selbst in die Hand nehmen“, ansonsten werde es „kein Aufwachen geben“.[24]
Fest trat im Oktober 2016 dem Berliner Landesverband der Alternative für Deutschland bei.[25] Anlässlich einer Pressekonferenz zum Parteieintritt sagte Fest, er halte den Islam weniger für eine Religion als eine totalitäre Bewegung, die mit dem Nationalsozialismus vergleichbar und nicht mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar sei. Eine totalitäre Ideologie dürfe in der Öffentlichkeit keinen Platz haben. Dies bedeute, dass auch Moscheen geschlossen werden müssten.[26][27] Im März 2017 erweiterte er diese Forderung, indem er gegenüber dem Tagesspiegel angab, dass er alle Moscheen schließen lassen wolle.[10]
Weblinks
- Webpräsenz von Nicolaus Fest
- Literatur von und über Nicolaus Fest im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nicolaus Fest in der Abgeordneten-Datenbank des Europäischen Parlaments
Einzelnachweise
- Gemeinsame Listen für alle Länder der Parteien (Europawahl 2019 bei bundeswahlleiter.de). Abgerufen am 22. Juli 2019.
- Dr. Nicolaus Fest – Alternative für Deutschland. Abgerufen am 17. September 2017.
- Alphabetisches Verzeichnis aller Gewählten – Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 27. Mai 2019.
- Nicolaus Fest übernimmt Notvorstand der Berliner AfD. Abgerufen am 10. März 2020.
- Spiegel.de: EU-Parlament AfD-Fraktion wählt umstrittenen Fest zum Vorsitzenden (9. Februar 2022); eingesehen am 9. Februar 2022
- Melanie Amann, Severin Weiland: Ex-BamS-Vize tritt AfD bei. In: Spiegel Online. 5. Oktober 2016, abgerufen am 5. Oktober 2016.
- Peter Caspar Hamel: Dr. Nicolaus Fest verstärkt Gruner + Jahr Öffentlichkeitsarbeit. In: Gruner + Jahr AG & Co, 24. Januar 1999.
- Ulrike Simon: Medien. „Bild“: Einstand der neuen Springer-Chefs. In: Der Tagesspiegel, 3. Januar 2001.
- Marion Horn übernimmt Chefredaktion von Bild am Sonntag. auf axelspringer.de am 13. September 2013, abgerufen am 10. März 2016.
- Landesparteitag in Brandenburg AfD beendet Kandidatenkür für die Wahl, Der Tagesspiegel, 7. März 2017
- Bericht über Ex-Journalisten AfD dementiert Personalie um Nicolaus Fest, Der Tagesspiegel, 27. Oktober 2017
- Menschenwürde und Logikbrüche | Nicolaus Fest. Abgerufen am 24. Oktober 2019 (deutsch).
- Anzeige gegen Nicolaus Fest wegen Volksverhetzung. In: Der Tagesspiegel Online. 31. März 2017, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 24. Oktober 2019]).
- Hasan Gökkaya: Ermittlungen gegen Berliner AfD-Politiker Fest eingestellt. In: Der Tagesspiegel Online. 18. August 2017, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 16. August 2018]).
- Social-Media-Kampagne gegen AfD: Was hinter "#Gesindel" steckt. In: Bayerischer Rundfunk. 22. Oktober 2019.
- Wolfgang Kubicki: „Alles in allem ist das armselig“. Abgerufen am 16. Oktober 2019 (deutsch).
- Beschimpfungen und Frohlocken über Sassolis Tod. In: tagesschau.de, 11. Januar 2022, abgerufen am 12. Januar 2022.
- svs/dpa: Medienbericht: AfD-Politiker soll verstorbenen EU-Parlamentspräsidenten Sassoli verunglimpft haben. In: Der Spiegel. 12. Januar 2022, abgerufen am 12. Januar 2022.
- SpOn: AfD-Politiker soll verstorbenen EU-Parlamentspräsidenten verunglimpft haben, 12. Januar 2022, abgerufen am 12. Januar 2022.
- Christian Meier: Nicolaus Fest schreibt sich mit Anti-Islam-Kommentar ins Abseits. In: Meedia, 28. Juli 2014.
- Grünen-Politiker Beck fordert Entschuldigung von „Bild“. In: Zeit Online, 27. Juli 2014.
- Christina Hebel: „Bild“-Chefredaktion distanziert sich von Anti-Islam-Kommentar. In: Spiegel Online, 28. Juli 2014.
- Alexander Kissler: Ein isolierter Idiot. Nicolaus Fest flog nach einem islamkritischen Kommentar aus der Bild. Wäre das heute noch so? In: Cicero, Februar 2015 (Memento vom 2. Februar 2016 im Webarchiv archive.today), S. 104–105.
- Sonja Álvarez: AfD und Pegida bescheren „Junger Freiheit“ Auflagenrekord. www.tagesspiegel.de, 25. Januar 2016
- Fabian Leber: Nicolaus Fest zieht es zur AfD. In: Der Tagesspiegel. 5. Oktober 2016, abgerufen am 30. Oktober 2016.
- Neuer AfD-Mann vergleicht Islam mit Nationalsozialismus. In: focus.de. 6. Oktober 2016, abgerufen am 30. Oktober 2016.
- Severin Weiland: Zum Auftakt erst mal die Moscheen schließen. In: Spiegel Online. 6. Oktober 2016, abgerufen am 30. Oktober 2016.