Missionsgesellschaft Bethlehem
Die Missionsgesellschaft Bethlehem (lateinisch Societas Missionum Exterarum de Bethlehem in Helvetia, Ordenskürzel: SMB) ist eine Gesellschaft apostolischen Lebens von Priestern und Brüdern, die sich zum missionarischen Dienst zusammengeschlossen haben.
Entstehungsgeschichte
Die Ursprünge der Missionsgesellschaft Bethlehem gehen auf den französischen Priester Pierre-Marie Barral zurück. Er gründete 1895 im schweizerischen Meggen die „Ecole apostolique de Bethléem“, die 1896 nach Immensee verlegt wurde. Aus ihr entstand das Gymnasium Bethlehem, Immensee. Im gleichen Jahr erschien die erste Ausgabe der vielsprachigen Monatszeitschrift „Bethlehem“, die seit 1972 unter dem Namen „Wendekreis“ erscheint.
Bezweckte das Institut ursprünglich die Ausbildung der Söhne armer Familien für den missionarischen Dienst in Europas verlassenen Pfarreien, so wurde im Lauf der Zeit die missionarische Tätigkeit in Asien, Afrika und Lateinamerika aufgebaut. Freundeskreise bildeten sich in Österreich, Italien, Frankreich, Großbritannien, Portugal und den USA. Schwierigkeiten des über Briefmarkenhandel, unlauterer Spendenwerbung und Anleihen finanzierten Werks führten 1907 zu einer Reorganisation als Missionshaus Bethlehem durch den späteren ersten Generaloberen Pietro Bondolfi.
Am 30. Mai 1921 wurde in Rom das päpstliche Dekret der Errichtung des „Schweizerischen Seminars für auswärtige Missionen“ ausgestellt. Pietro Bondolfi war der erste Generalobere. Ab 1934 hieß die Vereinigung „Gesellschaft für auswärtige Missionen von Bethlehem in der Schweiz“ (Societas Missionaria de Bethlehem in Helvetia). Kurz ist sie als Missionsgesellschaft Bethlehem (SMB) bekannt.
Der Nachwuchs für die Gesellschaft ging vorwiegend aus dem zu diesem Zweck in Immensee geführten Gymnasium Bethlehem hervor. Dazu gehörten die Progymnasien in Rebstein (1926–73) und Fribourg (1938–72). 1995 wurde das Gymnasium in eine private Stiftung unter dem Namen „Gymnasium Immensee“ überführt. Die Ausbildung der Priesteramtskandidaten begann 1922 im Seminar in Wolhusen, wurde 1932 nach Schöneck (Emmetten) ins Bruder-Klausen-Seminar verlegt und erfolgt seit 1969 an der Theologischen Fakultät Luzern.
1925 wurden erste Brüdermissionare zur Mitarbeit in Administration, Schule, Betrieben und Landwirtschaft in die SMB aufgenommen. Die Brüder, wie auch die Priesteranwärter und Priester, verpflichten sich durch ein Versprechen, nach den Grundsätzen der SMB zu leben.
Die missions- und religionswissenschaftliche Forschung wurde 1945 ein Schwerpunkt mit der Gründung der „Neuen Zeitschrift für Missionswissenschaften“ (NZM), die 2005 vom Jahrbuch „Forum Mission“ abgelöst wurde.
Von Missionsgebieten zu missionarischen Einsätzen
1924 reisten die drei ersten Missionare nach China, wo sie zuerst bei den Steyler Missionaren in Yanzhou, Süd-Shandong die chinesische Sprache und Kultur kennen lernten. Im Juni 1925 sicherte ihnen der Apostolische Delegat Celso Costantini ein eigenes Missionsgebiet zu, die Präfektur Qiqihar, im äußersten Norden Chinas.[1]
Am 19. März 1926 kamen Paul Hugentobler und Eugen Imhof in Qiqihar an, während Gustav Schnetzler das Dorf Changfatun übernahm. Die SMB widmete sich dem Aufbau lokaler christlicher Gemeinden und zusammen mit den Ingenbohler Schwestern dem Aufbau der medizinischen Versorgung und der schulischen Bildung. 1940 waren dort 42 SMB Priester tätig. 1953 wurden die meisten ausgewiesen, der letzte verließ 1954 China.
1938 begann die SMB ihre Arbeit im damaligen Süd-Rhodesien, dem heutigen Simbabwe. Zeitweise arbeiteten dort weit über 100 Mitglieder im Aufbau der Lokalkirche, im Schul- und Gesundheitswesen, in den Medien und der Handwerkerausbildung.
1948 sandte die SMB die ersten Missionare in den Iwate-ken im Norden Japans. Im gleichen Jahr begannen die SMB mit ersten Laieneinsätzen im damaligen Fort Viktoria, heute Masvingo in Südrhodesien. Nach der Ausweisung der letzten Missionare aus China, begann 1953 die SMB in Taiwan und Kolumbien mit ihrer Arbeit.
1975 begannen Equipeneinsätze in Peru, 1977 in Ecuador, 1978 in Kenia und 1985 auf den Philippinen. Am Generalkapitel 1981 wurde die „ganzheitliche Befreiung“ mit folgenden drei Optionen formuliert:
- Option für und mit den Armen
- Einsatz für Menschenrechte
- Aufbau von Basisgemeinden.
1992 begann die SMB mit ersten missionarischen Einsätzen in Bolivien. Das Generalkapitel 1993 verfasste eine Grundsatzerklärung zur missionarischen Präsenz mit dem Leitmotiv „Was wir sind, spricht mehr, als was wir sagen.“ 1994 trat die SMB unter dem Werbe-Titel „Bethlehem Mission Immensee“ (BMI) in der Öffentlichkeit auf.
Die Missionsgesellschaft Bethlehem (SMB) hat ihren angestammten Sitz in Immensee. Mit ihrer Leitung und Administration begleitet sie ihre missionarischen Einsätze in Asien (Taiwan, Japan), Afrika (Simbabwe, Mosambik, Kenia, Tansania), Lateinamerika (Kolumbien) und Europa (Schweiz, Deutschland). Die Schwerpunkte des 12. ordentliche Generalkapitels 2013 waren u. a. ein Leitbild, ein Dokument zum Thema Alter mit dem Titel „Einige von uns werden immer älter…“, die Zukunft der SMB als Missionsgesellschaft und Bauprojekte, welche wegen leergewordenen Gebäuden und nutzbaren Grundstücken ins Auge gefasst wurden.
Assoziation – Partnerverein – Verein Bethlehem Mission
Als Folge der Aufwertung der Laien im missionarischen und kirchlichen Dienst durch das Zweite Vatikanische Konzil und eines neuen Missionsverständnisses, arbeiteten immer mehr Laien in den Projekten der SMB mit. Es entstanden die ersten gemischten Einsätze von Laien und Priestern (Equipen). Das SMB-Generalkapitel 1967 verankerte die „Arbeit auf Ablösung hin“ in ihren Dokumenten. Sie übernahm nicht mehr zugeteilte Gebiete (territoriales Prinzip), sondern begann mit zeitlich befristeten Projekteinsätzen. Ein erster derartiger Einsatz wurde 1969 in Sambia begonnen. Das Generalkapitel 1974 bestätigte als neue Form der missionarischen Arbeit die Projekteinsätze. Dabei waren folgende Hauptmotive prägend: die wesentliche Verbindung von Mission und Entwicklungszusammenarbeit; die Partnerschaft mit den Ortskirchen; die ökumenische Grundausrichtung.
Das Generalkapitel 1988 bestätigte die Optionen von 1981 und verstärkte sie durch die Betonung der gleichberechtigten Stellung der Frau. Die SMB gibt ihr nahe stehenden Frauen und Männern die Möglichkeit, sich in der „Assoziation“ zu organisieren und am missionarischen Auftrag teilzuhaben.
Das Generalkapitel 1998 trug dem Wandel des Missionspersonals Rechnung und verfasste ein Leitbild im Hinblick auf eine erweiterte Trägerschaft. Die Grundoptionen sind:
- Die Verkündigung des Gottes des Lebens,
- der Einsatz mit und für die Benachteiligten
- und der interkulturelle und interreligiöse Austausch.
Am 30. Juni 2000 wurde die Assoziation in den Verein „Partnerverein Bethlehem“ (PaV) überführt. Der 17. November 2000 ist das Gründungsdatum des Vereins „Bethlehem Mission Immensee“ (BMI) nach Art. 60ff des ZGB. Als Name für den Verein wurde der seit 1994 gebrauchte SMB-Werbetitel „Bethlehem Mission Immensee“ übernommen. Träger des Vereins waren der Verein Missionshaus Bethlehem, der die Missionsgesellschaft Bethlehem (SMB) zivilrechtlich vertritt und der Partnerverein Bethlehem (PaV). Damit konnte der missionarische Auftrag der SMB auf eine breitere Trägerschaft abgestützt werden mit dem Ziel, dass Laien (PaV) und SMB-Mitglieder gleichberechtigt und partnerschaftlich über die Planung und Durchführung des missionarischen Auftrags entscheiden würden.
Am 24. Juni 2007 wurde der Verein „Bethlehem Mission Immensee“ mit dem Preis der „Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche“ ausgezeichnet. Die Stiftung würdigte damit den partnerschaftlichen Ansatz der BMI mit den beiden Trägern SMB und PaV, die als kirchliche Organisationen in den verschiedenen Ländern gemeinsam tätig waren.
Am 11. ordentlichen Generalkapitel der SMB 2008, wurde das Modell der beiden Träger der Bethlehem Mission Immensee als eine positive Weise einer gemeinsamen gleichberechtigten Trägerschaft bestätigt.
Am 25. Juni 2011 kam die partnerschaftliche Struktur des im Jahr 2000 gegründeten Vereins „Bethlehem Mission Immensee“ (BMI) durch einen Beschluss ihrer Generalversammlung zu einem Ende. Dabei löste sich der Partnerverein als Mitträger des Werkes „Bethlehem Mission Immensee“ auf und die Missionsgesellschaft Bethlehem blieb, was sie vor dem Jahr 2000 war.
Unter dem gleichen Namen „Bethlehem Mission Immensee“ bildete sich gleichentags ein Verein, der eine von der Missionsgesellschaft Bethlehem juristisch, administrativ und finanziell unabhängige und eigenständige Nicht-Regierungsorganisation (NGO) ist.
Im Sommer 2013 verlegte die „Bethlehem Mission Immensee“ ihren Sitz ins RomeroHaus in Luzern, das sie von der SMB käuflich erwarb.
RomeroHaus Luzern
Seit 1986 dient das Missionarische Bildungszentrum „Romero-Haus“ in Luzern der missionswissenschaftlichen Forschung, der Aus- und Weiterbildung des eigenen Personals und hält durch Kurse und Veranstaltungen das missionarische Anliegen wach. 2013 übernahm die Bethlehem Mission Immensee (BMI) das Romerohaus.
Verbindung zwischen SMB und BMI
Die Missionsgesellschaft Bethlehem (SMB) hat die Bethlehem Mission Immensee (BMI) im Jahre 2000 als Verein mit zwei Kollektivmitgliedern (Verein Missionshaus Bethlehem und Partnerverein Bethlehem) gegründet. Damit wurde institutionell der Gleichberechtigung von Laien und Klerikern in der Planung, Entscheidung und Durchführung des missionarischen Auftrags Rechnung getragen. Daraus entstand 2011 unter demselben Namen „Bethlehem Mission Immensee“ (BMI) ein Verein aus Einzel- und Kollektivmitgliedern. Die BMI arbeitet in der Allianz COMUNDO eng mit den Entwicklungshilfswerken E-CHANGER (französischsprachige Schweiz) und Inter-Agire (italienischsprachige Schweiz) zusammen. Heute existieren beide Organisationen – die SMB und die BMI – nebeneinander. Priester und Brüder der SMB, wie auch Einsatzleistende der BMI, leben und arbeiten in den Ländern des globalen Südens an der Seite von Menschen, die von Armut und Diskriminierung betroffen sind.
Seit Sommer 2012 treffen sich der Generalobere der SMB, der Präsident des Vereins Missionshaus Bethlehem, die Präsidentin des Vereins BMI und die Geschäftsleiterin der BMI zu regelmässigen Gesprächen.
Filmdokumentation
Der Dokumentarfilm «Das Ende der Mission», am 22. Dezember 2016 in der Sendung DOK auf SRF 1 ausgestrahlt, thematisierte das absehbare Ende der Missionsgesellschaft. Filmautor Beat Bieri bewunderte die Missionare von Immensee in seiner Kindheit. In Simbabwe traf er die letzten dort aktiven Missionare, die eine reiche Vergangenheit, aber aus Altersgründen keine Zukunftspläne mehr hätten. Viele Werke der Missionare drohen zu zerfallen.[2] Der Film porträtierte ausserdem den Generaloberen Ernst Wildi und zeigte, dass 2016 in leeren Räumen am Hauptsitz der SMB ein «Haus der Jugend» für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge eingerichtet worden ist.[3]
Generalobere SMB
- 1993–2003: Josef Meili
- 2003–2008: Emil Näf
- 2008–2013: Josef Meili
- 2013–2018: Ernst Wildi
- seit 2018: Josef Meili
Bekannte SMB-Mitglieder
- Pierre-Marie Barral, Gründer der Apostolischen Schule Bethlehem (1855–1929) (nicht Mitglied SMB)[4]
- Pietro Bondolfi, Gründer und erster Generaloberer der SMB (1872–1943)
- Josef Maria Camenzind (1904–1984), Schriftsteller
- Thomas Immoos (1918–2001), Sinologe und Hochschullehrer in Tokio
- Oskar Stoffel (1932–1997), Kirchenrechtsprofessor
- Hansjörg Auf der Maur (1933–1999), Liturgiewissenschaftler
- Al Imfeld (1935–2017), Publizist und Schriftsteller
Weblinks
Einzelnachweise
- Vermittlung zwischenkirchlicher Gemeinschaft, 50 Jahre Missionsgesellschaft Bethlehem Immensee, Festschrift, S. 39.
- Die besondere Tragik der Immenseer Entwicklungshilfe, srf.ch, 20. Dezember 2016, abgerufen am 1. Januar 2017.
- Das Ende der Mission – Ein Stück Schweizer Weltgeschichte, srf.ch, 22. Dezember 2016, abgerufen am 1. Januar 2017.
- Geschichte auf der Webseite von SMB Immensee, abgerufen am 7. Januar 2015