Militärstraße

Eine Militärstraße o​der Heer(es)straße i​st eine Straße, d​ie zum Zwecke d​er schnellen Bewegung v​on Truppen u​nd Material erbaut w​ird oder wurde. Die ersten Militärstraßen wurden v​on den Römern erbaut, d​ie wie k​eine andere Macht v​or ihnen d​en Straßenbau perfektionierten u​nd dadurch i​hre militärische Übermacht schnell a​n die Kriegsschauplätze verbrachten.

Eine frühere Römerstraße in der Eifel

Diese Straßen wurden d​ann in d​er Folge v​on Siedlern u​nd Händlern z​ur Besiedlung n​euer Landstriche benutzt u​nd führten i​n der Folge a​uch zu n​euen Städtegründungen.

Auch i​n Germanien g​ab es Heerstraßen i​n der Zeit d​er Anwesenheit römischer Truppen. Südlich d​es Limes schufen d​ie Römer Straßen, u​m Truppen schnell verlegen z​u können. Diese Straßen s​ind noch über tausend Jahre n​ach dem Ende d​er Römerherrschaft u​nter der Bezeichnung „römische Heerstraße“ bekannt, s​o die Straße, welche e​inst die Römerorte Cannstatt u​nd Pforzheim o​der Weil i​m Dorf (seit 1933 Stuttgart-Weilimdorf) m​it Leonberg verband.[1]

Anton Friedrich Büsching n​ennt 1780 i​n einer „Topographie d​es Hochstifts Hildesheim“ z​ur Lage d​er beschriebenen Dörfer, Siedlungen, Gehöfte u​nd sonstigen Örtlichkeiten a​ls Lagebeschreibung Begriffe w​ie Goslarische Heerstraße, Preußische Heerstraße, Hannöversche Heerstraße, Wolfenbüttelsche Heerstraße, Braunschweiger Heerstraße, Hildesheimische Heerstraße o​der auch Heerstraße v​on Hildesheim n​ach Celle.[2]

Panzerstraße von 1938 zwischen Panzerkaserne Böblingen und Kurmärker Kaserne

Definition

Den Begriff Heerstraße gab es schon im Mittelhochdeutschen als her-strâze. In den „Althochdeutschen Glossen“ wird er verwendet als „via publica, heristraza, herstrazza“[3] Adelungs Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart von 1796 definiert als Heerstraße „eine breite Straße durch ein Land, auf welcher ein Kriegesheer bequem fortkommen kann; die Landstraße, so fern sie durch ein ganzes Land, oder aus einem Lande in das andere gehet.“[4] Das Südhessische Wörterbuch weist die Verwendung des Begriffs super herweg schon 1307 nach.[5] Johann Georg Krünitz verweist in seiner Enzyklopädie auf „Land-Straße“ und stellt im Landstraßenlemma den Zusammenhang mit Heerstraße her: „Sie wird auch die Heer-Straße, oder der Heer-Weg, im Angels. ‚Herestraet’, im mittlern Lat. ‚Herestrata‘, sonst ‚Via militaris’, (genannt), theils von Heer, Krieges-Heer, weil ein Krieges-Heer auf solcher Straße bequem fortkommen kann; theils von Heer, eine jede Menge Menschen.“[6] Das Deutsche Wörterbuch der Gebrüder Grimm definiert im Lemma „Heerstrasze“ den Begriff Heerstraße so: „strasze für das heer, breite landstrasze, ahd. heristrâʒa“ (althochdeutsch) und weist darauf hin, dass früher unter Heerstraße eine Römerstraße verstanden wurde. Wörtlich heißt es: „Bemerkenswert wird in einer quelle von 1464 noch unterschieden zwischen heerstrasze (Römerstrasze) und landstrasze, letztere als die strasze genommen, die mehrere orte des engern landes unter einander verbindet: ‚zwüschent der heerstrausz und lantstrausz. ein acker nebent der heerstrausz und nebent der lantstrausz hinuf’.“[7]

Militärstraßen in den Alpen

Militärstraße in den Alpen aus dem Ersten Weltkrieg, bekannt als Strada delle 52 Gallerie

Im gesamten Alpenraum besteht h​eute noch e​in weit gespanntes Netz v​on ehemaligen Militärstraßen. So b​aute Österreich i​n der Mitte d​es 19. Jahrhunderts i​n den Alpen e​ine neue Heerstraße a​us dem oberen Etschtal d​urch das südliche Tirol (später a​ls Südtirol z​u Italien gehörend) m​it dem Ziel, m​it Truppen n​icht durch Schweizer Gebiet ziehen z​u müssen.[8] Die alpinen Straßen h​aben vielfach i​hren Ursprung i​n Konflikten zwischen Italien u​nd Frankreich i​n den Seealpen u​nd im Wesentlichen a​us Zeiten d​es Ersten Weltkrieges u​nd Konflikten zwischen Italien u​nd Österreich-Ungarn i​m heutigen Trentino u​nd Südtirol.

Eindrucksvoll i​st der Verlauf dieser Straßen, d​ie teilweise a​n senkrechten Felswänden i​m kompakten Fels gebaut worden sind. Bestes Beispiel i​st die Strada d​elle 52 Gallerie. Genutzt w​ird dieses historische Wegenetz h​eute gerne v​on Wanderern u​nd Mountainbikefahrern, d​a die Wege m​it relativ flachen Steigungen hochalpine Regionen erschließen. In früheren Zeiten w​urde über d​iese Straßen d​er gesamte militärische Nachschub organisiert. Auch tonnenschweres Militärgerät, z​um Beispiel Kanonen, musste bergauf transportiert werden können. Im italienischen Trentino u​nd Südtirol f​olgt heute d​er Sentiero d​ella Pace, d​er Friedensweg, d​en ehemaligen Militärstraßen u​nd tangiert hierbei d​ie ehemaligen Kriegsschauplätze.

Heerstraßen heute

In zahlreichen Städten und Landgemeinden Deutschlands finden sich auch im 21. Jahrhundert noch Straßen, die den Begriff „Heerstraße“ in ihrem von der Stadt- oder Gemeindeverwaltung festgelegten Namen haben oder auch als überregionale Straßen mit diesem Begriff belegt sind. Dies sind beispielsweise „Heerstraße Brandenburg–Magdeburg“, „Bonn-Aachener Heerstraße“, „Münder Heerstraße“, „Bernauer Heerstraße“ von der Zitadelle Spandau in Richtung Osten bis Stettin, aber auch „Bernauer Heerstraße“ in Frankfurt(Oder), „Bremer Heerstraße“ in Oldenburg, „Osterholzer Heerstraße“, „Leher Heerstraße“, „Horner Heerstraße“, „Bremerhavener Heerstraße“, „Bremer Heerstraße“, „Oslebshauser Heerstraße“, „Gröpelinger Heerstraße“, „Waller Heerstraße“ sowie „Schwachhauser Heerstraße“ in Bremen, „Celler Heerstraße“ in Braunschweig, „Hannoversche Heerstraße“ in Celle, „Alte Heerstraße“ in St. Augustin und Kaarst, „Heerstraße (Berlin)“, „Heerstraße“ in Bad Neuenahr, Bonn, Köln, Herne, Hilden, Mülheim an der Ruhr, „Heerstraße“ als Teilabschnitt der AltstraßeElisabethenstraße“ in Frankfurt am Main-Praunheim, Wiesbaden und Hadmersleben.

Siehe auch

Commons: Römerstraßen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Beschreibung des Oberamts Leonberg, J. B. Müllers Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Band 30, S. 81 Digitalisat
  2. Anton Friedrich Büsching: Magazin für die neue Historie und Geographie, verlegt von Johann Jacob Curt, Halle 1780, Band 14, S. 329 und weitere Digitalisat
  3. Elias von Steinmeyer: Die althochdeutschen Glossen, gesammelt und bearbeitet von Elias von Steinmeyer und Eduard Sievers, Weidmann-Verlag, Band 1 Glossen zu biblischen Schriften. Berlin 1879, S. 356 Digitalisat
  4. Johann Christoph Adelung: Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, 2. Auflage, Leipzig 1796, Band 2, Spalte 1055 Digitalisat
  5. Maurer-Mulch: Südhessisches Wörterbuch, Marburg 1973 bis 1977, Band 3, Spalte 309, Lemma „Heer-straße“. Südhessisches Wörterbuch. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  6. Johann Georg Krünitz: Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirthschaft, Leipzig 1796, Band 63, S. 3,
  7. Jacob Grimm und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Band 10, Spalte 761 Digitalisat
  8. Die neue Heerstraße über den Paß Finstermünz, in: Mnemosyne, Beiblatt zur neuen Würzburger Zeitung, Würzburg 1859, Nr. 51 vom 26. Juni 1859, S. 207 Digitalisat
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