Marc Armand Ruffer
Sir Marc Armand Ruffer (* 1859 in Lyon; † 15. April 1917 in der Ägais/Griechenland nordöstlich von Milos auf einer Seefahrt von Thessaloniki nach Ägypten[1]) war ein französisch-englischer Bakteriologe, Pathologe und Hygieniker. Er gilt als Begründer der Paläopathologie und wurde für seinen erfolgreichen Kampf gegen Cholera und andere Infektionskrankheiten zum Ritter geschlagen.
Leben
Ruffer wurde als Sohn einer Lyoner Bankiersdynastie 1859 in Lyon geboren. Seine Mutter war eine Deutsche, sein Vater war der angesehene Baron Jaques de Ruffer. Sie ließen ihren Sohn in Deutschland, Frankreich und England ausbilden. In Oxford graduierte dieser in Kunst und in London schloss er ein Medizinstudium ab. Danach war er als Bakteriologe und Pathologe tätig und arbeitete eine kurze Zeit mit Louis Pasteur am gleichnamigen Institut[2] zusammen.
Ab 1891 war er der erste Direktor des British Institute of Preventive Medicine, dem heutigen Lister Institute of Preventive Medicine; er war somit Joseph Listers direkter Vorgänger. Bei seinen Untersuchungen zur damals lebensbedrohlichen Diphtherie infizierte sich Ruffer mit dem Erreger. Durch die dadurch ausgelösten Nervenlähmungen musste er diesen Posten aufgeben.
Er fuhr daraufhin mit dem Ziel der Genesung in das warme nordafrikanische Klima nach Kairo. Kurz nach seiner Ankunft erhielt er den Lehrstuhl für Bakteriologie an der Kairo Medical School und wurde ein weltweit geschätzter Bakteriologe und Hygieniker. In Kairo untersuchte er als einer der ersten Mediziner systematisch Mumienreste und Skelette und fand dabei unter anderem Befunde von Arteriosklerose, Lungenentzündungen und Tuberkulose. Dies erreichte er, in dem er ein effizientes und schonendes Verfahren zur Rehydrierung von Zellgewebe, welches Mumien entnommen wurde, entwickelte, das noch in den 1960er Jahren Bestand hatte, womit er zum Pionier der Paläopathologie[3] wurde. Unter anderem entdeckte der, dass die Bilharziose bereits vor 3000 Jahren in Ägypten verbreitet war, und begründete damit die Paläoparasitologie.
Er übernahm den Vorsitz des ägyptischen Rates für „Hygiene, See und Quarantäne“, womit ihm die Ausrottung der Cholera in Ägypten gelang, was zusammen mit seinen anderen Verdiensten der Grund für den Ritterschlag als Knight Bachelor im Juli 1916 durch die britische Krone war. Weiterhin arbeitete er in der indischen Seuchenkommission mit und wurde mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges die führende Person des ägyptischen Roten Kreuzes.
Ein weiterer großer Erfolg Ruffers war der direkte Nachweis von Tuberkulosespuren im Weichteilgewebe von ägyptischen Mumien der 21. Dynastie. Die Vermutung, dass die altägyptische Bevölkerung unter Tuberkulose litt, konnte bis dahin nur durch indirekte Nachweise bestätigt werden und das Ergebnis wurde unter Fachkollegen angezweifelt.
Er untersuchte insgesamt tausende Mumien und veröffentlichte die Ergebnisse ab 1917. Unter anderem untersuchte er 253 Skelette von Alamannen aus dem 6. bis 8. Jahrhundert aus dem Südwesten von Deutschland und fasste die Ergebnisse in seinem 1918 erschienenen Artikel „Arthritis deformans and spondylitis in ancient Egypt“ zusammen.
Marc Armand Ruffer kam im April 1917 auf dem Seeweg von Saloniki, wo er den Gesundheitsdienst der griechischen Regierung neu organisieren sollte, nach Ägypten bei der Versenkung des britischen Schiffs Arcadian durch ein deutsches U-Boot ums Leben. Vier Jahre nach seinem Tod wurden seine gesammelten wissenschaftlichen Artikel unter dem Titel „Studies in the Palaeopathalogy of Egypt“ veröffentlicht. Diese gelten nach wie vor als das Standardwerk der Paläopathologie.
Werke (Auszug)
- Arthritis deformans and spondylitis in ancient Egypt. 1918.
- Studies in the Palaeopathology of Egypt. Hrsg. von R. L. Moodie, Chicago 1921.
- Note on the presence of "Bilharzia haematobia" in egyptian mummies of the twentieth dynasty [1250-1000 B.C.], British Medical Journal, Jan. 1910, Vol. 1, Nr. 2557, S. 16, doi:10.1136/bmj.1.2557.16-a
Literatur
- Lexikon der Naturwissenschaftler. Directmedia, Berlin 2005, ISBN 3-89853-485-5.
- Christoph Gradmann: Ruffer, Marc Armand. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1274.
Weblinks
Einzelnachweise
- The University of Glasgow Story: Lieutenant Ronald Stewart.
- R. R. Landes, St. Hall: A Letter from Louis Pasteur to Marc Armand Ruffer. In: Journal of the History of Medicine. Band 39, 1984, S. 356–362.
- A. T. Sandison: Sir Marc Armand Ruffer (1859–1917). Pioneer of Palaeopathology. In: Med. Hist. Band 11, 1967, S. 150–156.