Ludwig Zatzka
Ludwig Zatzka (* 25. August 1857 in Wien; † 14. September 1925 in Spital am Semmering, Steiermark) war ein österreichischer Architekt, Stadtbaumeister und Kommunalpolitiker im Kabinett Karl Luegers. Sein jüngerer Bruder war der Maler Hans Zatzka, er ist der Urgroßvater der Wiener Schauspielerin Hilde Sochor.
Leben
Ausbildung
Zatzka besuchte die Unterrealschule und die Baugewerbeschule und studierte als Gaststudent an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Friedrich von Schmidt, anschließend machte er eine Praxis im Büro des Vaters, des Baumeisters Bartholomäus Zatzka (Fa. Bartholomäus Zatzka u. Söhne).
Bautätigkeit
Von 1882 bis 1892 war Zatzka als freiberuflicher Architekt und Baumeister in Wien tätig, wo er zahlreiche Bauvorhaben im Stil des Spät-Historismus realisierte, etwa in Breitensee, Hietzing und Neubau:[1]
- Neugotische Kirche „St. Laurentius“ (Pfarrkirche Breitensee), errichtet 1895 bis 1898. Backsteinbau mit einer Einturmfassade und einem imposanten Chorabschluss. Das Altarbild und die Gemälde über den Seitenaltären, darstellend die Versuchung Jesu und die Aufnahme des hl. Laurentius in den Himmel, stammen von Hans Zatzka. Ludwig Zatzka selbst hat sich in einer Porträtbüste an der Orgelempore selbst verewigt.
- Volksschule Josefinum und Kinderschutzstation in der Breitenseer Straße 31 (1903)
- Gründerzeit-Häuser in der Breitenseer Straße No. 6 und No. 8 (mit Deckengemälde seines Bruders) sowie Poschgasse 3 (ehemals Bartholomäusgasse, benannt nach Zatzkas Vater) und angrenzendes Haus in der Kuefsteingasse. Als Ganzes bildeten die Häuser ein Ensemble und beinhalten auch eine kleine Kapelle.
- Hietzing Am Platz 4 (mit Deckenfresko von Hans Zatzka) und angrenzendes Haus Maxingstraße 2
- Wohnhäuser in Wien: 1, Bartensteingasse 8; 1, Rathausstraße 2; 6, Linke Wienzeile 12-14; 6, Mariahilfer Straße 107 („Haydn-Hof“); 7, Kirchengasse 24; 7, Breitegasse 28; 7, Lerchenfelder Straße 94-98; 8, Josefstädter Straße 67; 13, Altgasse 2; 12, Kaulbachstraße 31; 18, Gentzgasse 11-13
- Sakralbauten (oft in Zusammenarbeit mit Eduard Zotter): Klosterkirche Marianneum, Wien 12, Hetzendorfer Straße11; Stiftungsgebäude und Kapelle, Mayerling; St. Antonskirche mit angeschlossenem Kloster und Asylheim, Wien 15, Pouthongasse 16; Erweiterung Pfarrkirche Spital am Semmering; Kapelle „Zur unbefleckten Mariä“ (Maria an der Steinwand), Spital am Semmering; Kollegiumgebäude der Jesuiten, Kalksburg; Friedhofskirche zum heiligen Karl Borromäus auf dem Wiener Zentralfriedhof (Entwurf: Max Hegele, Anträge Zatzka; Hochaltarbilder von Hans Zatzka); Kirche in Teschen, Mähren / Tesin (Tschechien); Kirche in Sütor (Ungarn).
- Schulen, Kindergärten und Konvikte.
Ludwig Zatzka zog sich Anfang des 20. Jahrhunderts aus dem Berufsleben zurück, realisierte aber noch vereinzelt bis in den Ersten Weltkrieg hinein einige Projekte. Zatzka lebte im Alter in Spital am Semmering (Steiermark), wo er sich die Villa Zatzka in der Oberen Bahnstraße errichtete und im Ort auch weitere Bauten schuf. Dort verstarb er im 68. Lebensjahr.
Politische Tätigkeit
Zatzka war von 1889 bis 1891 auch Gemeinderat für die christlich-soziale Partei in der damals noch nicht zu Wien gehörenden Gemeinde Breitensee und von 1898 bis 1918 als Stadtrat enger Mitarbeiter von Bürgermeister Karl Lueger, dessen Duzfreund er war. Er hatte großen Einfluss auf die kommunalen Bauvorhaben dieser Zeit, wie die II. Wiener Hochquellenwasserleitung, das Lainzer Versorgungsheim und die Wiener Gas- und E-Werke.
Im März 1904 erhob der radikale Abgeordnete Josef Gregorig Vorwürfe gegen Zatzka, dass dieser die Zuteilung öffentlicher Aufträge beeinflusst und Grundstücksgeschäfte unterstützt hätte, von denen er selbst profitiert hatte sowie dass er seinen Schwiegersohn Franz Hütter protegiert und den Finanzen der Stadt Schaden zugefügt hätte, sodass Bürgermeister Lueger eine Untersuchungskommission „zur Prüfung der Angelegenheit Gregorig-Zatzka“ einsetzen musste. Die Kommission fand nichts Illegales im Tun Zatzkas, konstatierte jedoch, dass er Interessenskonflikten sehr nahegekommen war.[2]
Kunstsammlung
Neben seiner Tätigkeit als Baumeister und Politiker war Zatzka auch ein bedeutender Kunstsammler mittelalterlicher Bronzen (etwa von Niccolò Roccatagliata) und Elfenbeinarbeiten. Als er in den Notzeiten nach dem Ersten Weltkrieg einen Großteil seiner Sammlung verkaufen wollte, wurde er einerseits das Opfer von Betrügern,[3] andererseits der Weltwirtschaftskrise.
Auszeichnungen
Aufgrund seiner Verdienste wurde eine Parkanlage (Hütteldorfer Straße/Kendlerstraße) in Wien nach Zatzka benannt. Seine Bedeutung als Kommunalpolitiker wird anhand von Auszeichnungen und Orden deutlich: Ritter des Franz-Joseph-Ordens, Komturkreuz des päpstlichen Silvesterordens, Jubiläumsmedaille 1898, Ehrenbürger der Gemeinde Spital am Semmering in der Steiermark, Orden der Eisernen Krone III. Klasse (jedoch ohne eine Erhebung in den Adelstand) und das Ritterkreuz des Gregoriusordens.
Zatzka erhielt ein Begräbnis durch die Christlichsoziale Partei, an dem viele bedeutende Politiker, wie u. a. Leopold Kunschak, teilnahmen. Das von Zatzka erbaute Mausoleum der Familie Zatzka befindet sich am Hietzinger Friedhof.
Literatur
- Heinrich May: Breitensee in alter u. neuer Zeit. Selbstverlag des Verfassers, Wien 1933
- Hans Schinner: Breitensee – Vom Dorf zur Großstadtpfarre. Wiener Dom-Verlag, Wien 1976 ISBN 3-85351-081-7
- Nachruf. Österreichische Bauzeitung, Januar 1925
- Bernhard Reismann: Geschichte der Gemeinde Spital am Semmering. Spital am Semmering 1997
- Hilde Sochor: "Kinder, Küche, Bühne", Amalthea Verlag, Wien 2011, ISBN 9783850027687
Weblinks
- Ludwig Zatzka. In: Architektenlexikon Wien 1770–1945. Herausgegeben vom Architekturzentrum Wien. Wien 2007.
Einzelnachweise
- Architekturlexikon des Architekturzentrums Wien
- John W. Boyer: Culture and Political Crisis in Vienna: Christian Socialism in Power, 1897-1918. University Of Chicago Press, 1998.
- Neue Freie Presse, 2. Januar 1923