Liste der Klassischen Philologen an der Westfälischen Wilhelms-Universität
Die Liste der Klassischen Philologen in Münster zählt Hochschullehrer dieses Faches auf, die an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und ihren Vorgängereinrichtungen das Fach Klassische Philologie vertraten.
Geschichte
Von der Gründung der Universität (1780) bis zur Seminargründung (1824)
Die Anfänge der Klassischen Philologie als akademischer Disziplin sind in Münster eng mit dem Gymnasium Paulinum verbunden. Der katholische Theologe Johann Hyacinth Kistemaker wurde 1786 zum Professor für Alte Sprachen ernannt und war der erste Vertreter dieses Faches an der 1780 inaugurierten Universität Münster. Er war von 1794 bis 1819 gleichzeitig Direktor des Gymnasiums Paulinum. Neben Kistemaker wirkte von 1801 bis 1841 Johann Christoph Schlüter. Die Universität in Münster blieb auch nach ihrer Umwandlung in eine Akademische Lehranstalt (1818) ein Zentrum der Theologen- und Lehrerausbildung in der Region.
Kistemaker trat 1820 aus gesundheitlichen Gründen von der Gymnasialdirektion und ein Jahr später von seinem akademischen Lehramt zurück. Sein Nachfolger wurde Hermann Ludwig Nadermann, der 1820 zum Gymnasialdirektor und 1824 zum Mitglied der wissenschaftlichen Prüfungskommission für die Lehrerausbildung ernannt wurde. Er richtete noch im selben Jahr das Philologisch-Pädagogische Seminar ein, das der praktischen Vorbereitung der Studenten auf den Lehrerberuf diente und dem Nadermann als Direktor vorstand. Es wurde am 18. November 1824 eröffnet.
Das Seminar an der Akademie (bis 1902)
Neben Nadermann wirkten seit den 1820er Jahren Heinrich Wilhelm Grauert und Franz Winiewski. Bei der Umwidmung der Akademischen Lehranstalt zu einer Königlichen Theologischen und Philosophischen Akademie (1843) wurden die zwei ordentlichen Lehrstühle Nadermanns und Winiewskis in die neugegründete Philosophische Fakultät übernommen, die insgesamt über fünf Ordinariate verfügte. Außerdem wurde 1843 Ferdinand Deycks als Professor für Römische und Deutsche Literatur, Ästhetik und Rhetorik berufen. Er wurde 1845 zum zweiten Seminardirektor neben Nadermann ernannt. Als Nadermann 1853 zurücktrat, wurde Deycks zum ersten und Winiewski zum zweiten Seminardirektor ernannt.
Zur Unterstützung der Seminardirektoren wurde 1861 eine dritte, außerordentliche Professor für griechische und römische Literatur eingerichtet, die zunächst Winiewskis Schüler Franz Ignaz Schwerdt versah. Nach seinem Abschied (1886) erhielt der Privatdozent Adalbert Parmet 1869 die Professur.
Nach Deycks’ Tod (1867) fand ein Wechsel in der Seminarleitung statt: Winiewski wurde 1868 zum Ersten Direktor ernannt, Deyck’s Nachfolger Peter Langen (Professor für Lateinische Sprache und Literatur) zum Zweiten Direktor.
Winiewski starb 1874. Seine Nachfolge trat der Gräzist Johann Matthias Stahl an, der mehr als drei Jahrzehnte an der Akademie Münster tätig war. Er wurde 1892 zum Rektor gewählt und erlebte 1902 die Erhebung der Akademie zur Universität durch Kaiser Wilhelm II.
Das Seminar bzw. Institut an der Westfälischen Wilhelms-Universität
Während des 19. Jahrhunderts hatten die Klassischen Philologen in Münster auch die Alte Geschichte und die Archäologie vertreten. Heinrich Wilhelm Grauert, ein Schüler des Berliner Historikers Barthold Georg Niebuhr, wurde 1827 zum außerordentlichen Professor für alte Literatur und Geschichte ernannt. Er hielt im Rahmen des Philologisch-Pädagogischen Seminars ab 1830 historische Übungen ab und wurde 1835 zum ordentlichen Professor für allgemeine Geschichte ernannt. 1860 wurde ein weiterer (außerordentlicher) Lehrstuhl für Alte Geschichte eingerichtet. Das Fach Archäologie vertraten zu Anfang die Philologen (als erster Johann Christoph Schlüter), die Vorlesungen über Topographie und „Alterthümer“ hielten. Als eigenes Fach wurde die Archäologie erst 1883 etabliert, als eine planmäßige außerordentliche Professur für das Fach eingerichtet und mit Arthur Milchhoefer besetzt wurde (siehe Liste der Klassischen Archäologen an der Westfälischen Wilhelms-Universität). Für Carl Hosius wurde 1897 eine außerordentliche Professur eingerichtet, die 1918 zu einem ordentlichen Lehrstuhl erhoben wurde.
Um den Studierenden ein möglichst interdisziplinäres altertumswissenschaftlichen Studium nahezubringen, schlossen die Direktoren des Philologischen Seminars (Kroll, Sonnenburg) und des Althistorischen Seminars (Otto Seeck) sich 1909 in einem Institut für Altertumskunde zusammen, dem sich 1910 auch der Sprachwissenschaftler Otto Hoffmann und 1914 schließlich der Archäologe Friedrich Koepp anschloss. Peter Sonnenburg und Karl Münscher sowie Wünschs Nachfolger Hermann Schöne blieben jeweils bis zu ihrer Emeritierung in Münster. Zu Sonnenburgs Nachfolger wurde 1931 Franz Beckmann ernannt, auf Schönes Lehrstuhl folgte Walter Eberhardt (zunächst als Lehrstuhlvertreter). Münschers Lehrstuhl blieb nach seinem Tod (1936) unbesetzt.
Während der Zeit des Nationalsozialismus bemühte sich die Philosophische Fakultät, den nationalsozialistischen Einfluss auf die Hochschulpolitik einzudämmen. Dennoch konnte sie die Berufung des profilierten Nationalsozialisten Walter Eberhardt nicht verhindern. Sonnenburgs Lehrstuhlnachfolger Franz Beckmann wahrte Distanz zu den Nationalsozialisten und blieb bis zu seiner Emeritierung (1963) im Amt.
Seit 1953 existieren in Münster wieder drei Lehrstühle für Klassische Philologie, von denen einer der Gräzistik und zwei der Latinistik gewidmet sind. Neben den Lehrstuhlinhabern sind derzeit (Stand: September 2010) vier Assistenten und zahlreiche Lehrbeauftragte am Seminar tätig.
Liste der Klassischen Philologen
Angegeben ist in der ersten Spalte der Name der Person und ihre Lebensdaten, in der zweiten Spalte wird der Eintritt in die Universität angegeben, in der dritten Spalte das Ausscheiden. Spalte vier nennt die höchste an der Universität Münster erreichte Position. An anderen Universitäten kann der entsprechende Dozent eine noch weitergehende wissenschaftliche Karriere gemacht haben. Die nächste Spalte nennt Besonderheiten, den Werdegang oder andere Angaben in Bezug auf die Universität oder das Seminar. In der letzten Spalte stehen Bilder der Dozenten.
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Lehrstuhlinhaber
Erstes Ordinariat:
- Hermann Ludwig Nadermann (1821–1853)
- Ferdinand Deycks (1843–1867)
- Peter Langen (1868–1897)
- Peter Sonnenburg (1898–1928)
- Franz Beckmann (1931–1963)
- Hermann Tränkle (1963–1972)
- Christian Gnilka (1972–2002)
- Christine Schmitz (seit 2002)
Zweites Ordinariat:
- Franz Winiewski (1838–1874)
- Johann Matthias Stahl (1874–1906)
- Wilhelm Kroll (1906–1913)
- Richard Wünsch (1913–1915)
- Hermann Schöne (1916–1935)
- Walter Eberhardt (1937–1946)
- Friedrich Mehmel (1947–1951)
- Richard Harder (1952–1957)
- Gerhard Müller (1958–1962)
- Martin Sicherl (1963–1982)
- Wolfgang Hübner (1986–2004)
- Alexander Arweiler (seit 2004)
Drittes Ordinariat (zeitweise Extraordinariat):
- Carl Hosius (1897–1906)
- Ludwig Radermacher (1906–1909)
- Karl Münscher (1909–1936)
- Rudolf Güngerich (1951–1953)
- Hermann Kleinknecht (1953–1960)
- Heinrich Dörrie (1961–1980)
- Hermann Wankel (1981–1991)
- Adolf Köhnken (1992–2002)
- Christian Pietsch (seit 2003)
Literatur
- Johann August Ludwig Fürstenthal: Sammlung aller noch gültigen, in dem Allgemeinen Landrecht, der Gesetzsammlung, den v. Kamptzschen Jahrbüchern und Annalen, der Raabeschen Sammlung und den Amtsblättern sämmtlicher Königl. Regierungen seit ihrer Begründung bis Ende 1838 enthaltenen, das Kirchen- und Schulwesen betreffenden Gesetze, Rescripte und Verfügungen; ein Handbuch für Konsistorien, Schulkollegien, Regierungen und Landraths-Aemter; Decane, Superintendenten, Schulen-Inspektoren und Pfarrgeistliche beider Confessionen; Magisträte, Dominien und Gemeinden; Gymnasien, Seminarien, Bürger- und Volksschulen; Kirchen- und Schul-Deputationen und Vorstände in den Städten und auf dem platten Land in den Königl. Preußischen Staaten, Band 3: L–Schulki, Cöslin 1839. S. 234–235 (zur Einrichtung des Philologisch-Pädagogischen Seminars).
- Peter Respondek: Besatzung, Entnazifizierung, Wiederaufbau: Die Universität Münster 1945–1952. Ein Beitrag zur Geschichte der deutsch-britischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Bildungssektor. Münster 1995.
- Max Wegner: Altertumskunde. In: Heinz Dollinger (Hrsg.): Die Universität Münster 1780–1980, Münster 1980. S. 415–419 (überblicksartige Zusammenstellung, im Einzelnen zu berichtigen).