Lisa Paus
Elisabeth „Lisa“ Paus (* 19. September 1968 in Rheine) ist eine deutsche Politikerin (Bündnis 90/Die Grünen) und Diplom-Volkswirtin. Sie zog 2009 über die Berliner Landesliste in den Deutschen Bundestag ein.
Leben
Lisa Paus ist die Tochter des Unternehmers und Maschinenfabrikanten Hermann Paus. Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr im Hamburger Kinderheim St. Elisabeth ging Lisa Paus 1988 zum Studium nach Berlin. 1999 machte sie dort ihren Abschluss als Diplom-Volkswirtin an der Freien Universität Berlin. Von 1997 bis 1999 arbeitete sie für den Europaabgeordneten Frieder Otto Wolf. 2004 war sie Lehrbeauftragte für Volkswirtschaft an der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) Berlin. Seit Januar 2009 ist sie Mutter eines Sohnes. Sie ist alleinerziehend. Ihr Lebenspartner starb 2013 an Krebs.[1]
Politik
Seit 1995 ist sie Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Sie engagierte sich auf verschiedenen Ebenen der Berliner Grünen und war u. a. Mitglied des Landesvorstandes (1997 bis 1999), Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Finanzen (1997 bis 2002) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft Wissenschaft, Hochschule und Technologie (2005 bis 2007). 1999 wurde sie Mitglied im Abgeordnetenhaus von Berlin. Dort war sie unter anderem wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion. Außerdem war sie europapolitische Sprecherin (1999 bis 2006), wissenschaftspolitische Sprecherin (2001 bis 2006), haushaltspolitische Sprecherin (2006 bis 2009) und Mitglied im Fraktionsvorstand (1999 bis 2000, 2002 bis 2004).
Paus wurde über Platz drei der Berliner Landesliste der Grünen 2009 und 2013 in den Bundestag gewählt. In der Legislaturperiode von 2009 bis 2013 war sie Mitglied des Finanzausschusses und des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Im Januar 2017 kündigte Paus ihre Bewerbung um die Berliner Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2017 an, nachdem Renate Künast, seit 2002 Spitzenkandidatin gewesen, darauf verzichtet hatte.[2] Bei der Kandidatenaufstellung für Listenplatz 1 setzte sie sich im März mit 798 zu 308 Stimmen gegen Bettina Jarasch durch[3] und zog im September wieder in den Bundestag ein.
In der Legislaturperiode ab 2017 ist Lisa Paus erstmals finanzpolitische Sprecherin[4] ihrer Fraktion. Sie ist Mitglied und Obfrau im Finanzausschuss. Ihre Schwerpunkte sind Kampf gegen Steuerbetrug, Steuerumgehung, Immobilienspekulation und Geldwäsche, nachhaltige Stabilisierung des Finanzmarktes, Finanzierung von bezahlbarem Wohnraum und mehr Steuergerechtigkeit – insbesondere für arme Familien und Alleinerziehende. Als finanzpolitische Sprecherin ist sie Leiterin der AG Finanzen der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Außerdem ist sie stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss und ebenso stellvertretend im Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie dem 3. Untersuchungsausschuss. Sie leitet auch die Berliner Landesgruppe von Bündnis 90/Die Grünen.
Zur Bundestagswahl 2021 wurde sie von den Berliner Grünen zur Spitzenkandidatin gewählt.[5] Sie unterlag im Wahlkreis 80 und zog über die Landesliste erneut in den Bundestag ein. Am 7. September 2021 wurde sie zur stellvertretenden Vorsitzenden ihrer Bundestagsfraktion gewählt.
Politische Positionen
Paus unterstützt die Wiedereinführung der Vermögensteuer.[6] Für ein diskutables Modell hält sie dazu den Vorschlag des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.[7] Lisa Paus tritt für eine Bundessteuerverwaltung ein, um Steuerhinterziehung einzudämmen. Ihr Ziel ist, den unterschiedlichen Steuervollzug der Finanzämter in den verschiedenen Bundesländern wirkungsvoller zu machen.[8] Um Steuerbetrug und Steuervermeidung zu stoppen, befürwortet sie außerdem ein internationales Transparenzregister und automatischen Datenaustausch. Damit Deutschland nicht selbst als Steueroase agieren kann, fordert sie eine Aufhebung des Bankengeheimnisses und eine aktive Meldung der Bankguthaben von Steuerausländern an Drittstaaten oder eine Erhebung der Quellensteuer, falls dies – wie bei Bürgerkriegsstaaten – nicht möglich ist.[9] Sie ist die Verantwortliche der Grünen Bundestagsfraktion zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer.[10]
Paus befürwortet eine stufenweise Angleichung des durch das Ehegattensplitting bei unterschiedlichem Einkommen niedrigeren Durchschnittssteuersatzes gemeinsam veranlagter Ehepaare an einzeln veranlagte Personen. Stattdessen sollen Kinder und ihre Familien „unabhängig vom Trauschein“ durch eine Kindergrundsicherung gefördert werden.[11]
Lisa Paus setzte sich für eine qualitativ bessere und flexiblere Kinderbetreuung ein, die insbesondere Alleinerziehenden die Aufnahme von Berufstätigkeit erleichtern soll. Sie befürwortet eine Erweiterung von Kita-Öffnungszeiten, mehr Betriebskitas und vor allem einen Ausbau des Tagesmütter-/Tageselternsystems in die Abend- und Nachtstunden hinein.[12]
Paus tritt für die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit ein, um sozial orientierte Bauträger zu fördern. Kommunale Wohnungsbaugesellschaften, Baugenossenschaften, aber auch private Vereine oder Personen sollen mit Steuererleichterungen und Investitionszulagen gefördert werden, wenn sie dauerhaft preisgünstige Mietwohnungen errichten.[13][14]
Lisa Paus ist für eine Erweiterung des Gemeinnützigkeitsbegriffes im Steuerrecht: Ziel ist, dass auch Organisationen, die sich beispielsweise für Menschenrechte oder Frieden einsetzen, in den Genuss der steuerlichen Förderung kommen. Andererseits plädiert sie auch für mehr Transparenz im Gemeinnützigkeitsektor und für ein bundesweites, öffentlich einsehbares Gemeinnützigkeitsregister.[15]
Mitgliedschaften
Paus ist Mitglied der deutsch-irischen Parlamentariergruppe,[16] der deutsch-italienischen Parlamentariergruppe und der Parlamentariergruppe Malta-Zypern.
Gesellschaftliches Engagement
Außerparteilich ist sie als stellvertretende Vorsitzende der Europa-Union Berlin e. V. aktiv. Ferner ist sie Mitglied des Beirats Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, Mitglied bei Attac Deutschland, Mitglied bei der Berliner Tafel e. V., Mitglied im Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung e. V., Mitglied der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen Berlin-Brandenburg und Mitglied im Kuratorium des Instituts Finanzen und Steuern e. V.
Weblinks
- Homepage
- Seite über Lisa Paus bei der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen
- Biografie beim Deutschen Bundestag
- Lisa Paus auf abgeordnetenwatch.de
Einzelnachweise
- Lisa Paus: Zur Person & Pressefotos – Biografie. 29. August 2017, abgerufen am 21. März 2021.
- Berlins Grüne kämpfen um Listenplatz 1 auf tagesspiegel.de, 25. Januar 2017, abgerufen 9. November 2017
- Berliner Grüne: Lisa Paus deklassiert Bettina Jarasch auf morgenpost.de, 25. März 2017, abgerufen 10. November 2017
- Deutscher Bundestag - Lisa Paus. Abgerufen am 13. Mai 2019.
- RBB 24: Berliner Grüne machen Lisa Paus zu ihrer Spitzenkandidatin. 21. März 2021, abgerufen am 22. März 2021.
- taz.de
- diw.de (PDF; 521 kB)
- Antrag: Für eine Bundessteuerverwaltung – Gleiche Grundsätze von Flensburg bis zum Bodensee. (PDF; 142 kB) Deutscher Bundestag; abgerufen am 17. August 2016.
- bundestag.de
- grüne Steuerpläne: Entlastung für 90 Prozent, Gleichbehandlung für die Reichsten 10 Prozent. Persönliche Website von Paus; abgerufen am 19. Februar 2014.
- lisa-paus.de (Memento vom 23. Februar 2014 im Internet Archive) (PDF)
- tagesspiegel.de
- dipbt.bundestag.de (PDF; 240 kB)
- Jan Kuhnert, Olof Leps: Neue Wohnungsgemeinnützigkeit. Springer, ISBN 978-3-658-17569-6, S. 625.
- b-b-e.de (Memento vom 29. Juli 2016 im Internet Archive)
- Deutscher Bundestag - Lisa Paus. Abgerufen am 13. Mai 2019.