Löwenzahnsalat
Löwenzahnsalat ist ein Blattsalat aus den jungen, zarten Blättern des Gewöhnlichen Löwenzahns,[1][2] in Korea und Japan aus den jungen rohen Blättern des weißblühenden Löwenzahns (Taraxacum platycarpum).[3][4] Der Löwenzahn zählt in der Küchensprache zum Wildgemüse, seine Blätter sind mild und leicht bitter im Geschmack und seine Wurzeln süßlich. In einigen Ländern werden dem Löwenzahnsalat traditionell würfliger Speck, Croûtons mit Knoblauchgeschmack, zerteilte hartgekochte Eier oder Walnüsse beigegeben.[1][2]
Zubereitung
Die besten und zartesten Blätter werden früh im Frühling geerntet, bevor die Pflanze zu blühen beginnt. Während der Blütezeit ist Löwenzahn zu bitter für den Verzehr.[5]
Die Blätter werden kurz und gründlich gewaschen, bevor sie mit Specksauce (was ihre Bitterkeit abmildert) oder mit Essig-Öl-Kräuter-Sauce angerichtet werden. Löwenzahn wird auch mit anderen Blattsalaten gemischt. Die Wurzeln können gehackt ebenfalls zum Salat verwendet werden.[6][7]
Viele Amerikaner sammeln immer noch Löwenzahn in freier Natur. Auf den Tischen der Pennsylvania Dutch war (und ist) Löwenzahn ein Herzstück an Gründonnerstag, wenn Familien auf die Felder gehen, um die Pflanze für warme Salate mit Speckdressing und Schinken zu sammeln.[8]
Geschichte
Löwenzahn als Medizin ist bereits aus den schriftlichen Nachlässen des Avicenna (980–1037) und der Klöster bekannt, als Lebensmittel aber erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als einige schmackhafte Sorten gezogen wurden.[5] Die Kultivierung begann im 19. Jahrhundert in Frankreich und Großbritannien, als man die Wurzeln ausgrub und in dunklen Kellern einpflanzte, um gebleichte Wurzeln zu erzielen, ähnlich den barbe de capucin.[6]
In die Vereinigten Staaten von Amerika gelangte der Löwenzahn mit den frühen Siedlern[5], hier wird Löwenzahn noch im Dunklen angebaut, was zu blasseren, breiteren und nicht so bitteren Blättern wie bei der Wildform führt, die sehr jung geerntet werden muss, solange ihre Bitterkeit noch angenehm im Geschmack ist.[6] In Großbritannien schaffte Löwenzahnsalat es zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf die Speisekarten einiger Restaurants, aber nicht auf die Märkte wie in den USA, wo er als „dandelion greens“ verkauft wird („dandelion“ wurde von dem französischen „dent de lion“ für „Löwenzahn“ übernommen).[9]
Kultur- und Wildarten von Löwenzahn
Man unterscheidet wildwachsende und kultivierte Arten. Das Wildkraut wird von November bis März auf den Feldern gesammelt und kultivierte Sorten werden angebaut, die jungen Blätter werden roh im Salat gegessen oder wie Spinat gekocht.[10] Die Blätter der Kulturform haben gebleichte schmale, zarte und stärker gezähnte Blätter als die des wilden Löwenzahns.[7]
Historisch gesehen wurden drei Sorten für die Küchengärten kultiviert. In den 1840ern widmete man sich der Verbesserung des wilden Löwenzahns und entwickelte bereits die drei Grundsorten, die sich alle deutlich voneinander unterscheiden.
- Die breitblättrige Sorte pissenlit très hautif à large feuille war in den USA in warmen Salaten beliebt.
- Die kohlartige Sorte pissenlit à cœur plein mit festem Herz war bei europäischen Gärtnern beliebt, weil sie blanchiert und teuer verkauft werden konnte.
- Die dritte Art, Pissenlit-Mousse, ist der gekräuselten Endivie ähnlich und in Italien beliebt, nicht zu verwechseln mit dem irreführenden italienischen Handelsnamen „Löwenzahn“, der in Italien für Cicoria catalogna verwendet wird.[8]
Die Gartenbaugesellschaft New Hampshire Horticultural Society berichtete 1949, dass „kein Samen des minderwertigen koreanischen Löwenzahns mit weißen Blüten nach Amerika gebracht wurde. Stattdessen wurden Samen verbesserter amerikanischer Löwenzahnsorten für die Koreaner importiert. Unsere amerikanischen Sorten sind ihren Wildpflanzen weit überlegen“.[11]
Bezeichnungen und Verwechslung
Dem Löwenzahn werden seit altersher gesundheitsfördernde Eigenschaften zugesprochen, unter anderem wurde er historisch als Diuretikum eingesetzt.[5] In Frankreich heißt der Löwenzahnsalat auch salade de pissenlit (piss en lit ‚piss ins Bett‘) als Hinweis auf seine angeblich harntreibenden Eigenschaften; in elsässischen, saarländischen und pfälzischen Dialekten heißt er entsprechend „Bettseichersalat“; eine andere elsässische Bezeichnung ist Brunzblumensalat oder auch Kuhblumensalat.[12]
Die Bezeichnung des Löwenzahns als (wilde) Zichorie ist in mehreren deutschsprachigen Regionen gebräuchlich.[13][14] Otto Brunfels berichtete schon in Band 2 seines Novum herbarium 1531, dass vielerorts fälschlicherweise Cichorea (Zichorie bzw. Wegwarte) und Taraxacon (Löwenzahn) verwechselt worden seien, die Wegwarte habe jedoch blaue und der Löwenzahn gelbe Blüten.[15] Dies liegt vermutlich daran, dass die junge Zichorie beim Austreiben dem Löwenzahn sehr ähnlich sieht und außerdem die jungen Blätter beider Pflanzen jeweils ohne Blüten verkauft werden.[16] In Österreich heißt der Salat „Zichoriensalat“ (Zigurisalat) oder auch „Röhrlsalat“.[17] In den Amana Colonies in den USA heißt er Ziggoriesalat; die Anbautradition wurde aus der alten Welt mitgebracht, als es in Südwestdeutschland üblich war, Beete mit Löwenzahn anzulegen. Im Frühjahr wurden die Pflanzen mit Stroh abgedeckt, um sie am Schießen zu hindern. Der Löwenzahn wird kleingeschnitten und mit hartgekochten Eiern in eine warme säuerliche Rahmsauce mit gebratenen Zwiebeln gegeben.[18] Manchmal wird in Restaurants und auf Märkten unter der Bezeichnung Löwenzahnsalat der Blattchicoree "Catalogna" angeboten, dessen junge Blätter ähnlich wie Löwenzahnblätter aussehen und schmecken, seine Blüten sind jedoch blau und nicht gelb.[19]
Einzelnachweise
- New Larousse Gastronomique. Octopus, 2018, ISBN 978-0-600-63587-1.
- John Ayto: The Diner’s Dictionary: Word Origins of Food and Drink. OUP Oxford, 2012, ISBN 978-0-19-964024-9, S. 114.
- Geol Yu: Authentic Korean Food with Edible Wild Herbs: Healthy dishes made with 100 wild herbs. JADAM, 2021, ISBN 978-89-89220-49-7 (google.com [abgerufen am 31. Januar 2022]).
- Michael Ashkenazi, Jeanne Jacob: Food Culture in Japan. Greenwood Publishing Group, 2003, ISBN 978-0-313-32438-3, S. 51 (google.com [abgerufen am 31. Januar 2022]).
- Michael T. Murray, Joseph Pizzorno: The Encyclopedia of Healing Foods. Simon and Schuster, 2010, ISBN 978-1-4391-0344-9, S. 190.
- Alan Davidson: The Oxford Companion to Food. OUP Oxford, 2014, ISBN 978-0-19-104072-6, S. 247.
- F. Jürgen Herrmann; Thea und Dieter Nothnagel: Lehrbuch für Köche. Hamburg 1999, ISBN 978-3-582-40055-0, S. 28, 266.
- William Woys Weaver: Heirloom Vegetable Gardening: A Master Gardener’s Guide to Planting, Seed Saving, and Cultural History. Voyageur Press, 2018, ISBN 978-0-7603-5992-1, S. 372–373.
- John Ayto: The Diner’s Dictionary: Word Origins of Food and Drink. OUP Oxford, 2012, ISBN 978-0-19-964024-9, S. 114.
- Prosper Montagne, Prosper Montagné, Charlotte Turgeon: New Larousse Gastronomique. Crown Publishers, 1977, ISBN 978-0-517-53137-2, S. 303.
- E. M. Meader: Korean plant Immigrants. Hrsg.: New Hampshire Horticultural Society. 1949, S. 78.
- Ernst Martin, Hans Lienhart: Wörterbuch der elsässischen Mundarten. Walter de Gruyter, 2012, ISBN 978-3-11-088781-5, S. 347.
- Neujahrsblatt der Naturforschende Gesellschaft Schaffhausen. Buchdr. Karl Augustin, 1949 (google.de [abgerufen am 2. Februar 2022]).
- Bruno Vonarburg: Homöotanik: Zauberhafter Frühling. Band 1. Georg Thieme Verlag, 2005, ISBN 978-3-8304-7225-4, S. 135 (google.com [abgerufen am 2. Februar 2022]).
- Otto Brunfels: Novi herbarii tomus II. Johannes Schott, s. l. 1531, S. 166. Digitalisat auf GoogleBooks. Brunfels zitiert hier den Arzt Marco Gatinaria (1442–1496), der dies bereits in seinem Buch De curis egritudinum particularium Noni Almansoris Practica geschrieben hatte (gedruckt unter anderem 1506 bei Bevilaqua in Lugdunum, siehe Digitalisat).
- Hans Schurter: Die Ausdrücke für Löwenzahn im Galloromanischen. Diss. Phil. In: Sprachgeographische Arbeiten. M. Niemeyer, 1921, S. 25.
- Ernst Mayerhofer, Clemens Pirquet von Cesenatico (Hrsg.): Lexikon der Ernährungskunde. Springer-Verlag, 2019, ISBN 978-3-7091-2172-6, S. 650.
- Emilie Hoppe: Seasons of Plenty: Amana Communal Cooking. University of Iowa Press, 1998, ISBN 978-1-60938-029-8, S. 37–38.
- The Chef's Garden: A Modern Guide to Common and Unusual Vegetables--with Recipes. Penguin, 2021, ISBN 978-0-525-54107-3, S. 202.