Kurt Lisso
Ernst Kurt Lisso (* 7. März 1892 in Großbadegast; † 18. April 1945 in Leipzig) war ein Leipziger Jurist und ab 1933 ein nationalsozialistischer Lokalpolitiker, der vor allem durch Fotografien Bekanntheit erlangte, die nach seinem Suizid am 18. April 1945 zum Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden.
Leben
Lisso studierte bis 1914 Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig, von 1916 bis 1918 nahm er als Kompanieführer am Ersten Weltkrieg teil. Er promovierte 1922 zum Thema "Die Entwicklung des Jugendstrafrechts in Deutschland"[1], anschließend war er als selbstständiger Jurist in Leipzig tätig.[2] Im Dezember 1933 wurde Kurt Lisso zum hauptamtlichen Stadtrat und Leiter des Personalamtes der Stadt berufen. Innerhalb der Stadtverwaltung war er einer der führenden Hauptakteure in Sachen antisemitischer Politik und Durchsetzung derselben. Im Jahr 1940 übernahm Lisso als enger Vertrauter des damaligen Leipziger Oberbürgermeisters Alfred Freyberg das Amt des Stadtkämmerers und das des stellvertretenden Stadtoberhaupts.
Tod
Am 18. April 1945 beging Kurt Lisso gemeinsam mit seiner Ehefrau Renate (* 12. April 1895, geb. Lübbert) und Tochter Regina (* 24. Mai 1924)[3][4] durch Einnahme von Zyanid-Kapseln in den Räumen des Neuen Rathauses in Leipzig Suizid, nachdem die 69. Infanteriedivision der US-Army in Leipzig ankam. Lee Miller, Margaret Bourke-White, Robert Capa und J. Malan Heslop[5] als Bildreporter und Angehörige der US-Armee hielten die Szenerie ab dem folgenden Tag fotografisch fest, zeitweise wurden die Bilder dem damaligen Oberbürgermeister Alfred Freyberg zugeordnet. Die am 20. April von Margaret Bourke-White angefertigten Aufnahmen wurden im bekannten US-amerikanischen Life-Magazin veröffentlicht und weltberühmt.[6] Die Fotografien mit der Familie Lisso werden häufig als bildliches Beispiel im Zusammenhang mit den Selbstmorden Deutscher im Rahmen des Kriegsendes 1945 verwendet.[7]
Kurt Lisso wurde zusammengesunken auf dem Schreibtisch im Amtszimmer des Oberbürgermeisters aufgefunden, umgeben von offiziellen Dokumenten wie beispielsweise seinem NSDAP-Mitgliedsausweis. Ehefrau Renate und Tochter Regina (mit einer Armbinde des DRK versehen) verübten ihren Suizid auf Sitzmöbeln vor dem Schreibtisch.
Literatur
- Erich Schmahl: Rückschau auf das zweite Kriegsjahr 1940/41, in: Georg Merseburger (Hrsg.): Leipziger Jahrbuch 1942. Otto Beyer, Leipzig 1942, S. 171.
- Margaret Bourke-White: Deutschland, April 1945 (Dear Fatherland Rest Quietly). Mosel/Schirmer, München 1979, ISBN 3-921375-34-7, S. 68–69, Abb. 44.
- Steffen Held: Die Leipziger Stadtverwaltung und die Deportation der Juden im NS-Staat, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig. Leipzig 2011.
- Robert Giesel: Leipzigs nationalsozialistische Bürgermeister (1937–1945), in: Leipziger Stadtgeschichte. Jahrbuch 2011. Sax-Verlag, Beucha 2012, ISBN 978-3-86729-118-7, S. 117–132.
Einzelnachweise
- Eintrag im Online-Katalog der Universitätsbibliothek Leipzig. Abgerufen am 16. August 2017.
- beispielhaft: Leipziger Adressbuch 1925. Leipzig 1924, S. 571.
- nachträglich beurkundeter Geburtsnachweis Regina Lissos. Abgerufen am 15. August 2017.
- nachträglich beurkundeter Todesnachweis Regina Lissos. Abgerufen am 15. August 2017.
- Fotografie Heslops vom 19. April 1945 im Bestand des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig, Inv.-Nr.: F/1486/2010. Abgerufen am 19. August 2017.
- Life. 18(1945), Nr. 20 vom 14. Mai, S. 32. (Seite auf Google Books, abgerufen am 19. August 2017).
- beispielhaft: Christian Goeschel: Der letzte Ausweg. In: ZEIT Geschichte. Nr. 1, 2015 (Artikel auf ZEIT Online [abgerufen am 19. August 2017]).