Koordinatenlinie
Koordinatenlinien sind Kurven in einem Koordinatensystem, die entstehen, wenn an einem Punkt alle Koordinaten bis auf jeweils eine konstant sind. In krummlinigen Koordinatensystemen sind die lokalen Basisvektoren tangential zu den Koordinatenlinien gerichtet und können auf Grund dieser Eigenschaft berechnet werden. Stehen diese Basisvektoren stets paarweise aufeinander senkrecht, so handelt es sich um ein orthogonales Koordinatensystem.
Definition mit kartesischen Koordinaten
Sei ein Punkt des . Die Koordinatenlinien durch diesen Punkt sind die drei Kurven
- .
Das bedeutet: zwei der drei Koordinaten sind konstant und die dritte ist der Kurvenparameter.
Bemerkungen
- Die Definition der Koordinatenlinie kann auf andere Koordinatensysteme und Räume höherer Dimension sowie auf Mannigfaltigkeiten verallgemeinert werden.
- Krummlinige Koordinaten gehen aus den kartesischen Koordinaten durch eine umkehrbar eindeutige Koordinatentransformation hervor. Dabei können allerdings Koordinatensingularitäten auftreten, d. h. es gibt singuläre Punkte, die in krummlinigen Koordinaten nicht eindeutig darstellbar sind. An diesen Punkten ist die entsprechende Funktionaldeterminante gleich null.
- Koordinatenlinien ergeben sich auch als Schnitt zweier Koordinatenflächen. Dies sind Flächen, bei denen eine der drei Raumkoordinaten konstant ist und die anderen beiden diese Fläche parametrisieren.
Koordinatenlinien in speziellen Koordinatensystemen
- Geradlinige Koordinatensysteme:
- In kartesischen Koordinatensystemen und affinen Koordinatensystemen sind alle Koordinatenlinien Geraden, die parallel zu den Koordinatenachsen verlaufen.
- Krummlinige Koordinatensysteme
- Polarkoordinaten mit Koordinaten
- Die Koordinatentransformation lautet als Vektorgleichung mit dem Ortsvektor :
- .
- Die beiden Koordinatenlinien durch den Punkt in der Ebene sind somit
- ,
- also eine Halbgerade, die im Koordinatenursprung beginnt, sowie ein Kreis mit dem Radius und dem Koordinatenursprung als Mittelpunkt.
- Am Koordinatenursprung ist die Koordinatendarstellung nicht eindeutig: hier ist , aber beliebig.
- Zylinderkoordinaten mit Koordinaten
- Für die Koordinatentransformation
- ergeben sich die drei Koordinatenlinien, die durch den Punkt gehen:
- .
- Es handelt sich um eine Halbgerade, die im Punkt beginnt und senkrecht zur z-Achse verläuft, einen Kreis senkrecht zur z-Achse mit dem Mittelpunkt und Radius sowie eine Gerade parallel zur z-Achse.
- Für Punkte auf der z-Achse gibt es keine eindeutige Koordinatendarstellung: hier ist , aber beliebig.
- Kugelkoordinaten mit Koordinaten
- Mit der Koordinatentransformation
- sind die drei Koordinatenlinien durch den Punkt
- .
- Die Koordinatenlinien sind eine Halbgerade, die im Koordinatenursprung beginnt, ein Halbkreis ("Meridian") mit dem Koordinatenursprung als Mittelpunkt und Radius und ein Kreis ("Breitenkreis") mit Radius senkrecht zur z-Achse.
- Für Punkte auf der z-Achse gibt es keine eindeutige Koordinatendarstellung: hier ist , aber beliebig.
Lokale Basisvektoren
In geradlinigen Koordinatensystemen gibt es eine Basis für den gesamten Vektorraum, in krummlinigen muss an jedem Punkt eine lokale Basis berechnet werden. Die lokalen Basisvektoren verlaufen tangential zu den Koordinatenlinien. Mit Hilfe des Skalarproduktes kann der Winkel zwischen ihnen bestimmt werden. Die Polar-, Zylinder- und Kugelkoordinaten erweisen sich dabei als orthogonale Koordinatensysteme. Mit Hilfe der lokalen Basisvektoren lassen sich außerdem der metrische Tensor sowie das Linien-, Flächen- und Volumenelement für die Integralrechnung bestimmen. In der Tensorrechnung werden die lokalen Basisvektoren, die tangential zu den Koordinatenlinien verlaufen, wegen ihres Verhaltens bei Koordinatentransformationen als kovariant bezeichnet. Die kontravarianten Basisvektoren stehen senkrecht auf den Koordinatenflächen.
Beispiel (Kugelkoordinaten):
Die lokalen kovarianten Basisvektoren und an einem Punkt sind Tangentenvektoren an die Koordinatenlinien und ergeben sich aus diesen durch Ableitung nach dem Kurvenparameter:
- .
Zum selben Ergebnis gelangt man auch durch partielle Ableitung der Koordinatentransformation für die Kugelkoordinaten nach den Koordinaten und , also
an den entsprechenden Punkten.
Die Basisvektoren haben die Längen
und sind paarweise zueinander orthogonal, denn es gilt:
- .
Die entsprechenden Koordinatenlinien schneiden sich also rechtwinklig, die Kugelkoordinaten bilden somit ein orthogonales Koordinatensystem.
Siehe auch
Literatur
- K. Endl / W. Luh: Analysis. Band 2. Akademische Verlagsgesellschaft, 1973, ISBN 3-400-00206-2.
- W. Werner: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik. Band 1. Springer Vieweg, ISBN 978-3-658-25271-7.