Kohlenmeiler
Ein Kohlenmeiler (kurz Meiler) ist ein bedeckter Holzhaufen, der von einem Köhler in Brand gesetzt wird, um Holzkohle zu erzeugen. Er wird auch als Platz-, Ringmeiler sowie Standmeiler bezeichnet, im Gegensatz zum Grubenmeiler.[1] Weitere Varianten sind der Podestmeiler und der Hangmeiler.[2]
Geschichte
Mittels Kohlenmeilern wird seit dem Altertum Holzkohle hergestellt. Holzkohle ist wesentlich leichter als Fällholz und somit einfacher zu transportieren. Darüber hinaus erzeugt Holzkohle eine wesentlich größere Hitze. Die Köhlerei war daher in der frühen Neuzeit ein bedeutender Wirtschaftszweig. Damals war Holzkohle der einzige Brennstoff, mit dem man die nötige Hitze für die Eisenverhüttung erzeugen konnte. 1788 wird in dem Aufsatz „Staat- und Pflichtvorhaltung eines Kohlenmeisters bei einem Eisenwerk“ dargelegt, dieser müsse nicht nur für den Kohlholz-Vorrat sorgen, die Aufsicht über Köhler und deren Knechte führen, sondern auch öfter die „Kohlhäue“ besuchen, also den Waldteil, der zum Gewinnen des Kohlholzes dient.[3] 1713 wurde ein Verfahren erfunden, um aus Steinkohle hochofentauglichen Koks herzustellen. Danach ging der Verbrauch der teuren Holzkohle trotz steigender Eisenproduktion immer mehr zurück. Ab dem 17. Jh. wurden dann auch zunehmend Pechöfen verwendet und im 19. Jh. dann auch Retorten. Dies hatte zur Folge, dass immer weniger Kohlenmeiler gebraucht wurden. Der allmähliche Niedergang für die Holzköhlerei begann im 19. Jahrhundert, als die Steinkohle dann die Holzkohle praktisch ersetzte und später auch Gas und Elektrizität an Bedeutung gewannen. Der Zweite Weltkrieg löste nochmals eine starke Nachfrage nach Holzkohle aus. Damals wurden auch Motorfahrzeuge mit Holz oder Holzkohle angetrieben.
Heute ist sie ohne besondere wirtschaftliche Bedeutung, insbesondere ist durch den Verlust des Holzgases während des Köhlens die Brennwertausbeute aus dem Holz extrem gering. Die Köhlerei wird nur noch aus Traditionsgründen und für einige Spezialanwendungen von Holzkohle betrieben.
Funktionsweise
Um Holzkohle zu erzeugen, müssen Wasser und die leicht flüchtigen Bestandteile des Holzes verdampfen.
Auf dem Meilerplatz, möglichst an einem Ort nahe einem Gewässer zum späteren Löschen, wird der Meiler aus Holz angelegt, in annähernd halbkugel- oder kegelförmigen Haufen, mit großen Scheiten, meist Ein-Meter-Scheite, regelmäßig (und zwar stehend oder liegend), rundherum, um den Quandel herum. Rundum kann ein Stübbewall errichtet werden.
Darauf kommt ein luftdichtes Dach aus trockenem Tannenästen oder auch mit Laub, Heu oder Stroh (Knipp-Knüppdach), Gras-, Pflanzensoden und Moos (Rauhdach) zusammen das Gründach und zum Abschluss wird der Meiler mit Lösche (Stübbe, Stibbe, Gestübe) und Erde (Erddach), mit Ausnahme des Quandels, luftdicht verschlossen. Es wird dann eine Abstützung aus Rundhölzern und Brettern, um den Fuß des Meilers herum, erstellt. Dann wird über den Quandel der Meiler entzündet, dann wird auch dieser verschlossen.
Ein sicheres Zeichen, dass die Verkohlung begonnen hat, ist das sogenannte Stoßen des Meilers, durch die starke Erwärmung kommt es zu Holzgasverpuffungen, die bei einer zu kräftigen Meilerabdeckung zur Explosion des Meilers führen können. An der Spitze sowie am Fuß des Meilers werden einzelne Löcher, in der Köhlerei Räume, Plätze oder Zuglöcher genannt, eingestochen, mit denen das Feuer im Meiler reguliert werden kann. Unter dieser Decke leitet man die Verbrennung bei sorgsam geregeltem Luftzutritt in der Weise, dass möglichst nicht mehr Holz verbrennt, als unbedingt erforderlich ist, um die gesamte Holzmasse auf die Verkohlungstemperatur zu erhitzen. Im Meiler darf das Holz nicht brennen, sondern nur verkohlen, durch die kleinen Luftlöcher wird Luft hereingelassen, so kann kein Feuer entstehen. Es entsteht aber eine große Hitze und das Wasser verdampft, Teer kondensiert am Gründache, der Rauch ist gelblich-weiß und geruchlos.[4] Die Hitze des glimmenden Holzes im Innern des Meilers treibt dann alle flüssigen und organischen Bestandteile als Rauch aus dem Holz.
Die Aufgabe des Köhlers ist es nun, über die folgenden Tage oder Wochen (je nach Größe des Meilers und Witterung) den Meiler weder erlöschen noch ihn durch zu viel Luftzufuhr abbrennen zu lassen. Dazu bohrt und verschließt er die Zuglöcher. Im Wesentlichen sollen nur die sich aus dem erhitzten Holz entwickelnden Gase und Dämpfe verbrennen. Durch die Beobachtung des Rauches bzw. dessen Farbe muss der Köhler erkennen, ob zu viel oder zu wenig Luftzufuhr herrscht. An der Farbe des entweichenden Rauchs erkennt man, ob die Verkohlung vollendet ist. Ist der Rauch weiß und dicht, ist das Holz noch nicht verkohlt, ist er hell, fast durchsichtig und langsam bläulich, ist das Holz verkohlt. Die Zuglöcher werden nun weiter nach unten verlagert, um das Feuer auch in die unteren Bereiche des Meilers zu ziehen. Bei jeder Verlagerung der Zuglöcher wiederholt sich der Wechsel der Rauchfarben, der Meiler verkohlt von oben nach unten. Im Verlauf der Verkohlung sackt der Meiler langsam ein.
Ist die Verkohlung abgeschlossen, wird das Feuer im Meiler durch das Verstopfen der Luftlöcher schnell erstickt[4] und der Meiler beginnt langsam auszukühlen. Der Meiler wird nun, da er ausgebrannt ist, Stück genannt, der Prozess des Auskühlens wird als Garen bezeichnet. Zur besseren Abdichtung wird die Meilerdecke oft noch mit Wasser besprengt und mit einem Holzhammer verdichtet. Der Meiler ist nun etwa auf die Hälfte des ursprünglichen Volumens zusammengeschrumpft. Jetzt wird die Abdeckung geöffnet und dann wird die Kohle mit einem Rechen, einer Forke oder einer Schaufel ausgezogen (Kohlenziehen, Kohlenlangen) und zum Abkühlen ausgebreitet. Glutnester werden mit Wasser gelöscht oder mit Lösche erstickt, gelingt dies nicht vollständig, so verbrennt die zuvor entstandene Holzkohle innerhalb kürzester Zeit unter großer Wärmeentwicklung (exotherme Reaktion). Die dabei entstehende Hitze ist so groß, dass eine Annäherung an den Meiler unmöglich wird. Die Kohle muss nun min. 12 Stunden auskühlen. Zu kleinstückige Kohle verbleibt im Meiler und wird unter die Lösche gemischt. Es bleibt zu rund 98 % nur das Kohlenstoffgerüst der Holzzellen zurück.
Aus 100 kg Hartholz können ca. 30 kg Holzkohle gewonnen werden.
Bei der Meilerverkohlung fallen Nebenprodukte an, wie Holzteer, Holzessig, Holzgeist und Holzgas. Diese können im Meiler nicht vollständig ausgenutzt werden. Sollte mit der Meilerverkohlung die Teergewinnung verbunden werden, wurden im Boden kleine Gruben angelegt oder es wurde der Boden mit Lehm ausgekleidet und der Teer mittels eines Kanals aus dem Meiler nach außen geführt, der Holzessig wurde mit eisernen oder kupfernen Rohren in ein Reservoir geleitet[5][6] oder es wurden Pechölsteine sowie gemauerte Hangmeiler errichtet.
Traditionen
In verschiedenen Städten wie Selb,[7] Tharandt,[8] oder Waldmünchen[9][10] sowie Dörfern wie Walhausen (Saar),[11] Hayingen-Münzdorf, Fischbach (bei Kaiserslautern)[12] und Glasofen im Spessart[13] gibt es regelmäßig sogenannte Köhlerfeste oder Meilerfeste beziehungsweise Meilerwochen. In der Schweiz wird im Mettauertal im Jurapark Aargau alle fünf Jahre ein Kohlenmeiler aufgebaut.[14] Im Elsass findet jedes Jahr am Fleckenstein ein großes Köhlerfest statt.[15]
Fotos
- Kern (Quandel) des Meilers auf einem früheren Meilerplatz
- Schichtung des Buchenholzes um den Kern
- Meiler mit verschiedenen Schichtungen (Holz, Fichtenreisig, Grassoden)
- Entzündung eines Meilers durch Ehrengäste bei einem Meilerfest (2014)
- Mit Lehm abgedeckt, fertig zum Anzünden
- Fertiger Meiler mit Windfang, Köhlerhütte und Feuerstelle
- Kohlenmeiler im WFM Hagen
- Kohlenmeiler in Walpersdorf, einer der letzten im Siegerland
- Öffnung des Kohlenmeilers
- Holzkohlenausbeute
- Köhler bei der Arbeit (Jahrhundertwende 19./20. Jh.)
- Schnittzeichnung eines Kohlenmeilers
Literatur
- Karl Hasel, Ekkehard Schwartz: Forstgeschichte. Ein Grundriss für Studium und Praxis. 2. aktualisierte Auflage, Kessel, Remagen 2002, ISBN 3-935638-26-4.
- Richard B. Hilf: Der Wald. Wald und Weidwerk in Geschichte und Gegenwart – Erster Teil. (Edition Jafona), Humanitas, Wiebelsheim 2003, ISBN 978-3-923-52701-4 (Reprint).
- H. Hildebrandt, B. Heuser-Hildebrandt und M. Stumböck: Bestandsgeschichtliche und kulturlandschaftsgenetische Untersuchungen im Naturwaldreservat Stelzenbach. Forstamt Nassau, Revier Winden, Mainzer Naturwissenschaftliches Archiv, Beiheft 25, 83 S., Mainz 2001, DNB 963501801.
- Th. Geilenkirchen: Grundzüge des Eisenhüttenwesens: 1. Band, Springer, 1911, ISBN 978-3-642-89738-2, S. 125 ff.
- Arne Paysen: Nachhaltige Energiewirtschaft? Dissertation, Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität, Kiel 2009, S. 96–118, online (PDF; 99,2 MB), auf macau.uni-kiel.de, abgerufen am 16. Januar 2017.
Weblinks
Einzelnachweise
- Grubenmeiler (Memento vom 9. Januar 2017 im Internet Archive).
- Podestmeiler auf kraeuterhuegel.at, abgerufen am 16. Januar 2017.
- Forst und Jagdbibliothek oder nüzliche Aufsäze, Bemerkungen und Verordnungen etc. das gesammte wirthschaftliche Forst-Jagd-Holz- und Floz-Wesen betreffend als eine Fortsetzung des allgemeinen Forstmagazins. Erstes Stück, bei Johann Bendikt Mezler, Stuttgart 1788, S. 36, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
- Der Kohlenmeiler (Memento vom 9. Mai 2016 im Internet Archive) (PDF; 1,25 MB), auf 750jahrewolfwil.ch, abgerufen am 14. August 2016.
- Gustav Fester: Die Entwicklung der chemischen Technik. M. Sändig (Hrsg.), Wiesbaden 1969, ISBN 978-3-642-89671-2 (Reprint), S. 188.
- Dieter Osteroth: Biomasse: Rückkehr zum ökologischen Gleichgewicht. Springer, 1992, ISBN 978-3-642-77410-2, S. 88.
- Meilerfest in Selb.
- Grüne Liga: Naturführer Osterzgebirge.
- Kohlenmeiler in Waldmünchen.
- Kohlenmeiler-Zeit in Waldmünchen.
- Köhlertage in Walhausen.
- Köhlerfest Fischbach.
- Köhlerverein Glasofen im Spessart (Memento des Originals vom 22. März 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. .
- Holzköhlerei Mettauertal.
- Les Charbonniers du Fleckenstein.