Quandel
Als Quandel (Genus unklar: der,[1] die[2] oder das[3] Quandel; auch Feuerschacht genannt) wird in der Köhlerei der zentrale Raum in der Mitte bzw. im Kern eines Kohlenmeilers bezeichnet.[4]
Etymologie
Die Herkunft des Begriffes Quandel ist nicht abschließend geklärt. Die Oeconomische Encyclopädie von Johann Georg Krünitz bezeichnet den Ursprung als „ungewiss“. Die Gesellschaft für deutsche Sprache hält die Auffassung des Deutschen Wörterbuchs der Brüder Grimm für möglich, nach der das Wort Quandel von Quendel, einer alten Bezeichnung der Thymiane, stammen könnte, da diese Pflanzen als Zündmaterial für die Kohlenmeiler benutzt wurden.[5] Johann Christoph Adelung führt in seinem Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart zwei verschiedene Deutungen des Begriffes Quandel auf: er bezieht den Ursprung des Wortes entweder auf wenden (Gewandel), da die zu verkohlenden Holzscheite kreisförmig um den Quandel aufgestellt werden; als alternative Herkunft wird das oberdeutsche Wort Quannek aufgeführt, was soviel wie Röhre bzw. Kanal bedeutet.[6] Andere Quellen aus dem 19. Jahrhundert besagen, dass der Quandelpfahl ursprünglich Gewendepfahl hieß und sich die Bezeichnung im Laufe der Zeit von Gewende über Quendel zu Quandel änderte.[7]
In der chemischen Technologie im englischen Sprachraum wurde die Mitte eines Kohlenmeilers ebenfalls als the quandel bezeichnet.[8]
Laut der Gesellschaft für deutsche Sprache ist das Wort Quandel aus der deutschen Alltagssprache komplett verschwunden und wird lediglich noch in den Fachtermini der Köhlerei bzw. des Bergbaus benutzt.[5]
Aufbau und Funktion
Zu Beginn der Errichtung eines Kohlenmeilers werden in der Mitte des gewählten Platzes mehrere Holzpfähle, die sogenannten Quandelpfähle (auch als Quandelstangen oder Quandelruten bezeichnet), in die Erde getrieben, so dass zwischen ihnen ein senkrechter Kanal, der Quandel(schacht), entsteht. Die Quandelpfähle müssen dabei höher sein als der zu errichtende Kohlenmeiler. Der Quandelschacht wird mit Holz, Kohle oder anderen leicht brennbaren Materialien bestückt und dient dem späteren Anzünden des Meilers. Um den Quandel werden die zu verkohlenden Holzscheite platziert. Das Aufschichten des ersten Holzes an den Quandel wird in der Köhlerei als Quandelfahren bezeichnet.[9][10]
Je nach Aufbau des Kohlenmeilers wird der Quandel entweder von oben oder von unten entzündet. Um das Anzünden von unten zu gewährleisten, muss während des Aufschichtens des Meilers ein Zugang von außen zum Quandel freigehalten werden, die sogenannte Zündgasse. Dieser Zugang vom äußeren Zündloch bis zum Quandel wird mit einem Holzknüppel, dem Quandelstecken, ermöglicht, welcher nach der Errichtung des Meilers entfernt wird und so die Zündgasse freigibt.[10][11] Danach wird ein brennender Lappen an einer langen Stange in das Zentrum des Meilers geschoben und das Brennmaterial im Quandelschacht entzündet; eine andere Möglichkeit ist das Auffüllen des Quandelschachtes mit Glut oder brennendem Holz. Bei beiden Varianten muss der Quandel über eine längere Zeit mit Brennstoff befüllt werden, bis der Meiler sicher in Brand geraten ist, der Quandelschacht kann dann ebenfalls abgedeckt werden.[12]
Gelegentlich wurde auch nur in der Mitte des Quandelplatzes der sogenannte Wisch, ein Pfahl, der mit dürrem Reisig umwickelt wurde, aufgestellt. Bei diesem Aufbau wurde kein Zündloch benötigt, der Wisch wurde direkt entzündet.[13]
Diejenige Holzkohle, die direkt am Quandel entsteht, wird Quandelkohle genannt; sie ist aufgrund der längeren Brenndauer im Vergleich zur weiter außen gelagerten Kohle deutlich bröckeliger als der Rest und gilt daher als minderwertig.[14]
Als Alternative zur hölzernen Konstruktion des Quandels wurde dieser vereinzelt auch aus Eisen angefertigt. Die metallenen Quandelpfähle wurden dabei auf einer gusseisernen Grundplatte befestigt; als Vorteil dieser Bauart wurde die höhere Stabilität des Meilers gegenüber der Verwendung eines Quandels aus Holz angeführt.[3]
Bei einer weiteren Aufbauvariation werden Holzscheite in einem Viereck kreuzweise übereinander aufgeschichtet, welche dann in der Mitte den Quandel bilden. Ebenfalls möglich ist es, den Quandel aus aufgestellten Rundlingen zu formen.[15]
Literatur
- Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Band 13, Sp. 2313 (online).
Weblinks
Einzelnachweise
- August Christian Heinrich Niemann (Hrsg.): Vaterländische Waldberichte nebst Blikken in die allgemeine Wälderkunde und in die Geschichte und Litteratur der Forstwirthschaft. Johann Friedrich Hammerich, Altona 1820, S. 83 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Rudolph Feistmantel: Die Forstwissenschaft nach ihrem ganzen Umfange und mit besonderer Rücksicht auf die österreichischen Staaten. Fr. Beck’sche Universitäts-Buchhandlung, Wien 1836, S. 309 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Tuisko von Lorey, Christof Wagner: Handbuch der Forstwissenschaft. Band 2, 3. Auflage, H. Laupp, Tübingen 1912, OCLC 928917035, S. 599.
- Was ist ein Quandelschacht? Gesellschaft für deutsche Sprache, abgerufen am 2. Januar 2017.
- Johann Christoph Adelung: Der Quandel. In: Adelung – Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Bayerische Staatsbibliothek, 12. März 2009, abgerufen am 3. Januar 2017.
- Polytechnisches Centralblatt No. 41. Verlag von Leopold Voss, Leipzig 1839, S. 641 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Edmund Ronalds, Thomas Richardson: Chemical technology; or, Chemistry in its applications to the arts and manufactures. H. Bailliere, London 1855, S. 64 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Johann Heinrich Moritz Poppe (Hrsg.): Lehrbuch der speciellen Technologie. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart/Tübingen 1819, S. 264 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyclopädie. Band 119, S. 266 (online).
- Wilhelm Leo: Neuer Schauplatz der Bergwerkskunde. Die Brennmaterialien-Lehre. Verlag Basse, Quedlinburg 1860, S. 152 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Arne Paysen: Nachhaltige Energiewirtschaft? Dissertation. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der Christian-Albrechts-Universität Kiel, Kiel 2009, S. 96–118 (uni-kiel.de [PDF; 99,2 MB; abgerufen am 16. Januar 2017]).
- Johann Heinrich Jung: Beschreibung der Nassau-Siegenschen Methode Kohlen zu brennen mit physischen Anmerkungen begleitet. 1776 (online – Reprint 1958 In: Siegerländer Beiträge zur Geschichte und Landeskunde. Heft 9, Siegerländer Heimatverein).
- Grimm: Deutsches Wörterbuch.
- Andrea Bregar: Holzkohle aus dem eigenen Kohlenmeiler. kraeuterhuegel.at, abgerufen am 16. Januar 2017.