Klein Lengden
Klein Lengden ist ein Ortsteil der Gemeinde Gleichen im Landkreis Göttingen mit 1266 Einwohnern (Stand: 1. Januar 2020).[1] Historische Bedeutung hat Klein Lengden durch die Aufnahme des Betriebs der ersten Altpapiermühle im 18. Jahrhundert.
Klein Lengden Einheitsgemeinde Gleichen | |
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Höhe: | 203 (195–245) m |
Einwohner: | 1266 (1. Jan. 2020)[1] |
Eingemeindung: | 1. Januar 1973 |
Postleitzahl: | 37130 |
Vorwahl: | 05508 |
Klein Lengden als Ortsteil der Gemeinde Gleichen | |
Geografische Lage
Der Ort liegt am Südrand des Göttinger Waldes, einem Teil des Leineberglands, im Gartetal am Lengder Bach, einem Zufluss der südlich der Ortschaft von Ost nach West fließenden Garte, die wiederum in die Leine mündet. Im Nordwesten liegt der Westerberg (340,2 m) und im Nordosten die Lengderburg (383,5 m) mit der Lengder Burg. Östlich liegt der Heiligenberg (ca. 262 m). Nordöstlich schließt sich der Ortsteil Groß Lengden an, südöstlich Benniehausen, im Süden Reinhausen, im Westen der Ortsteil Diemarden und im Nordwesten Göttingen-Geismar.
Geologie
Durch die Hanglage zwischen Göttinger Wald und Garte, besteht der Boden zum größten Teil aus Pseudogley und Parabraunerde.[2]
Geschichte
Der Zeitpunkt der Ortsgründung ist wie bei den meisten Orten der Region unbekannt. Die erste schriftliche Erwähnung eines Ortes Lengithi bzw. Lengidi wird dem Jahr 822 zugeschrieben und findet sich im Codex Eberhardi des Klosters Fulda. Erste Hinweise auf zwei Orte des Namens Lengden finden sich in einer dem Jahr 1022 zugeschriebenen Urkunde. Der Ortsname Leng(e)de bedeutet „langer Ort/Länge“; das Grundwort -ede ist im Deutschen ausgestorben und lebt etwa im Niederländischen als -te fort.[3] Die Keimzelle der Ortsentwicklung liegt im heutigen Dorfkern im Bereich der Kirche und unterhalb der Kirche entlang der Talmulde Lengder Grund. In diesem Bereich sind noch einige Hofanlagen mit Fachwerkbauten vorwiegend aus dem 18. und 19. Jahrhundert erhalten.[4] Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Ort im Norden, Osten und Westen um Neubaugebiete erweitert, in denen Einfamilienhäuser gebaut wurden. Weitere Ortserweiterungen folgten mit dem Bau eines Gewerbegebiets im Osten sowie eines weiteren Wohngebiets im Nordosten.
Klein Lengden war bis 1957 eine Station der Göttinger Kleinbahn, auch Gartetalbahn genannt, die Göttingen mit Duderstadt verband.
Am 1. Januar 1973 wurde Klein Lengden in die neue Gemeinde Gleichen eingegliedert.[5]
Politik
Die Gemeinde Gleichen entstand im Zuge der Gemeindegebietsreform 1973.[6]
Ortsrat
Der Ortsrat setzt sich aus sieben Ratsfrauen und Ratsherren zusammen.[7]
- Klein Lengder Wählergemeinschaft: 4 Sitze
- Wählerbündnis Bunte Liste Klein Lengden: 3 Sitze
(Stand: Kommunalwahl am 12. September 2021)
Ortsbürgermeister
Ortsbürgermeister von Klein Lengden ist Klaus-Werner Hanelt.[8]
Wappen
Blasonierung: „Im blauen Schild, aus dem Schildfuß hervorgehend, ein sich zweimal verjüngender silberner (weißer) Turm mit grünen Glockendächern.“ | |
Wappenbegründung: Das von Otto Rössler von Wildenhain entworfene Wappen wurde vom niedersächsischen Ministerium des Inneren am 22. April 1949 genehmigt. Es zeigt den Kirchturm der Johanniskirche, ein mittelalterlicher wehrhafter Barockturm und Wahrzeichen des Ortes. Der Gemeinderat wählte dieses Motiv, weil die Kirche nicht nur ein wesentliches Bauwerk inmitten des Ortes ist, sondern auch im Zentrum des dörflichen, geistigen und kulturellen Lebens steht.[9] |
Ortsname
Der Ortsname Lengden lautet in seiner ursprünglichen Form „Lengithi“, gehört also wie Weende zu den Ortsnamen mit der Endung „-ithi“, die meist auf alte Flurnamen zurückzuführen sind. Der erste Wortbestandteil hängt mit dem Wort „lang“ zusammen.[3] Die Endung „-ithi“ wird sowohl mit -th- als auch mit -d- verwendet, das -i- zu -e- abgeschwächt. Lengden wurde zum ersten Mal 822 in Aufzeichnungen des Klosters Fulda als Lengidi[10] bzw. Lengithi urkundlich erwähnt. Die Bezeichnung Lengede findet sich in einer Stiftungsurkunde von 952 Ottos I. für das Kloster Pöhlde.
Erst im 16. Jahrhundert wird der Name zu „Lengde“ zusammengezogen, das auslautende -n tritt in der Überlieferung erst seit dem 18. Jahrhundert auf. In den neueren Mundartformen schwindet auch das -d-, so dass der Name „Lengen“ lautet.[3] In einem Brief vom 30. Januar 1783 von Johann Friedrich Blumenbach an Christian Gottlob Heyne wird Klein Lengden in der niederdeutschen Form als Lütgen-lengen bezeichnet.[11]
Weil auch der benachbarte Ort Groß Lengden den gleichen Namen besaß, musste zwischen beiden Orten durch einen Zusatz unterschieden werden. Diese Zusätze konnten unterschiedlich gewählt werden: Durch Angabe der Himmelsrichtung in „Westerlengede“ (1118–1137, Fälschung des 13. Jahrhunderts, im Gegensatz zu „Osterlengede“) bzw. in der lateinischen Form „in Occidentali Lengethe“ (1168, Fälschung des 13. Jahrhunderts), durch Angabe der Höhenlage „Inferior Lengede“ (1298, im Gegensatz zu „Superior Lengede“), oder durch Angabe der Größe auf lateinisch („Minor Lengede“ 1339 im Urkundenbuch der Stadt Göttingen[12], im Gegensatz dazu „Maior Lengede“), auf Niederdeutsch („Lutteken Lengede“ 1419) oder hochdeutsch („Klain Lenghede“ 1428).[3]
In dem Buch „Niedersächsische sagen und Märchen: Aus dem Munde des Volkes gesammelt“ von 1855 wird der Ort wiederholt als Kleinen-Lengden bezeichnet.
Am 18. September 1937 wurde die Bezeichnung Klein Lengden vom Reichs- und Preußischen Ministerium des Innern festgeschrieben.[13]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Kirche
Im Ortskern befindet sich die Kirche St. Johannes der Täufer, eine Gemeinde im Kirchenkreis Göttingen des Sprengel Hildesheim-Göttingen der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Der mittelalterliche wehrhaften Turm im Westen ist aus Sandstein-Bruchsteinmauerwerk errichtet und nicht verputzt, der östlich anschließende Bau ist ein weiß verputzter, einschiffiger Saalbau und stammt aus der Zeit des Barock.[14]
Historische Spinnerei
Aus Richtung Benniehausen kommend vor dem Ortseingang befindet sich die Anlage der Historische Spinnerei Gartetal, die im 16. Jahrhundert als Kornmühle begann. 1651 wurde sie zu einer Papiermühle umgebaut. Hier wurde 1774 der erste dokumentierte "Papier-Recycling-Versuch" Europas durchgeführt. Die Aufbereitung von Druckerzeugnissen war eine Erfindung von Justus Claproth, die vom Müller Johann Engelhard Schmid zum ersten Mal angewandt wurde. Im Zuge der Industrialisierung wurde die Anlage 1847 zu einer Spinnerei umgebaut, die bis 1967 in Betrieb war. Seit 1982 ist die Anlage ein Museum, mit den Maschinen als Exponaten, sowie einer Ausstellung über Wolle und deren Verarbeitung.[15]
Lengder Burg
Die Lengder Burg (auch Lengdener Burg genannt) ist eine vermutlich früheisenzeitliche Wallanlage[16] auf dem rund 1 km nördlich von Klein Lengden gelegenen Bergsporn Lengderburg (383,5 m[17]). Der lange, schmale Bergrücken ist durch zwei Abschnittswälle abgeriegelt, von denen der innere, westliche Wall etwa 60 m lang ist. Beide Wälle sind relativ stark verfallen und in dem auch sonst kleingliedrig bewegten Gelände schwer zu erkennen. Durch Probegrabungen wurde im Jahr 1965 festgestellt, dass der äußere Wall eine Zweiphasigkeit aufweist mit einer Brandschicht über der ersten Lage. Außerdem wurden im Inneren der einstigen Befestigungsanlage Keramikscherben geborgen, die zumindest auf eine vorübergehende Besiedlung in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit hinweisen.[18] Möglicherweise bestand hier bereits in der Steinzeit eine Befestigungsanlage.
Sport
Der Turn- und Sportverein TSV Klein Lengden, mit einem eigenen Sportplatz am Nordrand des Ortsteils, ist hauptsächlich im Fußball aktiv, bietet aber auch Volleyball, Gymnastik, Turnen und Nordic Walking.[19]
Wirtschaft und Infrastruktur
Gewerbe
Am Ostrand von Klein Lengden ist das Gewerbegebiet Friedebreite ausgewiesen, ein Modellprojekt für ökologisches Gewerbe.[20]
Verkehr
Klein Lengden ist über die L 569 an Göttingen-Geismar und Benniehausen bzw. Duderstadt und über die L 574 an Groß Lengden angebunden. Eine Verbindung nach Diemarden besteht über die K 21.
Seit Stilllegung der Göttinger Kleinbahn ist Klein Lengden nicht mehr an ein Schienennetz angebunden. Eine Busverbindung besteht durch die Anbindung an eine der Regionalbusstrecken Duderstadt-Göttingen im Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen.
Weblinks
Einzelnachweise
- Einwohner der Gemeinde Gleichen (Stand 1. Januar 2020), abgerufen am 4. Dezember 2020
- Geoportal Niedersachsen (Memento des Originals vom 25. April 2006 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Kirstin Casemir, Uwe Ohainski, Jürgen Udolph: Die Ortsnamen des Landkreises Göttingen. In: Jürgen Udolph: Niedersächsisches Ortsnamenbuch (NOB), Teil IV. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2003, ISSN 0436-1229, ISBN 3-89534-494-X, S. 250f
- Lufen, Peter Ferdinand: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Baudenkmale in Niedersachsen, Bd. 5.3: Landkreis Göttingen, Teil 2. Altkreis Duderstadt mit den Gemeinden Friedland und Gleichen und den Samtgemeinden Gieboldehausen und Radolfshausen. Herausgegeben vom Niedersächsischen Landesverwaltungsamt - Institut für Denkmalpflege -. CW Niemeyer, Hameln 1997, ISBN 3-8271-8257-3, S. 274f.
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 208.
- Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden im Kreis Göttingen 20. November 1972 (PDF; 16 kB)
- Ortsratswahl 12.09.2021 - Gemeinde Gleichen - Klein Lengden. In: kdo.de. 13. September 2021, abgerufen am 20. Dezember 2021.
- Gemeinde Gleichen - Klein Lengden. In: gleichen.de, abgerufen am 20. Dezember 2021
- Kreisarchiv Göttingen, Wappen der Ortschaften der Gemeinde Gleichen und ihre Beschreibungen, Email vom 24.04.2019, Gemeinde Gleichen
- Ernst Friedrich Johann Dronke: Traditiones et antiquitates Fuldenses. C. Müller, 1844 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- Odyssee. (Nicht mehr online verfügbar.) In: harz-mineralien.de. Archiviert vom Original am 9. Februar 2015; abgerufen am 29. Dezember 2014. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Urkundenbuch der Stadt Göttingen bis zum Jahre 1400 (1401 bis 1500) herausg. von G. Schmidt. S. 240. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- Ministerial-Blatt des Reichs- und Preussischen Ministeriums des Innern. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- name="Denkmaltopographie"
- Historische Spinnerei Gartetal Gleichen Klein Lengden Ausstellungen. In: kulturbox.de. 25. Juli 2008, abgerufen am 29. Dezember 2014.
- Burgen und Schlösser in Göttingen – Weserbergland. (Nicht mehr online verfügbar.) In: burgeninventar.de. 25. September 2010, archiviert vom Original am 26. Juni 2010; abgerufen am 29. Dezember 2014. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Karten und Daten des Bundesamtes für Naturschutz (Hinweise)
- H.-G. Peters: Die Burg bei Klein Lengden. In: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern, Band 16: Göttingen und das Göttinger Becken. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1970, S. 194ff.
- TSV Klein Lengden. In: tsvkleinlengden.de. 12. Oktober 2014, abgerufen am 29. Dezember 2014.
- Gewerbeflächen und Bauland Klein Lengden auf der Internetseite der Gemeinde Gleichen, abgerufen am 22. Mai 2012