Königliches Schloss Berchtesgaden
Das Königliche Schloss Berchtesgaden ist ein denkmal- und ensemble-geschütztes ehemaliges Augustiner-Chorherrenstiftsgebäude in Berchtesgaden, dessen Anfänge etwa ins Jahr 1102 zurückreichen und das nach mehreren Umbauten auch als Residenz der Fürstpropstei Berchtesgaden diente. Ab 1810 befand es sich im Eigentum des Bayerischen Königshauses, heute des Wittelsbacher Ausgleichsfonds.
Geschichte
Die Anfänge
Gräfin Irmingard von Sulzbach gelobte die Gründung eines Augustiner-Chorherrenstifts. Noch im Jahr ihres Todes nahm ihr Sohn Berengar I. von Sulzbach zusammen mit Eberwin als erstem Propst dessen Errichtung ab 1101 in Angriff. Beginnend mit bis zu sieben Chorherren (die ersten aus Rottenbuch im Allgäu) veranlasste Eberwin Rodungen und erweiterte das Stift nach und nach. So wurde unter seiner Ägide 1122 ein Bauabschnitt oder „Notbau“ der zum heutigen Schlossensemble gehörenden Stiftskirche St. Peter und Johannes der Täufer von dem Salzburger Erzbischof Konrad geweiht.[1][2] Dem folgten nach seinem Tod in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein massivere Bauausführung als dreischiffige romanische Pfeilerbasilika und vermutlich auch die ersten Türme, von denen es jedoch weder eine Beschreibung noch eine Abbildung gibt.[3]
In den folgenden Jahrhunderten wurden die angrenzenden Klostergebäude ebenfalls immer weiter ausgebaut. Auf der Ostseite des um 1180 erbauten romanischen Kreuzgangs entstand eine zweischiffige gotische Halle. Ihr folgten auf der Südseite um 1500 Renaissance-Säle. 1725 entstand der barocke Südflügel. Da die Chorherren nie genug Geld hatten, alles auf einmal zurückzubauen und ein gänzlich neues Gebäude zu errichten, haben sich die unterschiedlichen Gebäudeteile bis heute erhalten.
Als Sitz zunehmend mit Machtfülle ausgestatteter Stifts- und Fürstpröpste fungierten die nicht explizit geistlich bestimmten Gebäudeteile als weltliche Residenz einer Landesherrschaft über das Berchtesgadener Land, das, ab 1559 zur Fürstpropstei Berchtesgaden erhoben, bis zur Säkularisation 1803 ein eigenständiges, reichsunmittelbares Fürstentum war.
→ Siehe auch Geschichtsabschnitte: Fürstpropstei Berchtesgaden und Berchtesgaden
Jagdschloss der bayerischen Könige
Nach der Säkularisation im Jahr 1803 und dem damit verbundenen Ende der pröpstlichen Herrschaft war das Land Berchtesgaden erst dem neugegründeten Kurfürstentum Salzburg, ab 1805 dem Kaiserreich Österreich und 1809 für kurze Zeit Napoleons Frankreich einverleibt worden. 1810 kam es schließlich zum Königreich Bayern.
1818 wurde der älteste Teil des Schlosses als Sommersitz für König Maximilian I. eingerichtet, während die erste und zweite Etage sowie das Archivgebäude bis 1828 an das Landgericht Berchtesgaden verpachtet waren. Neben Maximilian I. hielten sich auch noch die ihm nachfahrenden bayerischen Könige Ludwig I. und Maximilian II., der sich zudem in Berchtesgaden die Königliche Villa errichten ließ,[4] und insbesondere der Prinzregent Luitpold und dessen Sohn König Ludwig III. des Öfteren im ehemaligen Stift auf.[5]
Nachdem er 1918 im Zuge der Novemberrevolution seine Anwartschaft auf den Thron verloren hatte, bezog Kronprinz Rupprecht von Bayern mit seiner Familie das Schloss in Berchtesgaden. Ihr Aufenthalt währte von 1922 bis 1933 und es kamen darin drei seiner Kinder zur Welt.
1952 hat das Landgericht Traunstein im Schloss den bundesweit Aufsehen erregenden „Küßwetter-Prozess“ geführt. Der Forstmeister Georg Küßwetter und weitere Forstleute waren der Brandstiftung mehrerer Almhütten sowie der Sprengung des einstigen Wehrmachthauses unter dem Blaueisgletscher angeklagt. Küßwetters Anstiftung dieser Straftaten war nicht zuletzt in seiner Touristenfeindlichkeit begründet, wollte er doch im Fall des Wehrmachthauses dessen Nutzung als neue Blaueishütte durch den Alpenverein verhindern.[6][7][8]
Neben der teilweisen Nutzung als öffentlich zugängliches Museum (siehe nachfolgende Abschnitte) dient das Schloss als Nebenwohnsitz von Rupprechts Enkel Franz Herzog von Bayern.
Museen
Räume
Bereits Kronprinz Rupprecht machte das Schloss der Öffentlichkeit zugänglich. 30 von 120 Räumen werden noch heute gezeigt. Rupprecht richtete sie mit originalen Möbel, Tapisserien und Gemälden aus der jeweiligen Zeit ein. Drei reich bestückte Rüstkammern zeigen Jagdgewehre und -pistolen aus drei Jahrhunderten. Saufedern, Hellebarden und Partisanen flankieren hochwertige Rüstungen.
Auch besondere Möbelstücke warten auf den Besucher. Der sogenannte Liedertisch aus dem Jahr 1591 ist ein Tisch, dessen aus Solnhofener Stein bestehende Tischplatte mit Salpetersäure bearbeitet wurde. Auf der Tischplatte befindet sich eine sechsstimmige Motette von Palestrina, die Passion Christi, ein immerwährender Kalender, Allegorien der Planeten und das Wappen des Hauses Wittelsbach.
Ein barocker Schreibschrank aus dem Jahre 1750 ist als Sträflingsschrank bekannt. Der Schreinermeister Johann Georg Wahl fertigte ihn für Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz an, nachdem ihn dieser wegen Missbrauchs des Kurfürstlichen Siegels zu einer Haftstrafe verurteilt hatte. Der Schrank sollte eine Begnadigung Wahls erwirken. Er enthält 72 Schubladen, wovon zwei Geheimschubladen sind. Er ist mit Intarsien aus Perlmutt, Elfenbein, Ebenholz und gefärbten Holz verziert.
Im Schloss befindet sich in den ehemaligen Wohnräumen Kronprinz Rupprechts der Große Speisesaal, in dem das wertvolle Nymphenburger Porzellan als Dekor benutzt wird. Man kann einen Tafelaufsatz von 1755 betrachten, der den Nymphenburger Schlossgarten darstellen soll. Als der Tafelaufsatz zum ersten Mal präsentiert wurde, war er eine solche Attraktion, dass das wertvolle Porzellan durch Wachen geschützt werden musste.
Neben dem Mobiliar sind viele Kunstwerke und Gemälde im Schloss zu besichtigen, darunter wertvolle Werke von berühmten Künstlern wie Tilman Riemenschneider, Veit Stoß, Peter Gertner, Barthel Beham und Gemälde der Münchner Schule.
Im Sommer ist bei schönem Wetter auch der kleine Rosengarten zu besichtigen.
Führungen
Die Räume sind nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen, die sich über 30 Räume erstreckt. Diese werden ganzjährig angeboten. Vor und um Weihnachten bietet das Schloss Berchtesgaden Abendführungen an. In der Vorweihnachtszeit gibt es besondere Adventsführungen mit weihnachtlichen Texten und Gesang. Das Schloss Berchtesgaden bietet außerdem eine Musikführung an, während der eine Sängerin in verschiedenen Räumen passende Musik vorträgt.
Rehmuseum
Seit dem Jahr 2005 ist in den Stallungen des Schlosses das Rehmuseum untergebracht. Es wurde unter der Leitung des Jagdhistorikers Bernd E. Ergert errichtet. Vor allem für Jagd- und Naturfreunde bietet es einen interessanten Einblick in die Wildwissenschaft.
Weblinks
Einzelnachweise
- Manfred Feulner: Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner. S. 18
- A. Helm: Berchtesgaden im Wandel der Zeit, Stichwort: Geschichte des Landes, S. 106 bis 111, S. 107–108.
- A. Helm: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Stichwort: Stiftskirche S. 338 f.
- Dieter Meister: Der Ruhepol von Königen, Künstlern, Kaffeetrinkern und Kindern. In: Berchtesgadener Anzeiger, ohne Datumsangabe
- Hellmut Schöner (Hrsg.), A. Helm: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Stichwort: Schloß S. 310
- Endlich ist der Standort lawinensicher. (Memento des Originals vom 19. August 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Süddeutsche Zeitung, 9. August 2009, zu Absatz „Küßwetter“
- Schaun’s in die Ramsau. In: Der Spiegel. Nr. 32, 1952 (online).
- Zum Beleg des Prozessdatums Zitat aus Hellmut Schöner: Berchtesgadener Alpen: Gebirgsführer für Wanderer und Bergsteiger S. 105 oben