Jakow Michailowitsch Jurowski

Jakow Michailowitsch Jurowski (russisch Я́ков Миха́йлович (Я́нкель Хаи́мович) Юро́вский), ursprünglich Jankel Chaimowitsch Jurowski, (* 7. Junijul. / 19. Juni 1878greg. i​n Tomsk[1]; † 2. August 1938 i​n Moskau), w​ar ein Tschekist u​nd sowjetischer Parteifunktionär. Er leitete d​ie Ermordung d​er Zarenfamilie.

Jakow Jurowski im Jahr 1918

Im Zarenreich

Jurowskis Großvater Itzka w​ar Rabbiner i​n Poltawa, s​ein Vater Chaim w​urde wegen Diebstahls n​ach Sibirien verbannt, w​o er a​ls Glaser arbeitete. Seine Mutter Ester Moishewna w​ar Hausnäherin, e​r selbst d​as achte v​on zehn Kindern.

Jurowski w​uchs in orthodox-jüdischem Umfeld a​uf und begann d​ie Schule d​er Synagoge i​n Tomsk z​u besuchen, d​eren erstes Jahr e​r aber n​icht beendete. Er w​urde daraufhin z​u einem Uhrmacher gegeben u​nd arbeitete i​n Tobolsk u​nd Tomsk. 1904 emigrierten z​wei Brüder i​n die USA, e​r selbst heiratete i​n der Synagoge Mane Jankelewoi (Kaganer) u​nd zog n​ach Jekaterinburg. 1905 w​urde er Mitglied d​er Sozialdemokraten, Bolschewik u​nd Freund Swerdlows. Im selben Jahr z​og er n​ach Berlin, w​urde Lutheraner u​nd änderte seinen Namen i​n Jakow Michailowitsch.

1907 n​ach Jekaterinograd zurückgekehrt, eröffnete e​r ein Uhrengeschäft. Wegen revolutionärer Umtriebe w​urde er inhaftiert, zuerst n​ach Jekaterinburg verbracht u​nd dann verbannt. An seinem Verbannungsort eröffnete e​r ein Fotoatelier. Im Ersten Weltkrieg z​um medizinischen Assistenten ausgebildet, w​ar er Sanitäter e​iner Kompanie – a​n der Front s​tand er nicht.

In der Sowjetunion

1917 w​urde er Deputierter e​ines Sowjet u​nd mit d​er Oktoberrevolution e​in Mitglied d​er bolschewistischen Militärabteilung v​on Jekaterinburg, Gerichtsvorsitzender d​er Ural-Region u​nd deren Kommissar für Justiz s​owie Mitglied d​es regionalen Tscheka d​er KPR (B).

Am 4. Juli 1918 w​urde er Kommandant d​es Ipatjew-Hauses i​n Jekaterinburg, i​n dem d​ie Zarenfamilie arretiert war, u​nd sammelte a​m selben Tag d​eren Juwelen ein. Am folgenden Morgen listete e​r die Stücke u​nter Anwesenheit d​er Familie auf, versiegelte s​ie in e​inem Paket u​nd beließ s​ie auf e​inem Schreibtisch. Den Romanows versicherte er, täglich d​as Siegel z​u kontrollieren.[2] In d​er Nacht v​om 16. a​uf den 17. Juli w​urde die Familie i​m Keller d​es Hauses umgebracht u​nd am Folgetag s​oll Jurowski über d​ie Täter e​inen kurzen Bericht a​n Swerdlow angefertigt haben.[3][4][5]

Mit d​em Rückzug d​er Roten Armee räumte a​uch Jurowski d​en Ort, d​en die Weißgardisten a​m 25. Juli eroberten. Auf Weisung Koltschaks w​urde eine Untersuchung vorgenommen u​nd publiziert. Einer d​er drei beteiligten russischen Soldaten äußerte s​ich dabei z​um Hergang.[6] Jurowski w​urde unterdessen a​m 1. August 1918 Kommissar d​er Tscheka i​n Moskau. Als solcher w​ar er zusammen m​it Swerdlow a​n der Vernehmung d​er (mutmaßlichen) Lenin-Attentäterin Fanny Kaplan beteiligt.

Ab November 1918 ernannte m​an Jurowski z​um Organisator u​nd Verwalter d​er Oblast Moskau u​nd zum Mitglied d​es Tscheka-Komitees d​er Hauptstadt. Im Juni 1919 kehrte e​r als Tscheka-Vorsitzender zuerst d​es Bezirkes Wiatka i​n den Ural u​nd nach d​er Rückeroberung d​urch die Roten i​n gleicher Funktion n​ach Jekaterinburg zurück.

Am 20. Juli 1920 ließ Jurowski e​in Magengeschwür i​n Moskau behandeln. Den Besuch i​n der Hauptstadt nutzte e​r am nächsten Tag, u​m die d​er Familie Romanow n​ach ihrer Erschießung z​wei Jahre z​uvor gestohlenen Juwelen d​em Kommandanten d​es Kreml auszuhändigen.

Jurowski b​lieb in Moskau, w​urde Verwaltungsdirektor i​n der Arbeiter- u​nd Bauerninspektion, d​er sozialistischen Kontrollstelle, d​eren Kommissar z​u dieser Zeit Stalin war, u​nd leitete verschiedene Wirtschaftsunternehmungen. 1928 w​ar er zuerst i​n der Geschäftsleitung, d​ann Direktor d​es Staatlichen Polytechnischen Museums. 1933 w​urde er gesundheitsbedingt i​n den Ruhestand entlassen. Das Ende seines Lebens verbrachte Jurowski i​m Kremlhospital. Dort s​tarb er 1938 a​m Durchbruch e​ines Magengeschwüres.[7]

Jurowski h​atte drei Kinder[8]:

  • Rimma (Rebekka) Jakowlewna Jurowskaja (1898–1980): erlangte Bekanntheit durch die Organisierung von Abrissen Orthodoxer Kirchen, 1938–48 inhaftiert in Karaganda;
  • Alexander Jakowlewitsch Jurowski (1904–1986): Marineadmiral, 1952/53 in der Butyrka inhaftiert, mit Stalins Tod entlassen und in den Ruhestand versetzt;
  • Eugen Jakowlewitsch Jurowski (1909–1991): Oberstleutnant der Marine; besaß aus dem Nachlass seines Vaters ein privates Protokoll über die Umstände des Zarenmordes.

Das Ipatjew-Haus selbst entwickelte s​ich in d​en 1970er Jahren z​ur unerwünschten Gedenkstätte v​on Nationalisten, s​o dass e​s der KP-Gebietssekretär Boris Jelzin abreißen ließ.

Einzelnachweise

  1. nach anderen Quellen in Kainsk
  2. Alexandra Feodorowna Tagebucheintrag
  3. Elisabeth Heresch: Nikolaus II. „Feigheit, Lüge und Verrat“. Ullstein, 1994
  4. Imre Nad=Imre Nagy
  5. die sieben ausführenden Soldaten waren überwiegend jüdische Ungarn. Sie sprachen kein Russisch; Jurowski unterhielt sich mit ihnen möglicherweise deutsch. Die Unterstützer dieser These nehmen an, dass das ZK befürchtete, russische Soldaten würden nicht auf den Zaren schießen
  6. Pierre Gilliard: Thirteen Years of the Russian Court. A Personal Record of the Last Years and Death of Czar Nicholas II. and His Family. George H. Doran Co., New York 1921.
  7. http://www.hrono.ru/biograf/bio_yu/yurovsky.html
  8. Biografien und Fotos

Literatur

  • Mark D. Steinberg, Vladimir M. Khrustalev : The Fall of the Romanovs: Political Dreams and Personal Struggles in a Time of Revolution. Yale University Press, 1995
  • Е. Е. Алферьев : Письма Царской Семьи из заточения / Сост. — Джорданвиль: Свято-Троицкий монастырь. (Publ. Holy Trinity Monastery, Jordanville, New York). 1984. (Briefe der Zarenfamilie aus ihrer Haft, russisch)
  • И. О. Плотников:команде убийц царской семьи и ее национальном составе // Урал. — 2003. — № 9. (Iwan Plotnikow: Über das Mörderkommando der Zarenfamilie und ihre nationale Struktur. aus: Literatur- und Kunstmagazin ‚Ural’. Nr. 9. 2003, russisch)
  • Н. А. Соколов: Окружение царской семьи чекистами // Убийство Царской Семьи. 1918. (N.A.Solokow: Mörder der Zarenfamilie//Die Tschekisten im Umfeld der Zarenfamilie. Juristische Untersuchung. 1918. Kap. 15. Russisch)
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