Ilias Kasidiaris
Ilias Kasidiaris (griechisch Ηλίας Κασιδιάρης, * 29. November 1980 in Piräus) ist ein rechtsextremer griechischer Politiker. Im Oktober 2020 wurde er als ehemaliger Sprecher der griechischen Partei Chrysi Avgi für schuldig befunden, eine kriminelle Vereinigung anzuführen.[1]
Kasidiaris zog bei der Parlamentswahl in Griechenland Mai 2012 für die Chrysi Avgi ins griechische Parlament ein und blieb dort bis zur Wahl 2019, bei der die Chrysi Avgi den erneuten Einzug verpasste. Nach internen Streitigkeiten über den Kurs der Partei gründet Kasidiaris im Juni 2020 die Partei Ellines gia tin Patrida, deren Vorsitzender er ist.[2] Die Partei lehnt nach eigenen Angaben Faschismus und Neonazismus ab, ideologisch setzt sie sich aber kaum von der Chrysi Avgi ab.[2]
Leben
Kasidiaris Vater gab an, ihn zu einem stolzen Hellenen erzogen zu haben und ihm als Kind die Abenteuer des Herakles vorgelesen zu haben.[3]
Ilias Kasidiaris studierte an der Landwirtschaftlichen Universität Athen Lebensmittelchemie, außerdem ist er ausgebildeter Nahkampfexperte durch eine Eliteeinheit der Armee.[3] Seinen Militärdienst absolvierte er in Zypern.[4]
2004 warb Kasidiaris im Jugendmagazin der Chrysi Avgi für den White Aryan Resistance.[5]
2012 trat Ilias Kasidiaris als Kandidat für die Region Attika zur Wahl an.[6]
Im März 2013 versammelte sich Kasidiaris mit 500 Anhängern der Partei vor dem TV-Sender Mega TV, um gegen die Ausstrahlung einer türkischen Serie am griechischen Unabhängigkeitstag zu protestieren. Am Schluss der Veranstaltung warfen er und andere Abgeordneten Eier und Joghurt gegen das Gebäude und verbrannten eine türkische Flagge.[7]
Im Juni 2013 sperrte das Videoportal den Kanal von Kasidiaris. Youtube gab an, dass Kasidiaris damit geltende Gesetze Griechenlands verletzt habe.[8]
Im Jahr 2014 bewarb sich Kasidiaris um das Amt des Bürgermeisters von Athen.[9] Er bekam am 18. Mai 16,1 Prozent der Stimmen.[10]
Politische Positionen
In einem Interview sagte Kasidiaris, die Geschichte habe bewiesen, dass der Tod von sechs Millionen Juden eine Lüge sei. Zudem forderte er die Abschiebung aller Migranten aus Griechenland und Minenfelder an der griechisch-türkischen Grenze.[11]
Anlässlich des „Führergeburtstags“ veröffentlichte er am 20. April 2011 in der Parteizeitung der Chrysí Avgí einen Artikel, in dem er Adolf Hitler als „Schlüsselfigur der Geschichte des 20. Jahrhunderts“ und den Nationalsozialismus als „Erneuerungsbewegung“ bezeichnete.[12]
In einem Artikel für das Parteiorgan der „Chrysi Avgi“ lobte er die Griechische Militärdiktatur.[13]
Ilias Kasidiaris schloss sich dem Aufruf der Partei an, eine Blutbank nur für griechische Bürger einzurichten. Der Bund der griechischen Krankenhausärzte widersprach jedoch dem Vorschlag und gab an, dass das Blut alle Menschen bekämen, auch wenn sie keine Griechen seien.[14]
Auf einer Parteiveranstaltung ließ Kasidiaris verlauten: „Unser Ziel ist es, diejenigen niederzuschlagen, die für die Juden arbeiten und die aus unserem Land ein lumpiges Protektorat ausländischer Mächte gemacht haben.“[15]
Im Oktober 2012 sagte Kasidiaris während einer laufenden Parlamentsdebatte zu Giorgos Andrea Papandreou von der PASOK-Partei, dieser sei „nur zu 25% Grieche“.[16] Zudem zitierte er im Parlament aus dem antisemitischen Pamphlet Protokolle der Weisen von Zion.[17]
Im Juni 2013 gab Kasidiaris in einer Parlamentssitzung bekannt, nicht an den Holocaust zu glauben.[18] Auf seinem linken Oberarm hat Kasidiaris eine faustgroße Hakenkreuz-Tätowierung.[19]
Tätlichkeiten, Übergriffe und Strafverfahren
Kasidiaris wurde beschuldigt, im Jahr 2007 an einem bewaffneten Überfall auf einen Athener Universitätsprofessor beteiligt gewesen zu sein. Wegen seiner Wahl ins Griechische Parlament wurde der Prozess ausgesetzt.[20][21] Seine Immunität als Parlamentarier wurde im Oktober 2012 durch das griechische Parlament aufgehoben.[22] Er wurde im März 2013 freigesprochen.[23]
Kasidiaris sorgte im Juni 2012 in einer Live-Sendung für einen Eklat, als er die beiden Parlamentarierinnen Liana Kanelli und Rena Dourou angriff und auf eine von ihnen mehrmals einschlug. Um ihn zu beruhigen, sperrten ihn einige Helfer anschließend in einem Raum des Fernsehsenders ein. Der 31-jährige ehemalige Soldat einer Spezialeinheit der griechischen Streitkräfte brach jedoch die Tür auf und floh. Die Polizei leitete die Suche nach ihm ein, die Staatsanwaltschaft erließ umgehend Haftbefehl. Gegen Kasidiaris lief bereits ein Verfahren wegen illegalen Waffenbesitzes und Mittäterschaft bei einem Raub. Die Partei weigerte sich, Kasidiaris’ Entgleisung zu verurteilen. Kanelli habe zuerst angegriffen, teilte die Partei mit und forderte eine Verurteilung der zuvor gefallenen Beleidigungen.[24][25] Kasidiaris verklagte den Fernsehsender ANT1, die beiden Frauen und einen weiteren Gesprächspartner der Talkshow.[26] Das griechische Parlament hob im März 2013 erneut Kasidiaris Immunität auf.[27] Ein Gericht in Athen sprach Kasidiaris am 6. März 2015 vom Vorwurf der schweren Körperverletzung frei. Eine Verfolgung wegen leichter Körperverletzung wäre bei Vorliegen eines Strafantrags des Opfers möglich gewesen, das nicht die dafür nötige Frist eingehalten hatte.[28]
Während eines Treffens der Chrysi Avgi auf der Insel Kreta Ende November 2012 bedrohte Kasidiaris Polizisten und Gegendemonstranten. Der Vorfall wurde mit einer Videokamera dokumentiert.[29]
Am 28. September wurden Kasidiaris und andere hochrangige Parteimitglieder wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verhaftet.[30][31] Zudem wurden weitere Haftbefehle gegen fünf weitere Parlamentarier ausgestellt, die von einer Anti-Terror Einheit gesucht werden.[32][33] Kasidiaris wurde kurz nach der Festnahme wieder freigelassen, musste jedoch eine Kaution von 50.000 Euro bezahlen und darf das Land nicht verlassen.[34]
Im Oktober 2013 schlug Kasidiaris gegen die Kamera eines Journalisten.[35]
Im März 2014 wurde die parlamentarische Immunität von Kasidiaris abermals aufgehoben.[36]
Publikationen
Sektor X, ein Roman über Nahkampf und Kasidiaris’ Sicht auf die Weltgeschichte. Die Bezeichnung „Sektor X“ wurde auch während der Konterrevolution in Griechenland während des Zweiten Weltkriegs verwendet.[37][38]
Einzelnachweise
- Greece Golden Dawn: Neo-Nazi leaders guilty of running crime gang. In: BBC News. 7. Oktober 2020 (bbc.com [abgerufen am 19. November 2020]).
- In Greece, a new far right movement is taking the stage. Abgerufen am 19. November 2020 (englisch).
- Griechischer Neonazi: Nahkampfexperte, Waffen-SS-Fan, "Intellektueller" Welt.de vom 10. Juni 2012
- Ilias Ksidiaris is the Playboy of the greek far-right, vice.com, Juli 2013
- Report: Golden Dawn, 1980-2012. The neonazis´ road to parliament (Memento vom 27. Oktober 2012 im Internet Archive) borderlinereports.net vom 25. Oktober 2012
- Griechenlands Rechtsextremisten verspüren Auftrieb Neue Zürcher Zeitung vom 21. April 2012
- Members of Golden Dawn Attack Mega TV greece.greekreporter.com vom 26. März 2013
- You Tube Deletes Golden Dawn Broadcast greece.greekreporter.com vom 21. Juni 2013
- Golden Dawn MP Ilias Kasidiaris to run for Athens mayor, reports say ekathimerini.com vom 28. August 2013
- SS songs and antisemitism: the week Golden Dawn turned openly Nazi theguardian.com vom 7. Juni 2014
- Hard Times Lift Greece’s Anti-Immigrant Fringe nytimes.com vom 12. April 2012
- Neonazis im griechischen Parlament monde-diplomatique.de vom 13. Juni 2012
- Griechischer Neonazi: Nahkampfexperte, Waffen-SS-Fan, „Intellektueller“ Welt.de vom 10. Juni 2012
- Doctors slam Golden Dawn's all-Greek blood bank as insane greece.greekreporter.com vom 14. September 2012
- Griechenland in der Krise: Winter der Unzufriedenheit spiegel.de vom 23. Dezember 2012
- Golden Dawn still elevating the debate blog.foreignpolicy.com vom 5. Oktober 2012
- Protocols of the Elders of Zion read aloud in Greek Parliament haaretz.com vom 26. Oktober 2012
- Golden Dawn MP Kasidiaris suggests he denies Holocaust took place ekathimerini.com vom 6. Juni 2013
- Héctor Estepa: La esvástica nazi entra en el parlamento heleno. In: elmundo.es, 6. August 2013 (spanisch).
- Nikos Michaloliakos: The far-right firebrand who holds Europe's future in his hands The Independent vom 8. Mai 2012 (en.)
- Αναβλήθηκε για τη Δευτέρα η δίκη του Ηλία Κασιδιάρη (Memento vom 10. Juni 2012 im Internet Archive) ethos.gr (gr.)
- Greek Parliament lifts immunity of 3 far-right lawmakers (Memento vom 24. Oktober 2012 im Internet Archive) washingtonpost.com vom 24. Oktober 2012
- Greece: Golden Dawn's Ilias Kasidiaris acquitted in court digitaljournal.com vom 7. März 2013
- Griechischer Nationalist gibt Prügel-Opfern Schuld Welt.de vom 9. Juni 2012
- Live im TV-Talk: Griechen-Nazi verprügelt Politikerin (Memento vom 10. Juni 2012 im Internet Archive) News.de vom 8. Juni 2012
- Süddeutsche vom 11. Juni 2013: Griechischer Neonazi zeigt seine Opfer an"
- Golden Dawn's Kasidiaris loses immunity over TV slap digitaljournal.com vom 13. März 2012
- Freispruch für Neonazi nach Angriff auf Kommunistin. In: Neues Deutschland. 7. März 2015, abgerufen am 7. März 2015.
- Golden Dawn MP threatens policemen and antifascists on camera digitaljournal.com vom 26. November 2012
- Reuters.com: Greek police arrest leader, lawmakers of far-right Golden Dawn
- Prosecutor defines Ilias Kasidiaris Golden Dawn’s head operations grreporter.info vom 30. September 2013
- Chef der Neonazi-Partei festgenommen (Memento vom 1. Oktober 2013 im Internet Archive) tagesschau.de vom 28. September 2013
- Eher krimineller Verein als Partei (Memento vom 1. Oktober 2013 im Internet Archive) tagesschau.de vom 28. September 2013
- Drei Abgeordnete auf freiem Fuß (Memento vom 4. Oktober 2013 im Internet Archive) tagesschau.de vom 2. Oktober 2013
- Three Golden Dawn MPs freed (Video) nytimes.com vom 2. Oktober 2013
- Immunity Lifted for Three Golden Dawn MPs greece.greekreporter.com vom 13. März 2014
- Griechischer Neonazi: Nahkampfexperte, Waffen-SS-Fan, „Intellektueller“. Welt.de vom 10. Juni 2012
- Ilias Ksidiaris is the Playboy of the greek far-right. vice.com, Juli 2013