Hochspannung
In der elektrischen Energietechnik wird eine elektrische Spannung als Hochspannung (englisch High Voltage, HV) bezeichnet, deren Werte vereinbarungsgemäß 1000 Volt (1 kV) Wechselspannung oder 1500 V (1,5 kV) Gleichspannung überschreiten.[1] Elektrische Spannungen, die die genannten Grenzwerte nicht überschreiten, werden als Niederspannung bezeichnet. Des Weiteren sind nicht genormte begriffliche Unterteilungen der Hochspannung in die Unterbegriffe Mittelspannung, Hochspannung und Höchstspannung üblich.[2]
Im Anwendungsbereich Raumfahrt (auch unbemannte Satelliten) wird die Grenze der Hochspannung bei 150 V festgelegt.[3] Der Grund ist, dass ein elektrischer Durchbruch bei niedrigem Gasdruck – wie in erdnahen Umlaufbahnen – schon bei niedrigeren elektrischen Feldstärken als bei Normaldruck ausgelöst werden kann. Dies ist eine Folge aus dem Paschen-Gesetz.
In der Fahrzeugtechnik gelten Systeme, die mit Wechselspannungen über 30 V bis 1 kV oder mit Gleichspannungen über 60 V bis 1,5 kV betrieben werden, als Hochvoltsysteme.[4]
Allgemeines
In der Energieübertragung wird elektrische Energie auf Hochspannungsleitungen in verschiedenen Netzebenen mit folgenden üblichen Nennspannungen übertragen:
- Mittelspannung von 3 kV, 6 kV, 10 kV, 15 kV, 20 kV, 30 kV
Anwendungsbereiche liegen in Mittelspannungsnetzen zur Versorgung von einzelnen Stadtteilen oder mehreren Ortschaften. Kunden auf Mittelspannungsebene sind kleinere bis mittlere industrielle Betriebe oder andere Einrichtungen wie Flughäfen, Krankenhäuser und dgl. mehr. Kleinkraftwerke wie Kleinwasserkraftwerke oder Windkraftanlagen speisen in dieser Ebene ein. - Hochspannung von 60 kV, 110 kV
Anwendungsbereiche sind die Versorgung kleinerer Städte und die Überlandversorgung. Auch der Anschluss kleinerer Kraftwerke und größerer Industriebetriebe erfolgt in dieser Spannungsebene. - Höchstspannung von 220 kV, 380 kV, 500 kV, 700 kV, 1150 kV
Diese dienen der Großraumversorgung, bilden Verbundnetze zum überregionalen Energieaustausch und dem Anschluss von Großkraftwerken.
Von der Nennspannung zu unterscheiden ist die sogenannte Bemessungsspannung. Sie gibt jene maximale Spannung an, für die die Isolierung von Schaltgeräten ausgelegt sein muss. Die Bemessungsspannung liegt immer über der Nennspannung.
Erzeugung und Verwendung
Eine natürliche Quelle sehr hoher Spannungen sind Gewitter. Die Entladung findet in Form von Blitzen oder Elmsfeuern statt.
Zur künstlichen Erzeugung von Hochspannung werden Bandgeneratoren, Elektrisiermaschinen, Influenzmaschinen, Teslatransformatoren, Funkeninduktoren und Marx-Generatoren eingesetzt. In Kraftwerken wird die in Generatoren erzeugte Wechselspannung mittels Transformatoren zu Hochspannung gewandelt (siehe Umspannwerk).
Zur Erzeugung hoher Gleichspannungen werden Hochspannungskaskaden eingesetzt.
Neben der Verwendung zum Energietransport wird Hochspannung unter anderem in folgenden Bereichen eingesetzt:
- Erzeugung von Zündfunken (Zündspule im Ottomotor, in Öl- oder Gasheizungen oder im Feuerzeug)
- Prüfung der elektromagnetischen Verträglichkeit und Störfestigkeit von Bauteilen und Geräten (siehe dazu auch Marx-Generator)
- Anodenspannung in Elektronenstrahlröhren (z. B. Fernseher, Röntgenröhre) oder in Ionisationsröhren
- Beschleunigung von Elektronen und Ionen (beispielsweise in Teilchenbeschleunigern)
- In Elektrozäunen
- In elektrischen Fliegenklatschen
Sicherheit
Im Gegensatz zur Niederspannung, bei der für den Stromfluss ein direkter Kontakt mit den beteiligten Leitern notwendig ist, kann es bei Hochspannung bereits bei der kontaktlosen Annäherung an nicht isolierte spannungsführende Stromleitungen zum Spannungsüberschlag bzw. bei nicht ausreichend isolierten oder beschädigten Stromkabeln zum Spannungsdurchschlag kommen, wodurch Lichtbögen entstehen, die beteiligte Personen oder andere Lebewesen (bei ausreichender Stromstärke) lebensgefährlich oder gar tödlich verletzen oder Brände von Gegenständen verursachen können.[5]
Aus diesem Grund sind die festgelegten Sicherheitsabstände einzuhalten, die die erforderlichen Mindestabstände regeln, welche mit der Höhe der Spannung steigen.[6][7]
Quellen
- IEC 60050: 601-01-27 "Hochspannung". In: Internationales Elektrotechnisches Wörterbuch. DKE, abgerufen am 12. Januar 2020.
- Hilgarth Flosdorff: Elektrische Energieverteilung. Teubner, 2003, ISBN 3-519-06174-0, Kap. 1, S. 2.
- Space engineering - Spacecraft charging. European Cooperation for Space Standardization (ECSS, ESA), 31. Juli 2008, abgerufen am 16. Januar 2016 (= Chapter 8.: High voltage system requirements).
- Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen. In: DGUV Information 200-005. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, April 2012, abgerufen am 27. November 2019.
- Siemens: Brandschutz-Wegweiser: Technischer Brandschutz und Brandschutzsysteme. John Wiley & Sons, 2016, ISBN 978-3-89578-948-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 6. Dezember 2016]).
- Hans Kemper: Gefahren d. Einsatzst. - Elektrizität (Fachwissen Feuerwehr). ecomed-Storck GmbH, 2015, ISBN 978-3-609-69792-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 26. Mai 2016]).
- Kögler/Cimolino: Standard-Einsatz-Regeln: Elektrischer Strom im Einsatz. ecomed-Storck GmbH, 2014, ISBN 978-3-609-69719-2 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 26. Mai 2016]).
Weblinks
- Literatur über Hochspannung im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Lage und Verlauf von Hochspannungsleitungen auf der Open Infrastructure Map (unvollständig)