Hermann Glöckner
Hermann Glöckner (* 21. Januar 1889 in Cotta bei Dresden; † 10. Mai 1987 in Berlin) war ein deutscher konstruktivistischer Maler und Bildhauer.
Leben
Hermann Glöckner besuchte von 1904 bis 1911 mit Edmund Schuchardt und Kurt Fiedler Abendkurse an der Kunstgewerbeschule Dresden. Von 1914 bis 1918 war er Soldat im Ersten Weltkrieg. 1923/24 studierte er an der Kunstakademie Dresden bei Otto Gussmann.
1945 ging kriegsbedingt ein großer Teil seiner Arbeiten verloren. Von 1945 bis 1948 war Glöckner Mitglied der Künstlergruppe „Der Ruf“. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte und arbeitete er in der DDR, in seinen letzten Lebensjahren auch in West-Berlin.
Als Mitbegründer des Konstruktivismus blieb ihm bis in die 1950er Jahre eine entsprechende Anerkennung versagt. Nichtsdestoweniger schuf er unbeirrt, vom Kunstbetrieb zurückgezogen, in seinem Spätwerk eine Vielzahl von baugebundenen Aufträgen, Plastiken und Collagen, die durch Freunde einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich wurden.
1983 erhielt er die Hans-Grundig-Medaille, 1984 den Nationalpreis der DDR III. Klasse für Kunst und Literatur. 1984 drehte der Dokumentarfilmer Jürgen Böttcher einen biografischen Film über ihn mit dem Titel „Kurzer Besuch bei Hermann Glöckner“ (35 mm, Farbe, 32 Minuten). Sein Grab befindet sich auf dem Loschwitzer Friedhof. Im gleichen Stadtteil Dresdens wurde 2006 eine neu angelegte Straße nach Hermann Glöckner benannt.[1] In der Tageszeitung Dresdner Neueste Nachrichten wurde er im Jahr 2000 zu einem der „100 Dresdner des 20. Jahrhunderts“ gewählt.[2]
Darstellung Glöckners in der bildenden Kunst der DDR (Auswahl)
- Horst Leifer: Bildnis Hermann Glöckner (Holzschnitt, 93,7 × 51,8 cm; Kupferstichkabinett Dresden)[3]
Baubezogene „Brot“-Werke (Auszug)
Infolge der NS-Aktion Entartete Kunst von der Möglichkeit abgeschnitten, mit seiner Kunst direkt den Lebensunterhalt zu verdienen, wandte sich Glöckner in den Jahren 1937–1944 so genannten „baubezogenen ‚Brot‘-Werken“[4] zu. Nachdem er in den Jahren 1945–1951 wieder ungestört künstlerisch arbeiten und ausstellen konnte, grenzte ihn diesmal der SED-geführte Formalismusstreit 1951 vom DDR-Kunstbetrieb aus. Auch dieses Mal sicherte sich Glöckner bis Mitte der 1950er Jahre seinen Lebensunterhalt durch zahlreiche kunsthandwerkliche Arbeiten am Bau.[5]
- 1937: einfarbige Sgraffiti (Schriften „Zum Bürgergarten“ und „Sportkegelbahn“) am Gasthaus Bürgergarten, Radebeul
- 1937: Sgraffiti (Rauchutensilien sowie Schrift „Tabakwaren“) am Bauernhaus Meißner Straße 443, Radebeul
- 1938: Sgraffito (Wandsonnenuhr) am Zweifamilienhaus Heinrich Wentzel in Radebeul, Bodelschwinghstraße 10
- 1938: Sgraffiti mit Weinbaumotiven am Doppelwohnhaus Wichernstraße 21/21a in Radebeul
- 1947: Putzbild am Gasthof Reichenberg[6]
- 1955: Sgraffito Turnerweg 1[7] in Alt-Radebeul
- 1950er Jahre: Sgraffito am Gasthaus „Großes Weinstuben“ in Radebeul, Altkötzschenbroda 64
- ?: Sgraffito (Schriftzug Ullmann) am Haus Ullmann in Naundorf, Kötitzer Straße 113
- ?: Sgraffitos im Gasthof Serkowitz in Serkowitz, Kötzschenbrodaer Straße 39
Ausstellungen (Auswahl)
- 1974: Malerei, Grafik, Collage, zum 85. Geburtstag, Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf bei Dresden
- 1979: Grafik, zum 90. Geburtstag, Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf bei Dresden
- 1979 Dächer, Giebel und Dreiecke, Altes Museum, Berlin (Ost)
- 1984 und 1989: Jubiläumsausstellungen Hermann Glöckner, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
- 1989: Malerei und Grafik, zum 100. Geburtstag, Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf bei Dresden
- 2003: Hermann Glöckner, für Dresden: Ausstellung zur Wiedereröffnung des Leonhardi-Museums
- 2010: Glöckner. Werke bis 1945: Ausstellung im Kupferstichkabinett Dresden
- 2011/12: Neue Sachlichkeit in Dresden. Malerei der Zwanziger Jahre von Dix bis Querner, 1. Oktober 2011 – 8. Januar 2012, Kunsthalle im Lipsius-Bau, Dresden
- 2014: Hermann Glöckner: Der Patriarch der Moderne. Zum 125. Geburtstag, Villa Grisebach, Berlin.[8]
- 2017: Hermann Glöckner – Werke im Rahmen des documenta 14-Projektes von Olaf Holzapfel.
Literatur
- Werner Schmidt. Hermann Glöckner. Maler und Werk. Verlag der Kunst. 1982
- Dirk Welich: Hermann Glöckner – Ein Beitrag zum Konstruktivismus in Sachsen. (PDF, 12,81 MB) Dissertation TU Dresden, 2005, online veröffentlicht am 20. Juli 2006. Kurzfassung: Hermann Glöckner – Ein Beitrag zum Konstruktivismus in Sachsen. Abgerufen am 6. September 2010
- Werner Lieberknecht (Fotografien): Die Werkstatt Hermann Glöckners. Leonhardi-Museum, Dresden 2005.
- Christian Dittrich, Werner Schmidt: Glöckner Gemälde und Zeichnungen. 1904 bis 1945. Sandstein Verlag, Dresden 2010, ISBN 978-3-942422-12-3.
- Villa Grisebach Auktionen (Hrsg.): Hermann Glöckner: Der Patriarch der Moderne. Zum 125. Geburtstag. Wolff Verlag, Schmalkalden 2014, ISBN 978-3-941461-18-5.
- Hermann Glöckner. Ein Meister der Moderne. Hermann Glöckner. A Master of Modernism. Ausst. Kat. Staatliche Graphische Sammlung München/Pinakothek der Moderne 2019/2020. Köln 2019, ISBN 978-3-96098-692-8.
- Dietrich Lohse: Glöckner in Coswig? Ideen, ausgeführte und verschwundene Sgraffito-Arbeiten. In: Vorschau & Rückblick; Monatsheft für Radebeul und Umgebung. Radebeuler Monatshefte e.V., Juni 2012, abgerufen am 3. September 2012.
- Dietrich Lohse: „Ein Glöckner“ kam zurück. In: Vorschau & Rückblick; Monatsheft für Radebeul und Umgebung. Radebeuler Monatshefte e. V., Dezember 2018, abgerufen am 1. Dezember 2018.
- Kurzbiografie zu: Glöckner, Hermann. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Hermann Glöckner. In: Birgit Dalbajewa (Hrsg.): Neue Sachlichkeit in Dresden. Sandstein Verlag, Dresden 2011, ISBN 978-3-942422-57-4, S. 210–211.
Weblinks
- Literatur von und über Hermann Glöckner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website des Hermann-Glöckner-Nachlasses
- Kurzer Besuch bei Hermann Glöckner. Defa Doku 1984 auf YouTube
- Institut für Auslandsbeziehungen (ifa)
- Fotodokumentation der Ausstellung von 1989 der Deutschen Fotothek
- Foto des Sgraffitos am ehemaligen Gasthof „Goldene Krone“ (Turnerweg 1) in Radebeul. In: Deutsche Fotothek.
- Rekonstruierter Glöckner vom Gasthof Reichenberg.
- Ausstellungen
Einzelnachweise
- Straßen und Plätze in Loschwitz. In: Dresdner-Stadtteile.de. Abgerufen am 5. Mai 2013.
- 100 Dresdner des 20. Jahrhunderts. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Dresdner Nachrichten, Dresden 31. Dezember 1999, S. 22.
- SKD | Online Collection. Abgerufen am 19. Februar 2022.
- Volker Helas (Bearb.): Stadt Radebeul. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Große Kreisstadt Radebeul (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen). Sax-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3.
- Hermann Glöckner Nachlass: Der Künstler
- Ein ungewöhnlicher Vorgang: Vom Versuch, in Reichenberg ein Putzbild zu retten.
- Eintrag in der Denkmaldatenbank des Landes Sachsen zur Denkmal-ID 08950986 (PDF, inklusive Kartenausschnitt). Abgerufen am 16. April 2021.
- Patriarch der Moderne in Welt am Sonntag vom 12. Oktober 2010, S. 49.