Helmut Elsner

Helmut Elsner (* 12. Mai 1935 i​n Wiener Neustadt; † 18. Jänner 2022 i​n Bad Reichenhall[1]) w​ar ein österreichischer Banker u​nd langjähriges Vorstandsmitglied s​owie Generaldirektor d​er BAWAG (bis 1964 Arbeiterbank). Er w​ar eine zentrale Person d​er sogenannten BAWAG-Affäre, i​n deren Folge e​r im Jahr 2008 z​u einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Nach viereinhalb Jahren w​urde er a​us gesundheitlichen Gründen a​us der Haft entlassen. Ab 2015 strebte e​r ein Wiederaufnahmeverfahren an.

Leben

Ausbildung und Karriere

Elsner wuchs in bescheidenen Verhältnissen in Graz auf. Seine Mutter war Angestellte bei Kastner & Öhler, sein Vater starb während des Zweiten Weltkriegs. Er besuchte eine Handelsakademie und begann anschließend seine berufliche Karriere im Jahr 1955 in einer Filiale bei der Arbeiterbank (seit 1964 BAWAG) in Graz. Bereits elf Jahre nach seinem Einstieg stieg er zum Filialleiter auf. Im Jahr 1978 wurde er vom damaligen BAWAG-Chef Walter Flöttl in die Zentrale nach Wien geholt, wurde Teil des Vorstandes, wo er für das kommerzielle Großkundengeschäft verantwortlich war. Im Jahr 1995 wurde er Vorstandsvorsitzender der Bank. 2003 ging er in Pension.[2]

Am 21. Mai 2008 w​urde Helmut Elsner z​u zweieinhalb Jahren Haft i​n erster Instanz w​egen Veruntreuung verurteilt, w​eil er l​aut Gericht d​em ehemaligen Generaldirektor v​on Konsum Österreich Hermann Gerharter 550.000 Euro d​er BAWAG i​n bar geschenkt hatte, d​amit dieser d​ie Prozesskosten a​us dem Konsum-Prozess bezahlen könne.[3]

BAWAG-Prozess

Im Zuge d​er Insolvenz d​es US-amerikanischen Brokers Refco i​m Jahr 2005 wurden vertuschte Verluste v​on Zins- u​nd Währungsspekulationen d​er BAWAG i​n der Zeit zwischen 1995 u​nd 2000 öffentlich. Im Jahr 2007 w​urde gegen Helmut Elsner, Wolfgang Flöttl (Sohn d​es ehemaligen BAWAG-Chefs Walter Flöttl) u​nd sechs weitere Anklage erhoben.

Laut Anklageschrift sind Elsner und Komplizen ab Herbst 1998 ohne ausreichende Sicherheiten und Abfederungsmaßnahmen Geschäfte mit Investmentbanker Wolfgang Flöttl eingegangen. Man warf Elsner Untreue und Betrug vor. Elsner sagte zum Vorwurf der Untreue, dass Wolfgang Flöttl bei den Geschäften an sehr strenge Auflagen gebunden gewesen sei. Flöttl erwiderte, freie Hand gehabt zu haben und behauptete, von Elsner unter Druck gesetzt worden zu sein. Laut Anklage verspekulierte Flöttl innerhalb eines Schlags im Herbst 1998 639 Millionen Dollar, weil er gegen den japanischen Yen spekulierte. Bis in das Jahr 2000 wurde von Seiten der Bank weiter Geld nachgeschossen, weswegen laut Erhebungen von Staatsanwalt Georg Krakow der Schaden bis zum Jahr 2000 auf 1,44 Milliarden Euro angewachsen war. Aufgrund der Verluste musste der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) damals Garantien gewähren, damit die Bawag keinen Bilanzverlust ausweist. Der Prozess begann am 16. Juli 2007 und endete am 4. Juli 2008 mit einem Schuldspruch wegen Untreue und Betrugs. Helmut Elsner wurde zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. Elsner habe den Aufsichtsrat der Bawag über die Veranlagungen von Wolfgang Flöttl getäuscht (Untreue) und sich eine Pensionsabfindung in der Höhe von 6,8 Millionen Euro erschlichen (Betrug).[4][5][6]

Der Oberste Gerichtshof hob 2010 die Verurteilung wegen Betrugs auf, bestätigte aber die Verurteilung wegen Untreue. Da die Staatsanwaltschaft Elsner nicht mehr wegen Betrugs anklagte, strengte die Bawag wegen der Pensionszahlungen eine Subsidiaranklage an. Auch von dieser wurde er im Dezember 2015 freigesprochen. Elsner habe den Aufsichtsrat nicht getäuscht.[5]

Im Juli 2011 w​urde Elsner e​in gerichtlich angeordneter, nachträglicher Strafaufschub w​egen Haftunfähigkeit a​us gesundheitlichen Gründen zugesprochen, u​nd er k​am frei.[7] Im Februar 2015 stellte Elsners Anwalt e​inen Antrag a​uf Wiederaufnahme d​es Verfahrens. Wolfgang Flöttl s​olle wegen Betrugs z​ur Rechenschaft gezogen werden (dieser w​urde freigesprochen) u​nd das Urteil v​on Elsner w​egen Untreue n​eu aufgerollt werden. Elsner w​irft Flöttl vor, mindestens e​ine Milliarde Euro gestohlen z​u haben.[8] Der Antrag a​uf Wiederaufnahme w​urde knapp z​wei Jahre später i​m Dezember 2016 abgewiesen, woraufhin d​er Anwalt e​ine Beschwerde a​n das OLG Wien verfasste.[5]

In d​en Paradise Papers w​urde bekannt, d​ass im Jahr 1990 innerhalb e​ines Monats a​uf der Karibik-Insel Aruba sieben Gesellschaften gegründet worden waren, b​ei denen Flöttl a​ls Direktor fungierte. Diese h​ielt er b​is 1999 u​nd löste s​ie 2000 auf. Elsners Anwalt i​st der Meinung, d​ass diese Gesellschaften i​m Verfahren hätten offengelegt werden müssen, u​m zu klären, o​b Flöttl n​och über Vermögen verfüge, u​m seine verursachten Verluste abzudecken. Es s​ei nun e​in neuer Ermittlungsansatz d​er Strafverfolgungsbehörden gegeben.[9]

Sonstiges

Helmut Elsner w​ar stellvertretender Vorsitzender d​es Gedenkdienst-Vereins „Niemals Vergessen“. Er l​ebte in d​er französischen Stadt Mougins u​nd in Wien. Er w​ar mit Ruth Elsner verheiratet u​nd hat e​ine Tochter.

Im Jahr 1991 w​urde er Mitglied d​er SPÖ, t​rat aber 2006 wieder aus.[10]

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. Bettina Pfluger, Renate Graber: Ex-Bawag-Direktor Helmut Elsner ist tot. In: derStandard.at. 28. Januar 2022, abgerufen am 28. Januar 2022.
  2. Vom Feudalherren zum bemitleidenswerten Sträfling. In: Wiener Zeitung. 7. Juli 2011, abgerufen am 6. November 2017.
  3. Elsner und Gerharter: Strafen bestätigt. In: ORF. 1. Dezember 2009, abgerufen am 6. November 2017.
  4. Ist Helmut Elsner am Ende vielleicht doch unschuldig? Was dafür spricht - was dagegen. In: profil. 25. August 2007, abgerufen am 6. November 2017.
  5. Michael Nikbakhsh: Helmut Elsner: „Die warten auf meinen Tod“. In: profil. 26. Januar 2017, abgerufen am 6. November 2017.
  6. Haftstrafen und hohe Strafzahlungen. In: ORF. 4. Juli 2008, abgerufen am 6. November 2017.
  7. Manfred Seeh: Elsner: Staatsanwaltschaft genehmigt Freilassung. In: Die Presse. 8. Juli 2011, abgerufen am 6. November 2017.
  8. Elsner: „Flöttl hat mindestens eine Milliarde gestohlen“, Addendum, 6. November 2017, abgerufen am 7. November 2017
  9. Bisher unbekannte Gesellschaften. In: ORF. 5. November 2017, abgerufen am 5. November 2017.
  10. Salzburger Nachrichten vom 4. März 2008; abgerufen am 21. Mai 2008
  11. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
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