Heinrich Schönfelder
Heinrich Ernst Schönfelder (* 16. Juli 1902 in Nossen; † 3. Juli 1944 bei Canossa, Provinz Massa-Carrara (vermisst); für tot erklärt am 7. November 1945) war ein deutscher Jurist, Herausgeber, Offizier der Luftwaffe des Deutschen Reiches und Autor.
Leben
Der Sohn des Nossener Kaufmanns Heinrich Schönfelder besuchte zunächst das Königin-Carola-Gymnasium in Leipzig,[1] bevor er 1916 an die Fürstenschule St. Afra nach Meißen wechselte, wo er 1922 sein Abitur als Fünftbester seines Jahrgangs ablegte. Sein Studium der Rechtswissenschaften absolvierte er in Tübingen und ab dem Sommersemester 1924 in Leipzig. Er war ab dem Sommersemester 1922 bis zu seinem Tode Mitglied der Tübinger Studentenverbindung Landsmannschaft Schottland. Ab November 1923 war er zwei Monate lang Zeitfreiwilliger in einem Infanterieregiment der Schwarzen Reichswehr.
Im Januar 1925 legte Schönfelder seine erste juristische Staatsprüfung in Leipzig ab. Nach seiner Promotion 1927 über die von ihm positiv beurteilte Wahlrechtsreform unter Benito Mussolini und dem Ablegen des zweiten Staatsexamens 1930 war er ab 1933 Amtsgerichtsrat in Sachsen.
1932 trat Schönfelder entgegen den Wünschen seiner Familie der Mazdaznan-Tempelgemeinde in Leipzig bei. Diese wurde im November 1935 wegen ihres „volksfremden, internationalistischen und pazifistischen Charakters sowie wegen ihrer dem nationalsozialistischen Rassengedanken widersprechenden Anschauungen“ verboten. Im September 1936 wurde eine Allgemeinverfügung des Reichsjustizministeriums mit dem Titel „Zugehörigkeit von Beamten zur Freimaurerloge, anderen Logen oder logenähnlichen Organisationen“ erlassen. Nach einer weiteren Allgemeinverfügung im Dezember 1936 galt die Mazdaznan-Bewegung als freimaurerlogeähnliche Organisation. Infolgedessen war Schönfelder von weiteren Beförderungen grundsätzlich ausgeschlossen.
Schönfelder trat am 1. April 1933 der NSDAP bei und wurde Blockwart. Er war außerdem Mitglied in Verbänden der NSDAP wie dem Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen (Beitritt am 20. November 1933) und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (Beitritt 1. November 1934), in denen er stellvertretender Ortsgruppenleiter bzw. Hauswart wurde. Weiterhin war er Mitglied im Reichsluftschutzbund, dem Deutschen Reichsbund für Leibesübungen, im Bund Deutscher Osten und im Reichskolonialbund.[2]
1940 ging Schönfelder, der sehr gut Italienisch sprach, zur Luftwaffe, wurde im September 1941 Offizier und 1942 Kriegsgerichtsrat in Italien. Sein Fahrzeug wurde im Juli 1944 bei einem Partisanenangriff getroffen.
Im Frühjahr 2021 gab der bayerische Justizminister Georg Eisenreich eine Studie beim Institut für Zeitgeschichte zu Schönfelder in Auftrag.[3]
Werke
1931 erschien die Gesetzessammlung Deutsche Reichsgesetze, deren Herausgeber er war. Unter dem Titel Deutsche Gesetze wird sie bis heute weitergeführt, seit der 4. Auflage (1935) als Loseblattsammlung, und ist allgemein als „Schönfelder“ bekannt. Der „Ziegelstein“ (wegen des roten Einbandes) ist ein bekanntes Buch innerhalb der Rechtswissenschaft.
Schönfelder führte zur Erleichterung des Arbeitens die Überschriften ein, die in eckigen Klammern über den Paragraphen stehen. Inzwischen hat der Gesetzgeber die Überschriften des BGB übernommen, sie sind also Teil des Gesetzes geworden und stehen dort nicht mehr in Klammern.
Ab der 4. Auflage (1935) enthielt die Sammlung in der Nummer 1 das Parteiprogramm der NSDAP und in den Nummern 2 bis 19 das nationalsozialistische Verfassungsrecht. Daher ist bis heute das erste in dieser Sammlung aufgeführte Gesetz, das BGB, erst als Nr. 20 gekennzeichnet. Das zwischenzeitlich unter Nummer 1 eingefügte Grundgesetz wurde aus Platzgründen wieder entfernt.
Seit 2007 gibt es neben der Loseblattsammlung wieder eine gebundene Ausgabe.
Im Juli 2021 wurde bekannt gegeben, die Textsammlung ab der nächsten Ergänzungslieferung nach Mathias Habersack zu benennen.[4] Um Missverständnisse auszuschließen, habe der Verlag sich entschlossen, Werke mit Namensgebern, die in der NS-Zeit eine aktive Rolle gespielt haben, umzubenennen.
1929, noch als Rechtsreferendar, initiierte und begründete Schönfelder beim Verlag C. H. Beck die preiswerte Reihe „Prüfe Dein Wissen“, die examensrelevantes Juristenwissen im Frage-und-Antwort-Stil vermittelt. Die erfolgreiche Reihe wurde 1934 unter den Nationalsozialisten eingestellt, aber nach Kriegsende vom Verlag neu aufgelegt und erscheint ebenfalls noch heute.
Familie und Privates
Schönfelder war der älteste von drei Söhnen des Wäschefabrikanten Heinrich Schönfelder und seiner Ehefrau Lina, geb. Rietschel. Heinrich Schönfelder war seit 1931 mit Ellen Siebert, der Tochter eines Architekten und Baumeisters, verheiratet und hatte zwei Söhne, Heinrich und Christian, wobei der jüngere Christian 2005 im Alter von 66 Jahren verstarb und seinerseits Nachkommen hinterließ. Die Ehe Schönfelders wurde am 22. Juni 1944 durch das Landgericht Dresden geschieden.
Heinrich Schönfelder war sehr gesundheitsbewusst, was auch die Mitgliedschaft in der Mazdaznan-Bewegung erklären lässt. Für Schönfelder, der sich dem Tennis- und Golfsport zuwandte, spielte Sport eine große Rolle.
Bibliographie
- Hans Wrobel: Heinrich Schönfelder – Sammler deutscher Gesetze 1902–1944. C.H. Beck, München 1997. ISBN 3-406-43085-6.
Weblinks
- Literatur von und über Heinrich Schönfelder im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Martin Otto: Schönfelder, Heinrich Ernst. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 411 f. (Digitalisat).
Einzelnachweise
- Kerstin Wagner: Ein Sammler deutscher Gesetze. Ausstellung über den Juristen Heinrich Schönfelder in der Rechtsbibliothek, in: SLUB-Kurier, 13. Jg., H. 3 (1999), S. 16.
- Hans Wrobel: Heinrich Schönfelder – Sammler deutscher Gesetze 1902–1944, C.H. Beck, München 1997, ISBN 3-406-43085-6, S. 102 f.
- Redaktion beck-aktuell: Beck-Verlag benennt Werke mit Namen aus der NS-Zeit um. In: rsw.beck.de. Abgerufen am 27. Juli 2021.
- C. H. BECK wird Werke aus seinem Verlagsprogramm umbenennen : Namen von Juristen, die in der NS-Zeit aktiv waren, werden auf den Titeln nicht beibehalten. Pressemitteilung. Abgerufen am 27. Juli 2021.