Hausgans
Die Hausgans ist ein Haustier und wird als Heim- und Nutztier gehalten. Die Stammform der meisten europäischen Hausgänse ist die Graugans (Anser anser). Höckergänse, domestizierte Formen der zentralasiatischen Schwanengans (Anser cygnoides), sind seltener. Hausgänse sind meist nicht flugfähig.
Benennung
In der deutschen Sprache gibt es besondere Bezeichnungen für männliche Gänse: Gänserich, Ganser, Ganterich oder Ganter. Gänseküken werden als Gänsel[1] oder Gössel[2] bezeichnet.
Geschichte
Schon die Römer und Germanen domestizierten die Graugans wegen ihres Fleisches und ihrer Federn.
Bei den Griechen war die Gans der Persephone heilig und diente als lieblicher Vogel, dessen Schönheit bewundert wurde, zu Geschenken an geliebte Knaben etc. Schon Penelope besaß eine kleine Schar von 20 Gänsen. Gänse wurden nicht nur wegen ihrer Heiligkeit gehalten, sondern bewusst gestopft – und zwar aus demselben Grund wie heute, zum Fettmachen ihrer Leber. Zwei recht frühe Belege bringen Gänse in einer Weise mit der Fütterung in Verbindung, die sie von den anderen Tieren auf den Bauernhof unterscheiden (Homer, 19,536 f; Kratinos 49 bei Athenaios 384c, wo die Passage aus der Odyssee ebenfalls zitiert ist). Bei den Römern war die Gans der Juno heilig, und es wurden daher in deren Tempel auf dem Kapitol Gänse gehalten, die bei dem Einfall der Gallier unter Brennus durch ihr Geschrei die Besatzung geweckt und so die Burg gerettet haben sollen. Wegen des starken Geschnatters bei einer Störung durch unbekannte Personen werden Gänse in der heutigen Zeit verschiedentlich als Wachgänse eingesetzt.
Eine besondere Rolle spielt die Gans auch im Martinsbrauchtum um den heiligen Martin von Tours.
Die Rassenbildung bei der Gans geschah hauptsächlich in Europa. Zuerst stand eine Zunahme der Körpergröße im Vordergrund. Schon vor 150 Jahren waren bei Hausgänsen 8 kg Lebendgewicht, bei Marschgänsen sogar 15 bis 20 kg erreicht. Später wurde die Vermehrungsleistung zunehmend wichtiger.
Die Gänse liefern nicht nur Fleisch und Feder, sondern auch das Gänseschmalz (das ausgelassene Fett der Gänse).[3] Gänsefett (lateinisch axungia anseris) wurde früher wie andere tierische Fette[4] auch zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet.
Zuchtgebiete
Gänse für den deutschen Markt werden meist aus Ländern wie Polen oder Ungarn importiert, wobei neben der Martinsgans vor allem die Weihnachtsgans eine wichtige Rolle spielt. Gänsestopfleber zur Bereitung von Gänseleberpastete wird meist aus Frankreich und Ungarn importiert, da das Stopfen von Gänsen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verboten ist.
Gänsemast
Hausgänse legen bis zu 60 Eier pro Saison. Gänseeier sind am Niederrhein eine lokale Spezialität. Hierzu werden Legegänse gehalten. Ihre Haltung unterscheidet sich grundlegend von der Mastganshaltung. Die Küken erreichen ihr Schlachtgewicht nach 9 bis 32 Wochen. Schnell gemästete Gänse haben nach neun Wochen etwa ein Schlachtgewicht von 4,5 bis 5,5 kg. Bei Intensivmast erreichen die Tiere ihr Schlachtgewicht von 5,5 bis 6,5 kg nach etwa vier Monaten. Bei Weidemast haben die Tiere erst nach fünf bis acht Monaten ihr Endgewicht von 6,5 bis 7,5 kg.
Gänserassen
Es werden etwa 100 Gänserassen unterschieden,[5] die nach Größe und Lege- bzw. Brutverhalten eingeteilt werden. Die wohl älteste Hausgansrasse ist die Emder Gans, eine schwere Legegansrasse, die aus in der Gegend von Emden und Bremen gehaltenen großen Landgänsen hervorging. Bereits im 19. Jahrhundert wurde sie in den USA, in England, Böhmen und Ungarn verbreitet. Eine recht neue Gänserasse ist die Deutsche Legegans, die einen für die heutige Produktion von Gänsefleisch bevorzugten mittelschweren Typ repräsentiert.
Farbenschläge
Manche Gänserassen gibt es in mehreren Farbenschlägen. Farbenschläge beschreiben, welcher Bereich des Gefieders welche Farbe hat. Hier die bekanntesten Farbenschläge mit den Beschreibungen:
- Weiß:
- Bei weißen Gänsen sind alle Federn weiß.
- Grau:
- Grau ist die Wild-Farbe der Gänse (siehe Graugans und Schwanengans). Graue Gänse haben ein leicht bräunlich-graues Gefieder, nur Bauch und Hinterteil sind weiß. Die Federn an der Schulter, die Tragefedern, auch genannt: Schenkelgefieder, und die Schwingenfedern haben einen weißen Saum.
- Blau:
- Das Blau ist ein verdünntes Grau, sonst wie bei Grau.
- Braun:
- Zeichnung wie bei Grau, nur lederbraun statt grau. Die braune Farbe wird rezessiv vererbt, bei starker Sonneneinstrahlung verblasst sie.
- Gescheckt:
- Gescheckte Farbenschläge gibt es unter anderem in grau (graugescheckt), in blau (blaugescheckt) und in braun (braungescheckt). Betroffen sind der Kopf, etwa die obere Hälfte des Halses, das Schultergefieder (von oben betrachtet herzförmig), der Unterrücken, die Tragefedern ('Schenkelgefieder'), und die Steuerfedern. Die Federn an der Schulter, die Tragefedern und die Schwingenfedern haben einen weißen Saum.
Höckergans
Eine weitere domestizierte Form ist die Höckergans, die aus der aus Ostasien stammenden Schwanengans gezüchtet wurde. Sie kann erfolgreich mit den europäischen Hausgänsen gekreuzt werden.
Literatur
- Martin Platzbecker: Der Große Geflügelstandard in Farbe. 2., vollst. überarb. und erw. Auflage. Band 3: Wassergeflügel: Gänse und Enten. Oertel und Spörer, Reutlingen 2000, ISBN 3-88627-219-2.
Weblinks
- Manfred Golze: Haltung von Mastgänsen. In: Nischen der Geflügelhaltung und Erzeugung. Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL), 2005, abgerufen am 16. Februar 2015 (Interne KTBL-Auftragsarbeit).
Einzelnachweise
- GRIMM, GÄNSEL,GENSEL, n.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Hirzel, Leipzig 1854–1961 (woerterbuchnetz.de, Universität Trier).
- GRIMM, GÖSSEL, überwiegend n., junge gans, gänseküken.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Hirzel, Leipzig 1854–1961 (woerterbuchnetz.de, Universität Trier).
- Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 131 (mittelhochdeutsch gensesmalz).
- Vgl. etwa Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 136.
- Gänserassen. In: Geflügelrassen-Enzyklopädie (2011–2016). zooenc.eu, abgerufen am 24. Juli 2016.