Hartl Haus
Hartl Haus ist der älteste österreichische Fertighaushersteller, gegründet 1897. Das Unternehmen hat seinen Sitz im niederösterreichischen Waldviertel. 2012 wurde ein Umsatz von 42,5 Millionen Euro erwirtschaftet.[1]
HARTL HAUS Holzindustrie GmbH | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1897 |
Sitz | 3903 Echsenbach, Haimschlag 30 |
Leitung | Geschäftsführer: Peter Suter, Yves Suter |
Mitarbeiterzahl | 300 (2020) |
Umsatz | 37,5 Mio. Euro (2015) |
Branche | Fertighaushersteller, Bautischlerei, Möbeltischlerei |
Website | www.hartlhaus.at |
Jährlich werden etwa 300 ausschließlich in Österreich produzierte Einfamilien-, Doppel- und Reihenhauseinheiten in Holztafelbauweise mit massiver Holzverbundkonstruktion für den österreichischen Markt, sowie die Exportmärkte Deutschland, Schweiz, Italien und Tschechien gefertigt.
Geschichte
Die Geschichte der Hartl Haus beginnt im Jahr 1897, als der aus dem Böhmerwald stammende Zimmermeister Wenzel Hartl eine eigene Zimmerei samt einem kleinen Dampfsägewerk im heutigen 19. Wiener Gemeindebezirk (Sievering) gründete.[2]
Im Jahr 1904 ging eine große neuerrichtete Sägehalle mit 2 Vollgattern neuester Konstruktion in Betrieb. Das Sägewerk ist bereits mit Dampfbetrieb ausgestattet. Kleine Konstruktionen im Holzbaubereich werden ausgeführt. Im Jahr 1908 erhielt das Unternehmen mit dem Bau der großen Ballonhalle in Fischamend mit 100 Metern Länge und 26 Metern Höhe seinen ersten bedeutenden Auftrag, der zugleich eine Pionierarbeit im Nagelbau darstellt.
Fertighäuser tauchen in der Geschichte der Hartl Haus erstmals 1910 auf, als das Unternehmen ein erstes vorgefertigtes Einfamilienhaus errichtet. In diesem Zusammenhang begutachtet der damalige Kaiser Franz Joseph I. das im Rahmen der 1. internationalen Jagdausstellung erstmals von Hartl in der Monarchie präsentierte Konstruktionsverfahren zum Bau von Einfamilienhäusern. Das Haus steht heute noch in Echsenbach/NÖ.
In den Folgejahren sind die Fertighäuser nicht das Kerngeschäft der Hartl, sondern weiterhin Holz- und andere Konstruktionen und Holzlieferungen. Deshalb erhält Hartl 1911 die Kaiserliche Auszeichnung zur Führung des Hoflieferantentitels.
Im Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918 entstehen bei Hartl Bogendächer mit 20 bis 30 Meter Spannweite, die für Hangarbauten in das gesamte Kaiserreich geliefert werden und zur Errichtung von ganzen Fliegerhorsten dienen. Neben der laufenden Errichtung von großen Hallenbauten wie Messe- und Filmhallen, Großgaragen, Kühl- und Lagertürme, Getreidespeicher, Brückenbauten sowie schweren Eisenbahnbrücken mit über 40 Meter Spannweite, Hochspannungsmasten und Bohrtürmen, beginnt Hartl mit dem Einstieg in den Schul- und Turnhallenbau, dem Bäderbau, der Überleitung von militärisch-, industriell oder gewerblich nutzbaren Objektbauten auf den Hausbau im aufstrebenden Wien, dem Ringstraßenbauten öffentlicher und privater Bauherren sowie sozialem Wohnungsbau.
Im Jahr 1920 wird aus der Einzelfirma Wenzel Hartl eine Personengesellschaft. 1922 folgt die Angliederung eines eigenen Baubetriebes. Der schon frühzeitig angeschlossene Tischlereibetrieb führt neben direkten Bautischlerarbeiten solche für die fertig zu liefernden Objekte in Einzelstücken und großen Serien aus. Auch hier sei auf die vielen Spezialausführungen hingewiesen. Auch einfache Möbel für die Holzhäuser und Serienlieferungen werden schon Aufgabe der eigenen Tischlerei.
Wegen des anhaltenden Aufschwungs und dem steigenden Schnittholzbedarf des Zimmereibetriebes wird die Gründung eines eigenen großen Sägewerkes nötig, welches 1924 in Echsenbach/Waldviertel entsteht, wo die heutige Zentrale und der Firmensitz angesiedelt ist. Die neue Anlage wächst rasch in den folgenden Jahren zur bedeutendsten holzverarbeitenden Anlage des nördlichen Niederösterreichs heran. HARTL richtet die Abteilungen Sägerei, Zimmerei, Tischlerei, Bautischlerei und Fertighausbetrieb ein, darüber hinaus wird eine Baumeisterkonzession erworben. Daraufhin konnten schon bald die ersten Aufträge für Bauarbeiten in Angriff genommen werden. Bis Ende der zwanziger Jahre entwickelte sich ein erfolgreiches Geschäft mit Holzwohnhäuser und Hallenbauten.
Der großflächige Fertighausbau beginnt mit Aufnahme der serienmäßigen Erzeugung von Holz-Fertighäusern. Dabei meldet Hartl ein Patent für den gezahnten Ringdübel an. Im Jahr 1930 folgt dann in der Bautischlerei die Fertigung von Fenstern, Türen, Stiegen und Sonderkonstruktionen auf industrieller Basis und großer Kapazität.
Im Zuge dieser Expansion ist das Werk Echsenbach durch zielbewusste Aufbauarbeit in den dreißiger Jahren in die Dimension eines modernen, fortschrittlichen Industriebetriebes hineingewachsen. Dabei erweist sich die Vielseitigkeit des Unternehmens und große Anpassungsfähigkeit an verändernde Marktverhältnisse sowie eine zielstrebige technische Entwicklungsarbeit als besonderer Vorteil. Wohn-, Siedlungs- und Reihenhäuser und Institutsbauten legen Zeugnis einer äußerst regen Bautätigkeit in den ganzen dreißiger Jahren ab. So sind zu Kriegsbeginn 1939 schon über 1000 Häuser in Österreich errichtet worden, davon alleine 500 Holzwohnhäuser in Wien und Umgebung. Ebenfalls 1939 wird das Werk Echsenbach wegen des Zweiten Weltkrieges zur Reichsproduktion von militärischen Gütern verpflichtet. Somit ersetzen bei HARTL der Munitionskistenbau, der Bau von Mannschaftsunterkünften für Soldaten und Militärbaracken den privaten Einfamilienhausbau. 1943 werden die Anlagen des Werkes Echsenbach durch einen Großbrand vernichtet und können somit nicht mehr genutzt werden. Damit endet auch der Bau von militärischen Gütern in Eschenbach. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden von Juli bis Jänner 1945 ungarische Juden als Zwangsarbeiter eingesetzt.[3]
Das Werk wird wieder aufgebaut und kann so nach Ende des Krieges wieder genutzt werden. Bedingt durch der herrschenden Wohnungsnot nach Kriegsende und der raschen Erreichbarkeit der Holzwohnhäuser kommt es zu einem regelrechten Boom für Einfamilienhäuser und Wohnhausanlagen ab Ende der 40er Jahre, von dem HARTL erheblich profitierte.
Nach Jahren der Expansion, vorwiegend im Fertigbau-Segment, sowie auch einigen internationalen Aufträgen führte Hartl im Jahr 1962 die sogenannte Tafelbauweise (Kleintafel) ein. Im selben Jahr errichtete der Konzern auch zwei Turnhallen in Tel Aviv/Israel. Eine größere Expansion im Ausland startete 1965 mit Aufnahme einer umfangreichen Exporttätigkeit von Serien-Holzwohnhäusern, wobei eine Forcierung auf Baustellencamps und anderen Objektbauten in den Erdöl-Förderländern, Errichtung von ganzen Wohnsiedlungen und Dörfern in Erdbebengebieten samt Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und Büroobjekten stattfand. 1966 lief zudem der Export von Einfamilienhäuser in die Schweiz an.
Im Jahr 1975 überarbeitete Hartl mit der Umstellung auf Großtafelbauweise sowie der Errichtung von modernen Wand-, Montagetischen und Fertigungsstraßen ihre Produktionstechniken und -anlagen.
1979 arbeitete Hartl erstmals mit der Talot AG Schweiz, welche ein Gründungsmitglied des Österreichischen Fertighausverbandes ist, zusammen.
Im Jahr 1984 führte Hartl die Marke Hartl Haus für Einfamilienhäuser in Österreich ein. 1985 schlossen sich Hartl und die Talot AG Schweiz zur Hartl Haus Österreich zusammen, mit der Talot AG als Muttergesellschaft.
In den Folgejahren wurde die Expansion fortgeführt und die Produktpalette erweitert, wie zum Beispiel mit der Aufnahme des Küchenbaues 1987 ins Sortiment oder 1990 die Entwicklung der Hartl Ökowand. 1990 wird zudem die Geschäftsleitung an Roland und Peter Suter übergeben.
Im Jahr 1991 erzielte Hartl Haus Rekordumsatz im Bereich Fertighäuser. Im selben Jahr erfolgte die Gründung einer 100%igen Hartl/Talot-Tochter in Deutschland sowie eines Architektenringes in der Schweiz. Gleichzeitig startet eine Exportoffensive in die Schweiz und nach Deutschland, bis schließlich 1994 eine Werbeoffensive im ganzen zentraleuropäischen Raum betrieben wird. Wegen der guten Nachfrage im Bereich Fertighäuser wurden 1995 Großinvestitionen im Werk Echsenbach vorgenommen, bei der eine neu erbaute Produktionshalle für Fertighäuser entstand. 1999 kam es zum Marken-Relaunch mit neuem Logo, neuen Slogan und neuer Firmenphilosophie. Fertighäuser haben inzwischen andere Produktionen im Hause Hartl verdrängt, das sich nur mehr auf Fertighäuser konzentriert.
Im Jahr 2004 wurde das Unternehmen klima:aktiv-Projektpartner. In diesem Zusammenhang schaffte Hartl Haus auf Initiative von Umweltminister Josef Pröll das erste klima:aktiv-Fertighaus Österreichs in einer Bauzeit von nur 4 Monaten.
2007 wurden die Exportmärkte Tschechien und Italien durch dort gegründete Tochterunternehmen stärker in den Fertighaus-Export einbezogen. Im selben Jahr ist Hartl der erste Fertighaushersteller, welcher die Europäische Technische Zulassung (ETZ) inklusive Brandschutz erhält. 2008 gelang die Entwicklung einer neuen Wandkonstruktion – die Passivhauswand.
2010/11 investierte das Unternehmen insgesamt 7,7 Mio. € für die Vergrößerung der Produktionshallen, für die Erneuerung der gesamten Fertigungsanlagen sowie für die Errichtung eines neuen Ausstattungs- und Sales-Centers.
2012 wurde erstmals die „Goldenen Kelle“ seitens Land NÖ an ein HARTL Haus verliehen. Weiters erhalten die beiden geschäftsführenden Gesellschafter Roland Suter und Peter Suter für herausragende Verdienste um das Land NÖ das „Große Ehrenzeichen“.
2014 wurde eine neue CNC-Fensterproduktionsanlage für Holz-Alufenster errichtet. Folglich wurde ein neues passivhaustaugliches Holz-Alufenster mit 3-fach Verglasung und noch besseren Werten (Glaswert 0,5 W/(m²·K), Gesamtfensterwert 0,75 W/(m²·K)) vorgestellt.
2015 wurde das neue Musterhaus „Classic 157 S – Dachfirst offen“ in Eugendorf eröffnet; Markenrelaunch mit neuem Logo und Slogan „Applaus, Applaus – ein Hartl Haus“.
In den darauffolgenden Jahren wurden drei weitere innovative Musterhäuser eröffnet: "Elegance 136 W" im Fertighauspark Blaue Lagune, "Ambition 157 W" in Poing bei München und "Elegance 128 W" in Haid.
Unter dem neuen Geschäftsführer Dir. Yves Suter wurde im Jahr 2020 am Werksgelände in Echsenbach eine 5.300 m² große Bautischlerei fertiggestellt. Das neue Gebäude ist unter anderem mit intelligentem Wärmerückgewinnungssystem, einer Lackieranlage mit Spritzroboter und top Staub- und Späneabsaugung ausgestattet. Auf der südseitigen Dachfläche wurde eine 302 kWpeak Photovoltaikanlage installiert. In Verbindung mit der bestehenden PV-Anlage am Werksgelände spart das Unternehmen so rund 130 Tonnen CO2 im Jahr ein – für deren Neutralisierung sonst rund 4.500 Bäume notwendig wären.
Mitgliedschaften und Gütezeichen
- Austria Gütezeichen
- Staatliche Auszeichnung
- Österreichischer Fertighausverband
- Europäische Technische Zulassung (ETZ)
- klima:aktiv Projektpartner
- ÜA-Zeichen
- ISO 9001 Zertifizierung
- IQNet Zertifizierung
- CE-Kennzeichnung
- Gütezeichen Holzbauteile RAL Montagebau Fertighäuser
Einzelnachweise
- Hartl Haus geht es besser als der Branche (Memento vom 2. März 2016 im Internet Archive), Wirtschaftsblatt, 25. Januar 2013
- HARTL Jahrtausend-Buch, 2000, S. 325ff.
- Zwangsarbeitslager für ungarische Juden in Österreich, Eintrag Echsenbach auf deutschland-ein-denkmal.de