Harald Weyel
Harald Weyel (* 30. August 1959 in Herborn) ist ein deutscher Ökonom und Politiker (AfD). Er ist seit der Bundestagswahl 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages.
Werdegang
Weyel ist Sohn eines afroamerikanischen GIs und einer Köchin aus dem Westerwald.[1] Ein Jahr nach seiner Geburt verließ der Vater die Familie und kehrte nach Raleigh in North Carolina zurück.[1] Weyel wuchs in Herborn auf, begann eine Mechanikerlehre und legte dann das Abitur in Marburg an der Lahn ab. Er studierte in West-Berlin, Marburg und Oldenburg Geographie, Romanistik, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. 1987 schloss er sein Studium als Dipl.-Ökonom ab und arbeitete dann im Öffentlichen Dienst. 1993 wurde er mit einer Dissertation über die Dekolonisierung Belizes[2] zum Dr. rer. pol. promoviert und vertrat eine Professur für „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Außenwirtschaft und Fachsprache Englisch“ an der FH Köln von 1997 bis 2000. Dort erhielt er anschließend eine Professur für Betriebswirtschaft.[3]
Vor der Europawahl 2009 trat er in die Partei „Freie Wähler“ ein und 2013 dann in die AfD über.[3]
Weyel wurde im Januar 2018[4] und erneut im November 2018[5] die Immunität entzogen, um die Durchführung eines Disziplinarverfahrens zu ermöglichen, das im Juni 2020 eingestellt[6] wurde. Ihm war vorgeworfen worden, in Lehrveranstaltungen EU feindliche Positionen vertreten, die Bedeutung des Holocausts relativiert und politisch einseitige Lösungsvorschläge zur Bewältigung der Euro-Krise dargestellt zu haben; die Hochschule kam zu dem Ergebnis, Aussagen und zur Aufklärung herangezogene Materialien hätten „teilweise Auffälligkeiten“ bestätigt, aber kein Dienstvergehen. Weyel gab an, er sehe sich bestärkt, „junge Menschen durch das Aufzeigen von alternativen Sichtweisen zum selbstständigen Denken zu erziehen“.[7]
Harald Weyel ist geschieden und hat ein Kind.[1]
Politik
Weyel zog über die AfD-Landesliste NRW (Listenplatz Nr. 3) in den 19. Bundestag ein.[8] Als seine Politikfelder nannte er beim WDR für die kommende Legislaturperiode die „Außenwirtschaftspolitik, inklusive EU und Entwicklungshilfe“.[9] Weyel ist Obmann und Ordentliches Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union sowie Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung des 19. Deutschen Bundestags.[10] Er ist Stellvertretender Vorsitzender der Parlamentariergruppe USA im Deutschen Bundestag.[11] Seit 2019 ist Harald Weyel Mitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung.
Nach seiner Wahl in den Bundestag 2017 schrieb die Wochenzeitung Die Zeit: „Innerhalb der AfD ist Harald Weyel bislang kaum aufgefallen. Umso drastischer inszeniert er sich bei Facebook.“ Er teile sexistische Beiträge, in denen Frauen ein genetisch bedingter Mangel an Intelligenz unterstellt wird. Die Betonbarrieren, mit denen Veranstaltungen vor Terroranschlägen geschützt werden sollen, nannte Weyel ein „Mahnmal für noch nicht getötete Deutsche und ihre Freunde“.[12]
Weyels Mitarbeiter Erik Lehnert war Geschäftsführer des Instituts für Staatspolitik, einer Denkfabrik der Neuen Rechten, und Kuratoriumsmitglied der neurechten Titurel-Stiftung, deren Geldgeber ein Haus für die Identitären in Halle erworben hat.[13]
Harald Weyel ist Mitglied im Kuratorium der Desiderius-Erasmus-Stiftung.
Von der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag wurde er am 13. November 2020 für die Wahl zum Bundestagsvizepräsidenten vorgeschlagen.[14] Jedoch erreichte er im ersten Wahlgang am 26. November 2020 mit 104 nicht die erforderliche Anzahl an Stimmen der Abgeordneten.[15]
Schriften (Auswahl)
- Weltmarkt und Dekolonisierung, das Beispiel Belize. Eine Analyse der Möglichkeiten nationaler und regionaler ökonomischer Emanzipation auf dissoziativen und integrativen Wegen im postsozialistischen Zeitalter, 1993 (= Oldenburg, Univ., Diss., 1993).
- Internationale Betriebswirtschaftslehre und kulturelle Evolution. Internationalität, Wirtschaft und Kultur im 21. Jahrhundert, Lohmar/Köln: Josef Eul Verlag 2003.
- Gemeinsam mit Helmut Bujard, Lothar Cerny und Walter Gutzeit: Wirtschaft und Kultur, Berlin/Boston: de Gruyter 2011.
- Die Verdammten Europas. Bemerkungen zur deutschen Lage, Lüdinghausen/Neuruppin: Manuscriptum 2021.
Weblinks
- Private Website von Harald Weyel
- Harald Weyel auf bundestag.de
Einzelnachweise
- Mariam Lau: Zurück ins Kaiserreich, Zeit Online, 15. November 2017; erschienen in: Die Zeit 47/2017 vom 16. November 2017.
- Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Abgerufen am 20. Januar 2019.
- Prof. Dr. Harald Weyel - Alternative für Deutschland. Abgerufen am 3. Oktober 2017.
- Immunität zweier Abgeordneter aufgehoben. In: Deutscher Bundestag. 18. Januar 2018. Abgerufen am 18. Januar 2018.
- Beschlussempfehlung zum Antrag auf Aufhebung der Immunität vom 22.11.2018. In: Deutscher Bundestag. 22. November 2018. Abgerufen am 23. November 2018.
- Süddeutsche Zeitung: Hochschule stellt Disziplinarverfahren gegen Weyel ein. Abgerufen am 15. Juni 2020.
- „Hochschule stellt Disziplinarverfahren gegen Weyel ein“, welt.de, 5. Juni 2020, abgerufen am 13. November 2020
- Der Bundeswahlleiter: Gewählte auf Landeslisten der Parteien in Nordrhein-Westfalen - Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 8. November 2017.
- Kandidat Harald Weyel (AfD), Landesliste. In: Westdeutscher Rundfunk. 25. September 2017, abgerufen am 3. Oktober 2017.
- Deutscher Bundestag - Prof. Dr. Harald Weyel. In: Deutscher Bundestag. Abgerufen am 22. Februar 2018.
- Deutscher Bundestag - Weltweit vernetzt - die Parlamentariergruppen. Abgerufen am 15. Juni 2020.
- Kai Biermann, Astrid Geisler, Christina Holzinger, Paul Middelhoff, Karsten Polke-Majewski: AfD-Fraktion: Rechts bis extrem im Bundestag. In: Die Zeit. 26. September 2017, abgerufen am 4. Oktober 2017.
- Kai Biermann, Astrid Geisler, Johannes Radke, Tilman Steffen: AfD-Abgeordnete beschäftigen Rechtsextreme und Verfassungsfeinde. In: Zeit online. 21. März 2018.
- Bundestag.de
- Dagmar Ziegler zur neuen Bundestags-Vize gewählt. 26. November 2020, abgerufen am 26. November 2020 (deutsch).