Gruberhof
Der Gruberhof, eine alte Hofreite, wird seit 1987 als das Museum und Kulturzentrum der Stadt Groß-Umstadt genutzt. Der Museumshof beinhaltet eine überregional bedeutsame und einmalige Sammlung aus Landwirtschaft, Handwerk und Geschichte, die auch das Hessische Fernsehen[1] regelmäßig für Sendungen nutzt. Neben der Nutzung als Museum wird es für historische Vorträge, Traditionsfeste und kulturelle Veranstaltungen verwendet. Der Name nimmt keinen Bezug auf eine Grube oder ein ähnliches Lehnwort, sondern ist dem letzten privaten Besitzer des Hofes geschuldet.
Innenhof der Museumshofreite mit Blick zum Kuhstall, heute Gaststätte und Vortragsort des Museumsvereins | |
Daten | |
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Ort | Groß-Umstadt |
Art |
Stadt-, Heimat- und Bauernhofmuseum, Kulturzentrum
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Architekt | (Hofreite) |
Eröffnung | 19. April 1987 |
Besucheranzahl (jährlich) | mehrere Tausend |
Betreiber |
Umstädter Museums- & Geschichtsverein e.V.
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Leitung |
Hr. R. Schütz,
1. Vorsitzender des Vereins |
Website | |
ISIL | DE-MUS-954318 |
Ziele und Aufgaben
Der Gruberhof erfüllt Funktionen als Stadt-, Heimat- und Bauernhofmuseum mit verschiedenen handwerklichen Abteilungen. Ein großer Teil ist als Freilichtmuseum konzipiert. Es ist meist von Ostern bis Ende Oktober jeweils am Sonntag oder zu bestimmten Veranstaltungsterminen geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Ziel ist das historische und kulturelle Erbe der Stadt und der Region Odenwald zu erhalten, zu dokumentieren und weiterzuentwickeln. Das Museum ist eine kommunale Einrichtung, getragen vom gemeinnützigen Museums- und Geschichtsverein Groß-Umstadt, der alle Aufgaben wie das Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln als Gestaltung eines interkulturellen Rahmenprogramms treuhänderisch für die Stadt sowie die Bevölkerung Groß-Umstadts wahrnimmt. Auch die Ortsgruppe des Odenwaldklubs hat hier ein Domizil. Der Museumsverein gibt mit Autmundisstat – Beiträge zur Geschichte eine eigene Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt und Region heraus.[2] Dabei wird jährlich die Vortragsreihe aufgearbeitet, aber auch Bücher zu speziellen Themen veröffentlicht, so zum Beispiel zum Umstädter Pestbuch[3], zu 1250 Jahren Ortsgeschichte, zur Geschichte der Firma RESOPAL und weiteren Themen.
Geschichte
Geschichte des Gruberhofes
Der Umstädter Scharfrichter und Wasenmeister Johann Schwert ging 1708 nach Gießen ohne sein Erbrecht in Umstadt aufzugeben. Ein Sohn aus der Frankfurter Henkerdynastie Klotz, Anton Klotz, heiratete Anna Margaretha Schwert. Seine Erbleihe wurde 1727 erst sieben Tage vor seinem Tod bestätigt. Einer der Nachgeborenen kehrte 1806 nach Umstadt zurück. 1816 wurde dem Wasenmeister Klotz vor der Stadt die sogenannte „Rauhwiese“ für die neue Abdeckerei überlassen (im Tausch für das alte Gelände innerhalb der Stadt, das inzwischen vom Wohngebiet der Stadt eingeschlossen war; nach der Stadtordnung musste eine Abdeckerei wegen Infektionsgefahr aber außerhalb liegen). 1838 wurden Heinrich Klotz in einem Vergleich die Rechte an der Wasenmeisterei „für die Zeit seines Lebens“ bestätigt. Die alten Erbrechte von 1664 und in 6. Generation vorhanden erloschen damit. 1908 starb die männliche Linie aus und ging durch Heirat an die Familie Gruber über. Auch der Name änderte sich zum noch heute bekannten Gruberhof. Die Familie besaß eine große Schäferei bis Mitte der 1970er Jahre mit mehreren Tausend Schafen. Herden weideten in Hessen und Bayern und wurden bis nach Sachsen verkauft oder zum Schlachten bis nach Leipzig getrieben. 1985 und 1986 wurden im Hof erste museale Ausstellungen gezeigt. Zur Jahreswende 1986/1987 kaufte die Stadt den kompletten Hof und baute ihn als Museum und Kulturzentrum aus, das Ostern 1987 als Umstädter Museum eingeweiht wurde. Fünf Jahre später hatte sich auch der lokale Ausleger des Odenwaldklubs mit dem Ausbau des früheren Schafstalls ein Domizil geschaffen.
- Ostseite des Dreiseitenhofes mit Ausstellungen zur Geschichte der Stadt und zum lokalen Weinbau
- Herrenhaus des Museumshofes
- Westseite des Museumshofes mit der Gaststätte "Kuhstall"
- Der Vorgarten vor dem nördlichen Querflügel des Gruberhofes an der "Beune" gelegen
Geschichte des Museumsvereins
Es ist den Familien Emmerich der Stadt zu danken, die seit den 1970er Jahren ein kleines Privatmuseum zur Geschichte der Stadt und ihrer Einwohner aufbauten und vieles vor dem Vergessen bewahrten. Erste Ausstellungen fanden in der eigenen Scheune statt. Am 9. Dezember 1979 wurde der Museumsverein gegründet, mit großen Weinversteigerungen in den 1980er Jahren im Pfälzer Schloss die Museumsarbeit finanziert. Da bald die Summe des Inventars die Lager- und Ausstellungsmöglichkeiten überstieg, wurde das Angebot der damals auf dem Gruberhof lebenden Familie zum Unterstellen und Ausstellen genutzt. Ein Ansinnen an die Stadt für einen Museumskomplex wurde nach Prüfung verschiedener Varianten 1987 mit dem Aufkauf des Gruberhofes abgeschlossen und dem Museumsverein zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig sicherte sich die Stadt ein Nutzungsrecht für kulturelle Veranstaltungen. 1992 kam der Odenwaldklub dazu. Die Leistungen beim Aufbau eines Museums wurden 1996 mit dem Kulturpreis der Stadt gewürdigt und die Ehrenmedaille der Stadt dem Vereinsmitglied August Fischer für seine langjährige Arbeit auf dem Gebiet der Archäologie und Heimatforschung verliehen. 1993 konnte der bei Ausgrabungen gefundene fränkische Krieger im Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Das Museum
Aufbau und Inhalt des Museums
Vom Innenhof des Dreiseitenhofes mit Herrschaftshaus aus sind die verschiedenen Abteilungen des Museums einzeln zu betreten: Wagnerei, Schreinerei, Spenglerei, Sattlerei, Schuhmacher und Schmiede (mit Dampfhammer und einer mechanisch betriebenen Handbohrmaschine) sowie einer alten Elektrowerkstatt. Aufgebaut sind eine Backstube, Waschküche sowie eine Futterküche. Eine komplette Drogerie der 1920er Jahre komplettiert das Ganze. In einer großen Scheune wird ein Überblick über diverse landwirtschaftliche Geräte gegeben. Breiten Raum nimmt daneben die Weinverarbeitung ein. Die Umstädter Rebsorten werden erläutert, die Pressen zum Keltern, eine Küferwerkstatt und der obligatorische Umstädter Weinkeller ergänzen das Museum. Brauereien hatten ihren Sitz in der Stadt. In einem Modell wird daher die Funktionsweise der Brauerei „Brenner“ erläutert.
Die Gegensätze zwischen Gesindewohnung und Bürgerwohnung werden aufgezeigt. Einer im Obergeschoss des Nebengebäudes komplett eingerichteten Gesindewohnung steht im Wohnhaus eine aus Heubach stammende nahezu vollständige Einrichtung einer Bürgerwohnung gegenüber.
Die reichhaltige Geschichte wird in einer eigenen archäologischen Abteilung dargestellt. Dazu gehören steinzeitliche Funde, römische Ausgrabungsstücke wie der Traubenstein, Teile eines Hypocaustums und Funde einer villa rustica unter der Stadtkirche. Der fränkische Krieger zeugen ebenso wie das etwa 400 Jahre alte Umstädter Richtschwert von reichhaltiger Geschichte. Im ehemaligen Schafstall, der umgebaut heute als Versammlungs-, Vortragsraum und Gaststätte genutzt wird, finden auch Weinproben von Weinen der „Odenwälder Weininsel“ (der Bereich Umstadt gehört zum Weinanbaugebiet Hessische Bergstraße) statt. Zu besonderen Gelegenheiten wird im noch funktionsfähigen Backhaus selbst Brot gebacken. Ein Schulzimmer der 1920er Jahre, das Modell des Umstädter Freibades, eine Ritzert-Turmuhr, eine Imkerei, viele bäuerliche Großgeräte (zum Beispiel ein Lanz Bulldog Traktor, mehrere Kutschen, Mähbinder, Dreschmaschinen, Holzschneidemaschinen, Leiterwagen, Kartoffelsortiermaschine, Strohschneidemaschinen, Kleedrescher, Jauchewagen, eine Pflugsammlung), die unter dem 2000 neugebauten Schleppdach zu sehen sind, ergänzen Informationen zur Landwirtschaft der letzten 200 Jahre. Ein Bauerngarten, sowie Grab- und Grenzsteine der Gemarkung gehören ebenso dazu, wie ein Schäferkarren und umfangreiche Informationen zur Schäferei. Durch die Arbeit des Museumsvereins konnte im Jahr 2012 eine immer umfangreichere Ausstellung zum jüdischen Leben in Umstadt aufgebaut werden. Seit 2019 wird ein Teilgebäude um- und ausgebaut, um die Ausstellungen erweitern zu können.
- Blick in den Wohn- und Schlafbereich der Gesindewohnung
- Eingangsbereich zu den verschiedenen Abteilungen der Handwerksbereiche
- Die wiederaufgebaute Drogerie aus den 1920er Jahren
- Zeugnisse aus der Steinzeit im Museum Gruberhof
Das Symbol von Verein und Museum
- Die römischen Traubensteine in der Stadtkirche
- Logo des Umstädter Museums- und Geschichtsvereins e.V.
Das Symbol ist der Traubenstein, eigentlich zwei Teilstücke – eines mit einer Weinrebe und ein vollständigeres mit einer Weintraube – eines größeren römischen Grabdenkmals Ende des 2. Jahrhunderts, der bei Ausgrabungen in den 1960er Jahren im Bereich der Stadtkirche, die auf den Fundamenten einer römischen villa rustica steht, gefunden wurde. Der Traubenstein soll daran erinnern, dass der Wein über die Jahre bzw. Jahrhunderte hinweg ein markantes Umstädter Kulturerbe war und ist. In den Gemarkungen Umstadts wird heute noch Wein angebaut und alljährlich das Winzerfest Groß-Umstadt im September gefeiert, an dessen Umzug sich auch immer eine Gruppe des Vereins in historischen Kostümen beteiligt. Im Weinkeller und einem weiteren Raum des Museums werden Informationen zum Weinanbaugebiet und zur Herstellung und Geschichte des Weins in der Region dargestellt und besondere Führungen, genannt „Geschichte und Wein“ mit Weinproben angeboten. Es existieren drei verschiedene Themenkomplexe.
Literatur
- Magistrat der Stadt Groß-Umstadt: 1250 Jahre Gross-Umstadt 743-1993. Geigerverlag, 1. Auflage 1993, ISBN 978-3-89264-771-3.
- Egon Schallmayer: Groß-Umstadt, DA. Röm.Gutshof, Reliefsteine von Grabmälern. In: Dietwulf Baatz/ Fritz-Rudolf Herrmann (Hrsg.): Die Römer in Hessen. Lizenzausgabe der Auflage von 1989, Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-58-9, S. 328–330.
- Arnold Straub: Museum „Gruberhof“ Groß-Umstadt (Museums- und Geschichtsführer), Verlag Umstädter Museums- und Geschichtsverein, Groß-Umstadt 2011, ISBN 978-3945765029. 60 Seiten
Einzelnachweise
- http://www.hr-online.de/website/fernsehen/sendungen/index.jsp?rubrik=26644 Beispiel
- http://www.gruberhof-museum.de/index.php?id=online-shop Liste aller verfügbaren Beiträge der Reihe
- Das Umstädter Pestbuch – Die große Pest 1634–1636, Hrsg.: Umstädter Museums- und Geschichtsverein. Verlag: Sighard Volp, Selbstverlag 2005