Große Synagoge (Białystok)
Die Große Synagoge von Białystok (polnisch Wielka Synagoga w Białymstoku) befand sich an der Suraskastraße, wurde zwischen 1909 und 1913 erbaut und ersetzte die Alte Synagoge, die 1764 errichtet wurde[1]; entworfen wurde sie von Samuel (auch Szlojme) Rabinowicz. Die Synagoge wurde am 27. Juni 1941 von den Nationalsozialisten niedergebrannt, während in ihr mehr als 800 Juden gefangen gehalten waren.[2][3]
Geschichte
Die Synagoge besaß eine zehn Meter hohe Kuppel, zudem zwei dekorative kleinere Kuppeln an den Seiten bzw. über den seitlichen Hallen. Die große Kuppel wurde von mehreren Säulen aus Stahl und Beton getragen. Sie verband verschiedene Architekturstile, hauptsächlich fand aber ein neugotischer und byzantinischer Stil Verwendung.
In der Synagoge wohnten die Frauen zusammen mit den Männern dem Gottesdienst bei, wenn auch in separaten Hallen, die die Hauptgebetshalle von drei Seiten umschlossen. Das Gotteshaus besaß einen Chor und eine Orgel, und in der Zwischenkriegszeit wurden dort nationale Feiertage zelebriert, wobei zu diesen Anlässen die Synagoge von städtischen Autoritäten wie dem Bürgermeister oder dem Gouverneur der Region besucht wurde. Der letzte offizielle Rabbiner von Białystok, Dr. Gedali Rozenman, stimmte nach dem Gebet und dem Spielen der jüdischen Hymne Hatikvah die polnische Nationalhymne Mazurek Dąbrowskiego an.[4]
Die Größe der Synagoge und ihr Prestige zog Chasanim aus ganz Polen sowie auch aus den Nachbarländern an. Während des Pessachfestes des Jahres 1934 boten 14 Chasanim ihre Dienste der Synagogenverwaltung an.
Vernichtung
Am Morgen des 27. Juni 1941 umstellten Soldaten vom Polizei-Bataillon 309 den Stadtplatz bei der Synagoge und zwangen Anwohner aus ihren Häusern auf die Straße. 300 Männer wurden an Häuserwände gestellt und erschossen. Ungefähr 800 Männer sowie einige Frauen und Kinder wurden in der Synagoge eingeschlossen, welche kurz darauf angezündet wurde;[5] sie starben in den Flammen. Anschließend bewarfen die Soldaten Häuser mit Granaten und erschossen weitere Menschen.[4]
Laut Bekundungen aus dem Białystoker Gedenkbuch öffneten dabei viele Menschen die Pulsadern ihrer Freunde und Nachbarn, um ihnen die Tortur zu ersparen. Ein junger Mann, der nicht vom Rauch überwältigt wurde, kletterte zu einem Fenster innerhalb des Altarraums, wo er Scheiben zerbrach und die Soldaten verfluchte, die die Szenerie beobachteten. Er wurde niedergeschossen und fiel vom Fenster, überlebte aber. Der polnische Hausmeister der Synagoge war schließlich in der Lage, in das Gebäude zu gelangen und eine Seitentür zu öffnen, wodurch einige Juden flüchten konnten, einschließlich des jungen Mannes.[4]
Das Mahnmal der Synagoge, das im August 1995 errichtet wurde und die Form der zerstörten Kuppel imitieren soll,[1] ist heute Teil des „Pfad des jüdischen Erbes in Białystok“ (Szlak Dziedzictwa Żydowskiego w Białymstoku). Auf der dreisprachigen Gedenktafel (Polnisch, Englisch und Hebräisch) ist zu lesen: „Unser ruhmreiches Heiligtum wurde am 27. Juni 1941 zum Opfer der Flammen, als hier 2000 Juden durch die Nazi-Mörder lebendig verbrannt wurden.“
Literatur und Quellen
- C.F. Rüter und D.W. de Mildt: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen seit 1945, Amsterdam 1968ff, Band XXXVIII, Verfahren Lfd.Nr.792
- Dokument VEJ 7/13: Bericht des Poizeibataillons 309 In: Bert Hoppe, Hiltrud Glass (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung), Band 7: Sowjetunion mit annektierten Gebieten I – Besetzte sowjetische Gebiete unter deutscher Militärverwaltung, Baltikum und Transnistrien. München 2011, ISBN 978-3-486-58911-5
Einzelnachweise
- Białystok – Wielka Synagoga (ul. Suraska) wirtualny sztetl
- Białystok – Pomnik Wielkiej Synagogi, ul. Suraska – Bialystok – Denkmal der Großen Synagoge (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. polin.org
- die Zahl 2000 steht unter anderem auf der Gedenktafel des heutigen Mahnmals; im Internet finden sich auch Angaben von 800: The Holocaust; The Truth of the Terrors WebCite oder 1500: THE GREAT SYNAGOGUE OF BIALYSTOK '„My Life“ von Rose Markus Schachner, auf The Museum of Family History / 500 nach Urteilsbegründung in Justiz und NS-Verbrechen, Band XXXVIII Lfd.Nr.792.
- The Bialystok Great Synagogue (Memento vom 30. Mai 2013 im Internet Archive)
- Bert Hoppe, Hiltrud Glass (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Band 7: Sowjetunion mit annektierten Gebieten I ..., München 2011, ISBN 978-3-486-58911-5, S. 142 mit Anm. 10.
Weblinks
- Ausschnitt eines Stadtplans (1927) mit der Lage der Synagoge und des jüdischen Friedhofs
- The Great Synagogue in Bialystok – the Place of Faith, Memory and Hope.