Grenznutzenschule

Die Grenznutzenschule ist eine Anfang der 1870er Jahre in England, Österreich und der Schweiz nahezu gleichzeitig aufgekommene Theorierichtung der Volkswirtschaftslehre, die den Begriff des Nutzens in den Mittelpunkt stellt. Sie strebt die Lösung des klassischen Wertparadoxons an, indem sie auf den Nutzen eines Gutes das mikroökonomische Marginalprinzip (auch Grenzprinzip) anwendet. Die auch als Marginalistische Revolution bezeichnete Theorie begründete die Neoklassische Theorie in der Volkswirtschaftslehre.[1]

Grundprinzip

Der Grenznutzen ist als der Nutzen der letzten bedarfsdeckenden und verfügbaren Einheit eines Gutes zu verstehen. Der Wert eines Gutes wird also durch die subjektive Wertschätzung seiner jeweils letzten Einheit („Grenzeinheit“) bestimmt. Bei diesem Grundprinzip der ökonomischen Entscheidungstheorie wird der Einfluss kleiner (marginaler) Handlungsveränderungen auf Zielgrößen wie Nutzen oder Kosten betrachtet. Mathematisch beruht das Marginalprinzip auf partiellen Differentialen der Kosten- oder Nutzenfunktionen, differenziert nach Einsatz- bzw. Konsummengen. Das Marginalprinzip geht ursprünglich auf den deutschen Ökonomen Johann Heinrich von Thünen zurück, der die Differentialrechnung auf wirtschaftliche Fragen anwandte und die erste Lösung des klassischen Wertparadoxons lieferte. Dem französischen Wirtschaftstheoretiker Antoine-Augustin Cournot diente das Prinzip als Basis zur Entwicklung der Preis-Absatz-Funktion und der Bestimmung des Gewinnmaximums eines Angebotsmonopolisten (Cournotscher Punkt), während der deutsche Ökonom Hermann Heinrich Gossen es zur Erforschung der Bedürfnisbefriedigung und damit zur Entwicklung der Gossenschen Gesetze nutzte. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist die neoklassische Theorie, die auf den Grenznutzenschulen aufbaute und deren Überlegungen Auslöser der „Marginalistischen Revolution“ waren, in der Mikroökonomie vorherrschend; in der modernen Volkswirtschaftslehre sind die weiterentwickelten Überlegungen von wesentlicher Bedeutung.

Im Gegensatz zu Vorläufern in der klassischen Ökonomie und den davon abgeleiteten Analysen ist der Wert einer Ware in der Grenznutzentheorie subjektiv insofern, dass im Wesentlichen individuelle Erwartungswerte für Nutzen und Produktivität in die Entscheidungen einfließen. Die Grenznutzentheorie ist daher eine „subjektive Wertlehre“. Sie steht der konkurrierenden „objektiven Wertlehre“ gegenüber, der von Adam Smith begründeten Arbeitswerttheorie. Karl Marx entwickelte ausgehend von seiner Wertformanalyse die Arbeitswerttheorie grundlegend weiter, indem er die wertbildende Arbeit von der konkreten Arbeit und den Tauschwert einer Ware vom Gebrauchswert einer nützlichen Sache abstrahierte. Der Tauschwert einer Ware ergibt sich nach Marx aus der zur Herstellung bzw. genauer: zur Reproduktion aufzuwendenden gesellschaftlich notwendigen Arbeit; d. h. letztlich der Maßstab ist die Arbeitszeit, die ein unter gesellschaftlich notwendigen Bedingungen produzierendes Unternehmen durchschnittlich benötigt, um eine bestimmte Ware herzustellen. Dies impliziert in der marxistischen Arbeitswerttheorie, dass der Tauschwert erst im Angebot und Austausch der Waren auf dem Markt in Erscheinung tritt und sich im Warenaustausch realisiert. In der Logik der „objektiven Wertlehre“ gibt es keinen Wert ohne Austausch. Der Gebrauchswert entspricht in etwa dem Begriff des Nutzens bzw. Grenznutzens nach H. H. Gossen.

Die verschiedenen Richtungen

Es gibt verschiedene Richtungen, die sich im Wesentlichen auf drei Autoren zurückführen lassen: Carl Menger, Léon Walras und William Stanley Jevons:[2]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Felderer/Homburg: Makroökonomik und neue Makroökonomik. 8. Auflage, Seite 25.
  2. Felderer/Homburg: Makroökonomik und neue Makroökonomik. 8. Auflage, Seite 26.
  3. Felderer/Homburg: Makroökonomik und neue Makroökonomik. 8. Auflage, Seite 27.
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