Gotisches Haus (Bad Homburg)
Das Gotische Haus an der Stadtgrenze von Bad Homburg, im Stadtteil Dornholzhausen, ist ein ehemaliges Jagdschloss, welches das kulturhistorische Museum der Stadt seit 1985 beherbergt.
Geschichte
Landgräfin Elisabeth ließ das Gotische Haus ab 1823 für ihren Gatten, den Landgrafen Friedrich VI. im neugotischen Stil errichten. Der Grundstein wurde am 17. April 1823 in das Fundament eingemauert. Das Jagdschloss liegt am Ende der Tannenwaldallee, welche eine direkte Verbindung zwischen dem Bad Homburger Schloss und dem Gotischen Haus herstellt und war Teil der landgräflichen Gärten.
Elisabeth, deren Mitgift den Bau erst ermöglichte, plante es als repräsentative Lokation für Feste und Ausflüge des Landgrafen. Von wem der Entwurf stammt ist nicht bekannt. Friedrich Lotz vermutet den Architekten Jeffry Wyatville – Schöpfer des Ausbaus von Windsor Castle. Die Bauleitung oblag Georg Moller. Am 9. November 1823 stürzte ein Gerüst um und begrub acht Arbeiter unter sich. Alle wurden verletzt, einer starb an den Unfallfolgen. Die Landgräfin ließ daraufhin die Bauarbeiten einstellen.[1]
Das Gotische Haus ging 1860 in den Besitz der landgräflichen Forstverwaltung über, die aber nur einige Räume nutzte, die anderen standen zur Besichtigung und Vermietung zur Verfügung. Dies änderte sich auch nach 1866 nicht, als Hessen-Homburg als Folge des Krieges von 1866 preußisch wurde. Allerdings war ein Teil des Gebäudes der Benutzung durch den preußischen Königshof vorbehalten.
Kaiser Wilhelm II. wollte beim Weiterverkauf an einen Gastwirt den „Denkmalschutz grundbuchlich sichern“[2] lassen; warum dies nicht geschah, ist ungeklärt. Der neue Besitzer ließ 1929 durch Einziehen einer Zwischendecke und weitere bauliche Veränderungen das Haus in ein Hotel mit Restaurant- und Cafébetrieb umgestalten. Das Jagdschloss war eine bei den Bad Homburgern beliebte Ausflugs- und Erholungsstätte und von 1899 bis 1923 an das Liniennetz der Bad Homburger Straßenbahn angebunden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der langsame Niedergang des Hauses durch mehrere Besitzerwechsel. Für viele alte Homburger war die Einrichtung der Diskothek „Ponderosa Saloon“ der endgültige Tiefpunkt.
1968 wurde das Gelände vom nunmehrigen Besitzer, dem Obertaunuskreis an den Frankfurter Immobilienspekulanten Jan Lipinski verkauft und das Gebäude schien unrettbar verloren. Dazu kam noch die Errichtung zweier siebenstöckiger Hochhäuser unmittelbar neben dem Gotischen Haus. Die „Personalwohnungen“ für ein geplantes Hotel sind zwei Bausünden, die sich auch heute noch nicht in das Orts- und Landschaftsbild einfügen.
1977 wurde das Gotische Haus buchstäblich „in letzter Minute“ in das Denkmalbuch eingetragen. 1980, nach dem Konkurs Lipinskis, ging das Gelände in den Besitz einer Grundstücksverwaltung in Frankfurt über.
Nach einem Brand am 9. Dezember 1980 wurde das Jagdschloss ab 1981 komplett restauriert. Seit 1985 beherbergt es das kulturhistorische Museum der Stadt[3] mit wechselnden Sonderausstellungen. Das Museum hat ständige Abteilungen zur Geschichte der Stadt und der Landgrafschaft Hessen-Homburg, zu Kunst, Mode und Kopfbedeckungen („Hutmuseum“) sowie ein Münzkabinett und ein Café. Im Mittelpunkt der Hut-Ausstellung steht der bekannte „Homburg“. Von 1985 bis Juni 2017 befand sich ebenfalls das Stadtarchiv von Bad Homburg im Gotischen Haus. „Das Gedächtnis der Stadt Homburg“ ist im Sommer 2017 in die Villa Wertheimber im Gustavsgarten umgezogen.[4]
Das Gotische Haus ist heute ein Kulturdenkmal nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz.
Historisches Stadt-Museum
Hier wird die Geschichte der Landgrafen, der Stadt und des Bade- und Kurbetriebes gezeigt. Das Museum wurde bereits 1916[5] als „Städtisches historisches Museum“ gegründet, kam jedoch erst 1985 an seinen jetzigen Standort im Gotischen Haus.
- Modell von Homburg um 1786
- Dokumente der Strumpfweberzunft aus dem 18. Jhd.
- Diverse historische Längenmaße
Romantik-Zimmer
Im Romantik-Zimmer werden seit 2012 Möbel und Einrichtungsgegenstände aus dem 18. und 19. Jahrhundert ausgestellt.
- Ausschnitt des Romantik-Zimmers
- Tafelklavier von 1799
- Prinzessin Marianne von Preußen (1830)
- Wiege und Stuhl
- Schreibsekretär von 1780
Hutmuseum
Das Hutmuseum ist eine Homburger Besonderheit, welche durch die historische Bedeutung der Hutindustrie für die Stadt im Allgemeinen und seine weltweite Berühmtheit durch ein spezielles Hutmodell, den „Homburg“, ein vom Prinzen von Wales initiierten und in der Homburger Hutfabrik Möckel ab den 1880er Jahren[6] angefertigten Herrenhut.
- Die Hutfabrik Möckel
- Die Entwicklungsgeschichte des „Homburg“.
- Geräte und Halbzeuge, sowie diverse Stadien der Hutproduktion.
- Ausstellungsraum des Hutmuseums
Skulpturengarten
Der Garten um das Gotische Haus ist als Skulpturengarten mit mehreren Großskulpturen besetzt. Gezeigt werden:
Bild | Künstler | Titel | Jahr | Anmerkung |
---|---|---|---|---|
Hans Steinbrenner | „Figur“ | 2005 | ||
Hartmut Stielow | „Ohne Titel“ | 1997 | Teil der ersten Blickachsen-Ausstellung | |
Bruce Beasley | „Spokesman II“ | 1994 | 1994 von Bruce Beasley (geb. 1936 in Los Angeles, USA) aus Bronze geschweißte Skulptur. Die Skulptur war Bestandteil der zweiten Blickachsen-Ausstellung im Jahr 1999. Dann stand sie auf dem Ferdinandsplatz von Bad Homburg. Nun ist sie vor der Südseite des Gotischen Hauses, in dessen Skulpturengarten, ausgestellt. | |
Isolde Schmitt-Menzel | Maus | 2013 | Bronzeskulptur | |
Kenny Hunter | Red Boy | 2007 | Red Boy von Kenny Hunter stammt aus der Ausstellung „Blickachsen 6“ (2007), war dort ein Publikumsmagnet und wurde anschließend durch die Stadt Bad Homburg erworben. Während der Ausstellung stand dieser kleine Junge vor dem Kaiser Wilhelms Bad – gegenüber dem überlebensgroßen, mächtigen Kaiser Wilhelm. Das Kunstwerk war extra für diesen Ort angefertigt worden. Nach dem Ende der Ausstellung konnte es aber dort nicht bleiben und wurde der Skulpturenallee hinzugefügt.
Ende April 2017 wurde die bronzene Statue am Bahnhof abgebaut und anschließend am Gotischen Haus aufgestellt. |
In der Umgebung
Etwa 100 Meter nördlich des Gotischen Hauses liegt das Pferdegrab. Landgraf Friedrich V. schätzte sein Lieblingspferd „Madjar“[7] so sehr, dass er es 1773 förmlich begraben ließ. Das Pferdegrab wurde mit einer Bronzetafel geschmückt, die ein vom Landgrafen selbst verfasstes Gedicht zeigt:
„Hier liegt das schönste Pferd begraben
das alle Tugenden vereint.
Könnt man mit Thieren Freundschaft haben,
so läge hier mein Freund.“
Ein Kiesweg bildet eine Sichtachse vom Gotischen Haus zur Elisabethenschneise, die zum Hirschgarten führt. An diesem Weg wurde 2011 eine Kopie der Landgrafensäule aufgestellt. Das Original dieser Säule stand von 1816 bis 1835 nahe der heutigen Stelle. Seit 1835 befindet sich das Original im Homburger Schloss. Die Säule erinnert an Landgraf Friedrich V.[8]
„Dem
Durchlauchigsten Herren Landgrafen
Friedrich Ludwig zu Hessen Homburg
am 30sten Ianuar 1816
Bey dem Antritts seines 69sten Lebens, und
51sten Regierungsjahres
von seinen treuen Unterthanen“
Literatur
- Beate Datzkow-Neider: Das „Herrschaftliche Gothische Gebäude“ im Großen Tannenwald. In: Katharina Bechler, Kirsten Worms (Hg.): Princess Eliza – Englische Impulse für Hessen-Homburg. Petersberg 2020, ISBN 978-3-7319-1021-3, S. 325 ff.
- Friedrich Lotz: Geschichte der Stadt Bad Homburg vor der Höhe. Band 2: Die Landgrafenzeit. Kramer, Frankfurt am Main 1972, ISBN 3-7829-0133-9, S. 246–247.
- Gerta Walsh: Das Gotische Haus entstand neu wie Phoenix aus der Asche. In: Taunus-Kurier. 2. März 1985, S. 15.
- Beate Datzkow: Das Gotische Haus im Großen Tannenwald zu Bad Homburg vor der Höhe. (Aus dem Stadtarchiv. Vorträge zur Bad Homburger Geschichte, Sonderband). Bad Homburg v.d.Höhe 2005, ISBN 3-928325-38-8.
Weblinks
- Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Gotisches Haus In: DenkXweb, Online-Ausgabe von Kulturdenkmäler in Hessen
Einzelnachweise
- Johann Georg Hamel: Historische Bruchstücke aus Homburgs Vorzeit. Bd. II., S. 69.
- Stella Junker-Mielke, Gerta Walsh: Gartenlandschaft in Bad Homburg v. d. Höhe: Die Landgräflichen Gärten Entwicklungsgeschichte und gartenkünstlerische Wertung, Stadt Bad Homburg (2001), S. 74, ISBN 3928325302
- Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 2. November 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- http://www.bad-homburg.de/stadtarchiv
- http://www.badhomburg.de/microsite/museum-gotisches-haus/portrait/Geschichte_Museum.php
- http://www.badhomburg.de/microsite/museum-gotisches-haus/museum_ausstellungen/Hutmuseum.php
- Fried Lübbecke: Kleines Vaterland. Homburg vor der Höhe. Kramer, Frankfurt am Main 1956, S. 16.
- Das Pferdegrab wird aufgehübscht. In: Taunus Zeitung. 5. April 2011, S. 19.