Geschichte des Düngers
Die Geschichte des Düngers beginnt mit der bewussten Einbringung von Stoffen durch den Menschen beim Ackerbau.
Bereits im Alten Ägypten wurden landwirtschaftlich genutzte Felder gedüngt, anfangs auf natürlichem Wege durch den Nilschlamm, ab etwa 4000 v. Chr. in vielen Regionen auch gezielt zur Steigerung der Ernte mit tierischen und menschlichen Fäkalien bestreut. Die Römer und auch die Kelten begannen kohlensauren Kalk und Mergel als Dünger zu verwenden.
Dem Ackerboden wurde der notwendige Stickstoff in Form von Mist, Ernterückständen und durch eine bestimmte Fruchtfolge mit Leguminosen zugeführt (Gründüngung),[1] ohne dass den Menschen die genauen Zusammenhänge bekannt waren. Erst um 1840 konnte der Chemiker Justus von Liebig die wachstumsfördernde Wirkung von Stickstoff, Phosphaten und Kalium nachweisen. Stickstoff erhielt man zum Beispiel in Form von Nitraten zunächst vor allem durch den Einsatz von Guano, einer Substanz, die sich aus den Exkrementen von Seevögeln bildet. Da die natürlichen Vorräte an mineralischem Dünger begrenzt sind und größtenteils aus Südamerika eingeführt werden mussten, sann man nach einer Methode, Stickstoffverbindungen synthetisch zu erzeugen.
Zwischen 1905 und 1908 entwickelte der Chemiker Fritz Haber die katalytische Ammoniak-Synthese. Dem Industriellen Carl Bosch gelang es daraufhin, ein Verfahren zu finden, das die massenhafte Herstellung von Ammoniak ermöglichte. Dieses Haber-Bosch-Verfahren bildete die Grundlagen der Produktion von synthetischem Stickstoff-Dünger. Im Jahr 1913 nahm die BASF erstmals eine Anlage nach dem Haber-Bosch-Verfahren im Werk Ludwigshafen-Oppau in Betrieb.
Durch die Entdeckung des Edaphons 1922 durch den Mikrobiologen Raoul Heinrich Francé gab es die Möglichkeit, nach Alternativen zu suchen.
Einen weiteren chemischen Prozess zur Produktion von Düngemitteln erfand Erling Johnson 1927 im Schmelzwerk Odda (Odda Smelteverk), den man dementsprechend den Odda-Prozess nennt.[2]
Seit dem Zweiten Weltkrieg brachte die Industrie vermehrt Düngemittel mit unterschiedlicher Zusammensetzung auf den Markt. Diese Entwicklung wurde durch preiswertes Erdöl begünstigt, das sowohl als Energieträger für den Antrieb von Maschinen als auch Rohstoff in der chemischen Industrie diente. Zugleich entwickelten sich Alternativen wie die Biologisch-dynamische Landwirtschaft und weitere Formen Ökologische Landwirtschaft. Dabei wurde jedoch die Glaubwürdigkeit der biologisch-dynamischen Landwirtschaft, die sich auf Rudolf Steiner beruft, aufgrund fehlender wissenschaftlicher Grundlagen immer wieder in Zweifel gezogen.[3]
Annie Francé-Harrar, eine bekannte Autorin, die nach seinem Tod von Raoul Heinrich Francé 1943 einen Teil seines Lebenswerkes fortsetzte,[4] fand zunächst wenig Anklang in der Fachwelt. Seit 1959 hat sie vergeblich versucht, einen Verlag zu finden, um ein illustriertes „Handbuch des Bodenlebens“ zu veröffentlichen. Doch auch bis nach ihrem Tod zeigte keiner der einschlägigen Fachverlage Interesse an den Ergebnissen ihrer Forscherarbeit. Dieses Buch konnte erst 2011 erscheinen.[5]
Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts geriet der mineralische Dünger jedoch zunehmend in die Kritik, da seine übermäßige Verwendung oft ökologische Schäden verursacht. Seit den 1980er Jahren sankt der Verbrauch von mineralischen Düngemitteln in vielen Ländern. Dennoch wurde das Problem der Grundwasserbelastung mit Nitraten zum Beispiel in Deutschland bisher nicht gelöst.
Der Bedeutung des Regenwurms wurde erst verhältnismäßig spät eine Beachtung in der Wissenschaft geschenkt.[6][7]
Zunehmender Wohlstand führte zu einer Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und seit etwa 2013 wieder zu einem steigenden Düngemitteleinsatz.[8]
Literatur
- Annie Francé-Harrar: Die letzte Chance – für eine Zukunft ohne Not, München 1950, Neuauflage 2007
- Annie Francé-Harrar: Humus – Bodenleben und Fruchtbarkeit, Bayerischer Landwirtschaftsverlag, München [u. a.] 1957
- Andreas J. Hirsch: Boden lebt! Leben und Werk der Annie Francé-Harrar, Oberösterreichisches Landesmuseum, Linz 2016, ISBN 978-3-85474-324-8.
Einzelnachweise
- Annie Francé-Harrar: Die letzte Chance – für eine Zukunft ohne Not, Neuauflage 2007, Seite 565
- Elisabeth Bjørsvik: The Ticcih Section for hydroelectricity and the electrochemical industry: Industrial heritage in Norway as an example. In: Le patrimoine industriel de l’électricité et de l’hydroélectricité. Hrsg. Denis Varaschin und Yves Bouvier, Universität Savoyen, Dezember 2009, ISBN 978-2-915797-59-6, S. 112–115.
- Holger Kirchmann: Biological dynamic farming--an occult form of alternative agriculture?. In: J. Agric. Environ. Ethics. 7, Nr. 2, 1994, S. 173–187. doi:10.1007/BF02349036.
- http://www.uub-hb.de/de/boden.htm
- Mitteilung des Verlages von August 2011 (offline) zitiert bei Konstantin Kirsch
- Anne Zangerlé et al.: The Surales, Self-Organized Earth-Mound Landscapes Made by Earthworms in a Seasonal Tropical Wetland. In: PLoS ONE. Band 11, Nr. 5, 2016, e0154269, doi:10.1371/journal.pone.0154269
- C. A. Edwards, P. J. Bohlen: Biology and Ecology of Earthworms. Chapmann & Hall, London 1996.
- Ceresana: Ceresana untersucht den europäischen Markt für Düngemittel, abgerufen am 5. Juli 2020