Georgisch-Abchasischer Krieg
Der Georgisch-Abchasische Krieg (in Abchasien bekannt als der Patriotische Krieg des Volkes Abchasiens[3][4][5]) war ein Konflikt, der in den Jahren 1992 und 1993 zwischen der georgischen Regierung und abchasischen Separatisten ausgetragen wurde. Als Folge wurden die ethnischen Georgier aus dem abchasischen Gebiet weitgehend vertrieben und Abchasien erreichte eine de facto Unabhängigkeit von Georgien.
Hintergrund
Die Wurzeln des Abchasien-Konflikts reichen in die vorsowjetische Zeit zurück, als im Zuge des Auseinanderbrechens des russischen Zarenreiches 1918 die unabhängigen Staaten im südlichen Transkaukasien entstanden. Abchasien wurde im Juni 1918 in das Staatsgebiet der Demokratischen Republik Georgien eingegliedert, bevor es für eine kurze Zeit selbstständig war. Mit der Gründung der Sowjetmacht in Georgien 1921 stand die rechtliche Statusfrage Abchasiens zur Diskussion. Nach kurzen Überlegungen wurde im März 1921 parallel zur Georgischen SSR die „Sozialistische Sowjetrepublik Abchasien“ (ASSR) ausgerufen. Sie wurde in ihren föderativen Rechten aufgewertet und besaß im Grunde genommen ebenbürtige Autonomiebefugnisse wie Georgien, Armenien und Aserbaidschan. 1931 vollzog sich jedoch auf Initiative von Joseph Stalin und Lawrenti Beria die Herabstufung der bisher gültigen Formation. Abchasien wurde in ein autonomes Gebiet innerhalb der Georgischen SSR umgewandelt.[6]
Seit dem Zerfall der Sowjetunion forderten viele Abchasier einen unabhängigen Staat, während die Bewohner Südossetiens einen Anschluss an Russland unterstützten. Im Südossetienkrieg (1991–1992) kämpften südossetische Separatisten gegen die georgische Regierung. Mit dem Einmarsch russischer Truppen im Sommer 1992 wurde der Konflikt beendet und Südossetien ist seitdem ein selbsterklärter unabhängiger Staat, der aber von den allermeisten Staaten international nicht anerkannt ist und sehr stark von militärischer und wirtschaftlicher Hilfe Russlands abhängt.[7]
Konfliktverlauf
Am 23. Juli 1992 erklärte die autonome Republik Abchasien ihre Unabhängigkeit. Schon nach kurzer Zeit kam es zu steigenden Spannungen zwischen Abchasien und Georgien. In der Nacht vom 13. auf den 14. August 1992 überschritten georgische Truppen die Grenze zu Abchasien und begründeten dies damit, georgische Staatsvertreter befreien zu wollen. Am 18. August stellten die Konföderation der Kaukasusvölker sowie am 25. August der georgische Oberkommandeur Giorgi Karkarashvili den jeweiligen Konfliktparteien ein Ultimatum. Trotz des am 3. September beschlossenen Waffenstillstands nahmen die abchasischen Streitkräfte bei der Schlacht von Gagra vom 1. bis 6. Oktober die Stadt Gagra ein. Georgien bat daraufhin die NATO um Hilfe, um die territoriale Integrität zu bewahren. Zwischenzeitlich kam es zu Friedensgesprächen und Waffenstillständen, welche jedoch nicht eingehalten wurden.
Beide Kriegsparteien erfuhren Unterstützung von Seiten ausländischer Freiwilliger; Mitglieder der rechtsextremen ukrainischen Partei UNA-UNSO kämpften auf Seiten der Georgier, während Armenier[8] und Russen die abchasischen Freischärler unterstützten.
Ende September 1993 wurde Sochumi von den Separatisten erobert. Zwischen dem 20. und 23. September wurden 5 Zivilflugzeuge (3 davon am Boden) zerstört. Bei den Angriffen starben 137 Menschen. Am 27. September 1993 kam es dort zu Verbrechen an der georgischen Zivilbevölkerung, bei denen über 7.000 Menschen getötet wurden.[9] Mit der Einnahme Sochumis kam es zur Einstellung der Kriegshandlungen.
Friedensabkommen
Am 14. Mai 1994 wurde nach drei vergeblichen Anläufen unter Vermittlung der Vereinten Nationen ein Waffenstillstand vereinbart. Er sah vor, dass Abchasien eine eigene Flagge, ein Wappen und eine eigene Verfassung haben darf.[10] Fortan sorgten 1500 russische Soldaten als Friedenstruppe der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) für die Einhaltung des 1994 geschlossenen Waffenstillstandes zwischen Georgiern und Abchasen. Die Einhaltung des Abkommens wurde durch eine 121-köpfige United Nations Observer Mission in Georgia (UNOMIG) überwacht. Deutschland stellte mit elf Soldaten ebenfalls ein Kontingent der Mission. Abchasien fiel für mehrere Jahre unter eine Blockade der Gemeinschaft unabhängiger Staaten.[11]
Folgen
Im zweijährigen Krieg um Abchasien starben rund 10.000 Menschen. Mehr als die Hälfte davon waren Zivilisten. Im Zuge der abchasischen Gegenoffensive im Sommer 1993 wurden so gut wie alle georgischen Einwohner der abtrünnigen Provinz (250.000 Menschen) aus ihren Heimatorten vertrieben. Ungefähr 50.000 georgische Flüchtlinge kehrten in den Folgejahren in die angrenzende Stadt Gali im Süden Abchasiens wieder zurück. Sie halten sich dort allerdings nicht dauerhaft auf, sondern migrieren immer wieder zwischen Gali und Sugdidi auf der georgischen Seite der Konfliktlinie.[12]
Siehe auch
Einzelnachweise
- http://www.bpb.de/internationales/europa/ukraine/138428/analyse-die-entstehung-des-ukrainophonen-parteifoermigen-rechtsextremismus-in-der-ukraine-der-1990er
- Pål Kolstø & Helge Blakkisrud: Yielding to the sons of the soil: Abkhazian democracy and the marginalization of the Armenian vote, in: Ethnic and Racial Studies, 36 (2013), Nr. 12, S. 2075–2095 (hier: S. 2087/2088).
- 55 destinies: a book of childhood memories of the PWPA was published at ASU, abaza.org 5. September 2020.
- Go to death to live, abaza.org (ohne Datum).
- Heeding the Call of the Heart: Volunteers in the Patriotic War of the People of Abkhazia, abkhazworld.com 7. November 2019.
- Eva-Maria Auch: Der Konflikt in Abchasien in historischer Perspektive. Hrsg.: OSZE-Jahrbuch 2004. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2004, S. 242 ff.
- Mit offenen Karten: Georgien nach dem Krieg.
- http://www.trackingterrorism.org/group/bagramyan-battalion
- Archivlink (Memento vom 5. Februar 2004 im Internet Archive)
- George Hewitt: Abkhazia, Georgia and the Circassians, in: Central Asian Survey, Jg. 18 (1999), Nr. 4, S. 463–499 (hier: S. 477). Hier abrufbar.
- Bernard A. Cook: Europe Since 1945: An Encyclopedia, New York (u.a.): Routledge 2014, S. 77.
- Sabine Fischer: Nicht eingefroren! Die ungelösten Konflikte um Transnistrien, Abchasien, Südossetien und Berg-Karabach im Lichte der Krise um die Ukraine. Hrsg.: SWP-Studie. Berlin Juli 2016, S. 50.