Gaußsches Maß

Als gaußsche Maße bezeichnet m​an die d​er Normalverteilung zugrundeliegenden Maße. Der Begriff w​ird insbesondere a​uf unendlichdimensionale Räume ausgedehnt. Separable Banachräume m​it gaußschen Maße n​ennt man abstrakte Wienerräume, welche v​on Leonard Gross eingeführt wurden. Jedoch betrachtete s​chon Norbert Wiener i​n seiner ursprünglichen Arbeit e​inen unendlichdimensionalen Raum, allerdings für reelle Funktionen über d​em Einheitsintervall.

Die Theorie d​er gaußschen Maße l​iegt zwischen d​er Stochastik u​nd der Funktionalanalysis. Sie h​at unter anderem Anwendungen i​m Malliavin-Kalkül, d​er Quantenfeldtheorie, d​er Finanzmathematik s​owie der statistischen Physik.

Analysis auf unendlichdimensionalen Räumen

Damit man die Analysis von auf unendlichdimensionalen Räumen fortsetzen kann, muss man beachten, dass auf solchen Räumen kein vernünftiges Lebesgue-Maß existiert. Mit dem Lemma von Riesz lässt sich zeigen, dass das einzige translationsinvariante Borel-Maß, welches dem offenen Ball ein positives Maß zuordnet, das triviale Null-Maß ist.

Damit d​er Raum vernünftige topologische Eigenschaften hat, betrachtet m​an einen separablen Banachraum.

Gaußsche Maße

Gaußsche Maße auf und

Ein borelsches Wahrscheinlichkeitsmaß auf nennt man gaußsches Maß mit Varianz , falls im Fall für jede Borelmenge gilt

.

wobei das Lebesgue-Maß bezeichnet.

Im Fall ist das gaußsche Maß das Dirac-Maß .

Analog erhält man auf für das -dimensionale gaußsche Maß

.

wobei das -dimensionale Lebesgue-Maß bezeichnet. Man nennt ein gaußsches Maß zentriert wenn , standard wenn zusätzlich und degeneriert wenn .

Äquivalente Formulierung

Man nennt ein Borel-Maß ein gaußsches Maß auf , falls für jedes lineare Funktional auf das Pushforward-Maß ein gaußsches Maß ist.

Gaußsche Maße auf Banach-Räumen

Sei ein topologischer Vektorraum und eine Borel-Wahrscheinlichkeitsmaß auf . Dann ist ein gaußsches Maß, falls für jedes stetige lineare Funktional , eine gaußsche Zufallsvariable ist.

Das heißt also, das Pushforward-Maß ist ein gaußsches Maß auf .

In der Regel setzt man zusätzlich voraus, dass ein separabler Banachraum ist.

Eigenschaften

  • Sei ein lokalkonvexer Raum mit gaußschem Maß und , dann hat die Fourier-Transformation von folgende Form
wobei ein lineares Funktional ist und eine symmetrische Bilinearform auf , so dass die quadratische Form positiv ist.

Beispiele

Klassisches Wiener-Maß

Sei der Raum aller stetigen Pfade mit der Eigenschaft und . Weiter setzen wir voraus, dass ein separabler Banachraum ist.

Die Verteilung der -brownschen Bewegung induziert das klassische Wiener-Maß auf .

Weitere Beispiele

  • Sei ein standard gaußsches Maß auf , dann ist das Produktmaß
ein zentriertes gaußsches Maß auf
  • Sei ein lokalkonvexer Raum mit gaußschem Maß und weiter sei . Wir definieren die Einbettung durch für jedes . Dann ist das Bild von unter ein gaußsches Maß auf .

Literatur

  • Vladimir I. Bogachev: Gaussian Measures. Hrsg.: American Mathematical Society. 1998, ISBN 978-1-4704-1869-4.
  • Daniel W. Stroock: Probability Theory: An Analytic View. Hrsg.: Cambridge University Press. 2010, ISBN 978-0-521-13250-3.
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