Friedrich Wunder (Fotograf)
Friedrich Karl Wunder (* 27. Oktober 1815 in Bayreuth; † 30. Dezember 1893 in Hannover) war ein deutscher Lithograf sowie der erste und bekannteste Fotograf Hannovers im 19. Jahrhundert. Er hinterließ zahlreiche Porträts namhafter Persönlichkeiten und wichtige topographische Bild-Dokumente zur hannoverschen Stadtgeschichte.
Zu seinen Lebzeiten galt er als „Nestor der deutschen Photographen“.[1]
Familie
Friedrich Karl Wunders Großvater war Friedrich Wilhelm Wunder (1742–1828), ein bekannter Maler, Zeichner und Naturwissenschaftler. Sein Vater Johann Friedrich Wilhelm Wunder (1778–1842) war „Kammerregistrator und Aufseher der Naturaliensammlung“ am Hof des Markgrafen in Bayreuth. Außerdem war dieser vermutlich Jurist, da er im Stammbaum der Familie auch als „Rechnungs-Commissair und Landrichter in Müncheberg“ bezeichnet wird.[2]
Mit seiner Ehefrau Sophie Luise Margarete, die Tochter des Lithografen, Drucker und Verlegers Friedrich Baumgarte, die er 1842 heiratete,[3] bekam Friedrich Wunder sechs Kinder: Als erste kamen die beiden Zwillingstöchter Ida und Dora Wunder (* 24. August 1842 in Hannover)[4][5] zur Welt. Der zweitgeborene Sohn Otto Wunder (1844–1921) eröffnete später ein eigenes Photoatelier in Hannover; zunächst 1870 in der Schillerstraße, zuletzt in der Königstraße. Mit Carl Ludolph Ferdinand Wunder kam am 8. November 1849 ein weiterer Sohn zur Welt, der ebenso Fotograf wurde.[6] Der Sohn Karl Friedrich Wunder übernahm 1875 den Betrieb des Vaters und ließ sich 1878/79 mit dem Wunder-Haus ein neues Wohn- und Geschäftshaus an der Friedrichstraße (heute: Friedrichswall) errichten. Der jüngste Sohn Hermann Wunder (* 1853)[4] wurde ebenfalls Fotograf und wanderte im Alter von 20 Jahren nach Philadelphia aus.[7]
Leben
Über die Kindheit Friedrich Wunders ist wenig bekannt; man vermutet eine Ausbildung mit künstlerischem Schwerpunkt. Vermutlich absolvierte er eine Lehre als Lithograf, denn ab 1835 arbeitete er als solcher in der Baumgart’schen Druckerei. Nachdem deren Inhaber G. Fr. Baumgarte gestorben war, übernahm Friedrich Wunder 1840 die Leitung des Betriebes,
Am 21. November 1841 erwarb Friedrich Wunder die Bürgerrechte der Stadt Hannover und ging am 22. Januar 1842 die Ehe mit Louise Baumgarte ein.
Ab 1841 unternahm Wunder die ersten Versuche auf dem Gebiet der Daguerreotypie, um 1844 ein photographisches Atelier in einer Druckerei in der Altstadt zu eröffnen (Marktstraße 440, geänderte Hausnummer ab 1845: Nr. 24). 1846 druckte er den „Plan der Königlichen Residenzstadt Hannover“ von Andreas Christoph Friedrich Sohnrey mit dem neu erbauten Hauptbahnhof und der Ernst-August-Stadt.[8]
Am 6. Januar 1852 trat Wunder der Johannis-Freimaurerloge Zum schwarzen Bär im Orient von Hannover bei.[9] 1854 beteiligte sich Wunder an der Industrieausstellung im Glaspalast in München.[10] 1856 erwarb Wunder das Haus Billet No. 3 am Neuen Weg. 1859 wurde die Druckerei verkauft.[11]
Kurz nachdem sich 1863 der Photographische Verein zu Berlin gegründet hatte, war Wunder 1864 bis 1868 dessen Mitglied. 1868 erhielt er eine Medaille für seine Arbeiten, die er zur zweiten Ausstellung photographischer Arbeiten in Hamburg eingeschickt hatte.[7]
Friedrich Wunder und seine Frau wurden auf einem bereits 1869 erworbenen Familiengrab auf dem Engesohder Friedhof begraben, später folgten dort die Söhne Karl und Otto.[12]
Werke
Zu seinen bekanntesten Bildern gehören:
- eine Daguerreotypie von dem 16-jährigen Wilhelm Busch von 1848 (Original im Besitz des Deutschen Museums für Karikatur und Zeichenkunst Wilhelm Busch) in Hannover[13]
- zwei Visitenkarten-Porträts von Karl Marx aus dem Jahr 1867. Die eine, wie Marx schrieb, „full-faced“, die andere eine Profilaufnahme. Beide Aufnahmen wurden Ende April 1867 angefertigt, als Marx bei seinen Freunden, dem Gynäkologen Louis Kugelmann und Ehefrau Gertrud Kugelmann, in Hannover die ersten Korrekturbogen des Kapitals las.[14]
- eine Fotografie von Louis Kugelmann.[15]
- zwei Aufnahmen von Franziska Kugelmann, die lange für Aufnahmen von Karl Marx' Tochter Jenny gehalten wurden.[16]
Auszeichnungen
1868 erhielt Friedrich Wunder die bronzene Medaille auf einer Photo-Ausstellung in Hamburg.
Literatur
- Ludwig Hoerner: Hannover in frühen Photographien 1848–1910. Schirmer-Mosel, München 1979, ISBN 3-921375-44-4.
- Ludwig Hoerner: Friedrich Karl Wunder (1815–1893). Hannovers erster Photograph. In: Hannoversche Geschichtsblätter/Neue Folge, Bd. 39 (1985), S. 261–295, ISSN 0342-1104.
- Hugo Thielen in: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 687.
- Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 397.
- A. I. Petrow / O. K. Senekina / B. M. Rudjak: Κарл Μаркс Фридрих Энгельс. Собрание фотографий, Izd-vo "Plakat, Москва 1976 (Karl Marx Friedrich Engels. Sammlung von Fotografien) (2. überarb. Aufl. 1983)
- Boris Rudjak: Die Photographien von Karl Marx im Zentralen Parteiarchiv des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU. In: Marx-Engels-Jahrbuch 6. Dietz Verlag, Berlin 1983, S. 293–310, Auszug mit Abbildungen auf der Homepage von Jürgen Herres.
- Boris Rudjak: Eine erstaunliche Verwechslung. In: Marx-Engels-Forschungsberichte 6. Karl-Marx-Universität Leipzig, Leipzig 1990, S. 159–164
- Boris Rudjak: Ein Irrtum ist zu korrigerien. Über fünf Photographien, die Portraits der Frau und der ältesten Tochter von Karl Marx bekannt wurden. In: Marx-Engels-Jahrbuch 13. Dietz Verlag, Berlin 1991 ISSN 0232-6132, S. 320–328 (Diese Bilder stellen Gertrud und Franziska Kugelmann dar und nicht Jenny Marx und ihre Tochter Jenny wie häufig angenommen.)
Weblinks
- liveauctioneers.com: kommerzielles Angebot des Stadtplanes von 1846:
- Friedrich Wunder auf Europeana.eu
- Adam An-tAthair-Síoraí (De Animorum Immortalitate): Wunder auf der Seite De Animorum Immortalitate, Unterseiten Hannover.
Einzelnachweise
- Deutsche Photographen-Zeitung, Weimar 1893, S. 313; Ludwig Hoerner: Friedrich Karl Wunder (1815–1893), Hannovers erster Photograph (s. Literatur), S. 269.
- Die Lebensdaten der Familie Wunder entnahm Ludwig Hoerner dem Stammbaum von Wolfhard Friedrich, „einem Urenkel F. K. Wunders.“ Hoerner scheint eine Versetzung aus der preußischen Stadt Bayreuth nach dem preußischen Müncheberg auch „denkbar – wenn hier nicht ein Schreibfehler vorliegt und das in Oberfranken, südwestlich von Hof gelegene Münchberg gemeint ist“.
- Ludwig Hoerner: Hannovers erster niedergelassener Fotograf. In: Hannover in frühen Photographien. 1848–1910. Schirmer-Mosel, München 1979, ISBN 3-921375-44-4, S. 31–35, hier: S. 31
- Ludwig Hoerner: Friedrich Karl Wunder...', Hannoversche Geschichtsblätter..., S. 265.
- Hannover, Sankt Ägidien, Heiraten und Proklamationen 1853–1875, Seite 111 (Digitalisat)
- Hannover, Sankt Ägidien, Heiraten u. Proklamationen 1853–1875, S. 216 (Digitalisat)
- Vgl. Ludwig Hoerner: Hannover in frühen... (s. Literatur), S. 37.
- Siehe z. B. Abbildung und Beschreibung bei „liveauctioneers.com“ im Abschnitt „Weblinks“.
- Wilhelm Nöldeke: Die Johannis-Freimaurerloge zum schwarzen Bär im Orient von Hannover 1774 bis 1874, Hannover: Hofbuchdruckerei Gebrüder Jänecke, 1875, S. 31; Digitalisat über Google-Bücher
- Ludwig Hoerner: Hannover in frühen... (s. Literatur), S. 34.
- Das Stadtlexikon Hannover... erläutert hier die Besitzverhältnisse nicht näher.
- Ludwig Hoerner: Hannover in frühen..., S. 39 (siehe Abschnitt „Literatur“).
- Referenz für diesen gesamten Absatz: Ludwig Hoerner: Hannover in frühen Photographien. S. 32, 36, 90f.
- Von diesen beiden Aufnahmen gibt es Originalabzüge im Karl-Marx-Haus, Trier, im IISG Amsterdam und im RGASPI, Moskau, sowie in einigen anderen Archiven.
- Rückseite „Mein Vater Dr. Kugelmann“ in der Handschrift seiner Tochter Franziska und dem Aufdruck: „Friedr. Wunder Photograph Hannover Neuer Weg No 4“. Die Aufnahme ist von Kugelmann mit dem Datum „6/4.68“ versehen. Faksimile in Boris Rudjak, 1991, S. 328.
- Außer dem Aufdruck der Adresse von Friedrich Wunder gibt es auf der Rückseite noch die Abbildung einer Medaille Hamburg 1868. Siehe Boris Rudjak, 1991, S. 327.