Klosterkammer Hannover
Die Klosterkammer Hannover mit Sitz in Hannover ist eine Sonderbehörde im Geschäftsbereich des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur. Sie verwaltet ehemals kirchlichen, mediatisierten Besitz und unterhält Kirchen und Klöster. Außerdem verwaltet sie als Stiftungsorgan vier selbstständige öffentlich-rechtliche Stiftungen. Die Klosterkammer ist eine der ältesten und traditionsreichsten Landesbehörden in Niedersachsen, deren Vorläuferorganisation im 16. Jahrhundert entstand. Sie fördert kirchliche, soziale und schulische Projekte.
Klosterkammer Hannover | |
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Rechtsform: | Landesbehörde und Stiftungsorgan im Dienstbereich des Nds. Ministeriums für Wissenschaft und Kultur |
Zweck: | Stiftungszwecke „Kirche“, „Schule“ und „milde Zwecke aller Art“ |
Vorsitz: | Vakanz |
Bestehen: | |
Stifter: | Prinzregent Georg von Hannover |
Mitarbeiterzahl: | rund 160 |
Sitz: | Hannover |
Website: | www.klosterkammer.de |
Geschichte
Die Klosterkammer Hannover entstand in der Zeit des landesherrlichen Kirchenregiments, als Staat und Kirche noch institutionell verbunden waren. Ihre Wurzeln hat sie in der Zeit der Reformation im Fürstentum Calenberg-Göttingen um 1542. Damals verfügte die Regentin Elisabeth von Calenberg die Inventarisierung der Urkunden der ehemals katholischen Klöster, die in der Reformation zu evangelischen Damenstiften umgewandelt worden waren. Diese wurde nur in Ansätzen durchgeführt. Nachdem die Regentschaft der Elisabeth von Calenberg aufgrund der Volljährigkeit ihres Sohnes Erich II. 1545 endete, geriet die Reformation der Klöster ins Stocken, da Erich II. zum katholischen Glauben übergetreten war. Erst als nach seinem Tod 1584 das Fürstentum Calenberg-Göttingen im Erbgang an Braunschweig-Wolfenbüttel fiel, wurde unter Herzog Julius das Klosterwesen nach der Wolfenbüttelschen Kirchenordnung von 1569 neu geordnet.
Einen bedeutenden Vermögenszuwachs erfuhr der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds (AHK) als Vorläuferorganisation infolge des Reichsdeputationshauptschlusses 1803. Dabei fielen 1815 die geistlichen Fürstentümer Hildesheim und Osnabrück an das Königreich Hannover. Das Vermögen der aufgehobenen Klöster wurde nicht vom Staat vereinnahmt, sondern dem Klosterfonds zugeführt. Dieser Vermögenszuwachs war ursächlich für die Errichtung der Klosterkammer Hannover als zentrale Behörde. Prinzregent Georg IV. richtete sie am 8. Mai 1818 zur Verwaltung des ehemaligen Klostervermögens ein. In der Zeit der preußischen Provinz Hannover von 1866 bis 1945 unterstand die Klosterkammer mit eigenem Präsidenten dem Oberpräsidenten der Provinz in Hannover.
Bis heute sind zahlreiche ehemalige Stifts- und Klosterkirchen Niedersachsens im Besitz der Klosterkammer; sie werden von evangelischen und katholischen Kirchengemeinden als Pfarrkirchen genutzt. Ferner umfangreicher Grundbesitz der einstigen Klöster. Dem Präsidenten der Klosterkammer obliegt die Vertretung der zugehörigen Prälaturen auf dem Calenberg-Grubenhagenschen Landtag.
Verwaltung und Immobilien
Die Klosterkammer hat ihren Sitz in der Oststadt von Hannover (Eichstraße 4), unweit der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Sie verwaltet den Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds (AHK), den Domstrukturfonds Verden, das Stift Ilfeld und den Hospitalfonds St. Benedikti in Lüneburg.
Der Klosterkammer stehen eine Verwaltungs-, eine Liegenschafts- und eine Bauabteilung[1] sowie der Klosterkammerforstbetrieb, der von den Klosterforstämtern in Soltau und Westerhof verwaltet wird, als Landesbetrieb zur Verfügung. Darin sind rund 160[2] Mitarbeiter tätig, die das umfangreiche Stiftungsvermögen betreuen. Dieses besteht hauptsächlich aus rund 40.000 Hektar Grundbesitz mit Landwirtschafts- und Forstflächen[3], Kiesgruben, Naturschutz- und Freizeitflächen. Zu drei Vierteln finanziert sich die Klosterkammer aus rund 16.700[4] Erbbaurechts-Grundstücken - als größte Ausgeberin von Erbbaurechten in Deutschland.[4] Darüber hinaus gehören zur Kammer etwa 800[2], zumeist unter Denkmalschutz stehende Gebäude, darunter die Calenberger Frauenklöster Barsinghausen, Mariensee, Marienwerder, Wennigsen und Wülfinghausen. Auch etwa 12.000[2] Kunstwerke gehören zum Besitz.
Tätigkeit
Zu der Verwaltung der vier Stiftungsvermögen durch die Klosterkammer gehört auch die Erfüllung der Leistungsverpflichtungen gegenüber zahlreichen evangelischen und katholischen Kirchengemeinden. Die Leistungsverpflichtungen lasten in den ganz überwiegenden Fällen seit jeher auf den in den Stiftungen, insbesondere im Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds (AHK), zusammengefassten Vermögen. Eine erste Aufstellung findet sich in der Falk’schen Denkschrift von 1877. Ihre Größenordnung ist ganz unterschiedlich. So ist der AHK im Falle der Kirchengemeinde St. Michaelis Lüneburg verpflichtet, die gesamten Kosten der Kirchengemeinde, also alle Personal-, Sach-, Bauunterhaltungskosten zu tragen. In weiteren Fällen trägt der AHK ganz oder teilweise die Pfarrbesoldung, und/oder die Bauunterhaltung von Kirchengebäuden, Pfarrhäusern und Friedhofskapellen. Darüber hinaus leistet er Zuschüsse für Gehälter und Heizungskosten. Aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung von 1963/83 mit dem Land Niedersachsen trägt der AHK die Leistungsverpflichtung des Landes Niedersachsen gegenüber den sog. Lüneburger Klöstern, also Damenstiften, Ebstorf, Isenhagen, Lüne, Medingen, Walsrode und Wienhausen. Im Gegenzug wurde der AHK von seiner Leistungsverpflichtung gegenüber der Universität Göttingen freigestellt und der überschießende Anspruch durch die Übertragung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen ausgeglichen. Darüber hinaus berät die Klosterkammer die Damenstifte Bassum, Börstel, Fischbeck und Obernkirchen in Verwaltungs-, Bau- und sonstigen Fachangelegenheiten.
Aus Wirtschaftsüberschüssen der Vermögensverwaltung vergibt die Klosterkammer jährlich Fördermittel in Höhe von mehr als drei Millionen Euro für mehr als 200 Vorhaben[5] entsprechend ihrem kirchlichen, sozialen und schulischen Stiftungszweck für Projekte in Niedersachsen.
Verwaltete Stifte und Klöster
Lüneburger Klöster
Calenberger Klöster
Feldklöster
Sonstige
- Münsterkirche St. Alexandri (Einbeck)
- Stift Fischbeck
- Stift Obernkirchen
- Stift Börstel
- Stift Bassum
- Stift Ilfeld mit der Klosterschule Ilfeld und mehr als 1.500 Hektar Forsten im Kreis Nordhausen in Thüringen
- Kloster Bursfelde
Zeitweilig war bis 2019 die Übernahme von Schloss Marienburg (Pattensen) in die Klosterkammer geplant[6]; das Schloss befindet sich seit 2020 im Eigentum der privatrechtlichen Stiftung Schloss Marienburg.
Direktoren und Präsidenten
- Georg von der Wense (1818–1830), Geh. Kammerrat
- Philipp von Lochhausen (1830–1851), Oberklosterrat
- Friedrich Hermann Albert von Wangenheim (1851–1861), Klosterkammerdirektor
- Heinrich Christian Georg Haccius (1862–1874), Klosterkammerdirektor
- Georg Wilhelm Niemeyer (1875–1877), Klosterkammerdirektor
- Louis Sauerhering (1877–1889)
- Walther Herwig (1889–1901)
- Franz Rotzoll (1901–1921)
- Martin Richter (1921–1930)
- Albrecht Stalmann (1931–1955)
- Helmut Bojunga (1955–1958)
- Theodor Parisius (1959–1961)
- Hans Helmut zur Nedden (1961–1968)
- Herbert Weyher (1968–1970)
- Rolf Hauer (1970–1979)
- Axel Freiherr von Campenhausen (1979–1999)
- Martha Jansen (1999–2002)
- 2003 Vakanz
- Sigrid Maier-Knapp-Herbst (2004–2011)[7]
- Hans-Christian Biallas (2011–2022)
- 2022 Vakanz
Literatur
- Alleehof 3. In: Herbert Röhrig: Klosterfonds und Klosterkammer. Selbstverlag Hannover 1971.
- Axel Freiherr von Campenhausen (Hrsg.): Der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds und die Klosterkammer Hannover. Schlüter, Hannover 1999, ISBN 3-87706-546-5.
- Andreas Franitza: Der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds und die Klosterkammer Hanover. Untersuchungen zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung (= Schriften zum Staatskirchenrecht. 2), Frankfurt am Main u. a. [2000].
- Klosterkammer Hannover (Hrsg.): Klostergüter. Ein niedersächsisches Erbe. Hinstorff, Rostock 2011, ISBN 978-3-356-01396-2.
- Christine van den Heuvel, Thomas Vogtherr (Hrsg.): „Für wohlthätige Anstalten aller Art“ Zur Geschichte der Klosterkammer Hannover vom 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert. Wallstein Verlag, Göttingen 2018, ISBN 3-8353-3353-4.
- Schatzhüterin. 200 Jahre Klosterkammer Hannover. Ausstellung der Klosterkammer Hannover im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover, 20. April 2018 bis 12. August 2018. Hrsg. Katja Lembke und Jens Reiche. Sandstein Verlag, Dresden 2018, ISBN 978-3-95498-369-8.
Weblinks
- Internetauftritt der Klosterkammer Hannover
- Rechercheplattform: Quellen zur Geschichte der Klosterkammer Hannover
- Vortrag von Sigrid Maier-Knapp-Herbst über Elisabeth von Brandenburg und die Entstehung der Klosterkammer (PDF; 58 kB; Link am 10. Mai 2021 nicht mehr erreichbar)
Einzelnachweise
- Rita Hoheisel: Die Abteilung für Bau- und Kunstpflege. In: Denkmalpflege, Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen. Jg. 38, Heft 1, 2018, S. 6–7.
- Was uns ausmacht. In: www.klosterkammer.de. Klosterkammer Hannover, abgerufen am 10. Mai 2021.
- Unser Prinzip: Nachhaltigkeit, Klosterforsten. In: www.klosterkammer.de. Klosterkammer Hannover, abgerufen am 10. Mai 2021 (Betreut werden 25.000 Hektar in elf niedersächsischen Klosterrevierförstereien. Abgesehen von den Landesforsten handelt es sich um einen der größten Forstbetriebe Niedersachsens. Weitere 1.600 Hektar Fläche des Stiftsforstbetriebs Ilfeld in Thüringen bewirtschaftet die Dienstleistungstochter Klosterforsten-Management GmbH).
- Wie wir wirtschaften. In: www.klosterkamme.de. Klosterkammer Hannover, abgerufen am 10. Mai 2021.
- Förderungen. In: www.klosterkammer.de. Klosterkammer Hannover, abgerufen am 10. Mai 2021.
- Niedersachsen kauft Marienburg für einen Euro, Burgerbe.de, 29. November 2018.
- Bericht über Amtseinführung.