Friedrich Schnirch
Friedrich Franz Schnirch (* 7. Juni 1791 in Patek bei Laun; † 25. November 1868 in Wien) war ein deutsch-böhmischer Ingenieur und Brückenbauer. Bekannt wurde er durch den Bau von Kettenbrücken. Er war 1848 Mitbegründer des Österreichischen Ingenieur-Vereins.[1] Friedrich Schnirch zählt zu den bedeutendsten österreichischen Technikern der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und trug wesentlich zum technischen Fortschritt im Brückenbau bei.[2]
Leben
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Horn, der Philosophischen Lehranstalt in Krems und des k.k. Konvikts zu Wien studierte er von 1819 bis 1821 am Wiener Polytechnikum, sein Lehrer war u. a. Johann von Kudriaffsky, der Begründer der Wiener Schule des Brückenbaus. Danach war er als Privatingenieur bei den gräflich von Magnis'schen Bergwerken der Grafen von Magnis tätig. Sein besonderes Interesse galt dabei dem Brückenbauwesen, insbesondere beschäftigte er sich mit dem Bau von Kettenbrücken. Ab 1826 hatte er dieses Konstruktionsprinzip auch auf ein System feuersicherer hängender Eisendächer angewandt. Im Jahre 1858 erhielt er ein Patent für Hängebrücken. Bei der Nutzung der Kettenbrücken zeigten sich in späteren Jahren einige Konstruktionsmängel, z. B. die Unterschätzung der Verkehrsbelastung, die zu geringe Berücksichtigung der dynamischen Belastungen sowie die ungenügende Berücksichtigung der Windlasten, was zum Abriss und zum Neubau zahlreicher Brücken führte. Oftmals waren sie auf Grund ihrer geringen Breite dem stärkeren Verkehr nicht mehr gewachsen.
Ab 1827 war er im Staatsdienst tätig, ab 1842 als Oberingenieur der k.k. Staatseisenbahnen, ab 1859 Sektionschef im Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten und ab 1861 Oberinspektor der k.k. Staatseisenbahnbauten. Bei der Generaldirektion für die Österreichischen Staatseisenbahnen befasste er sich u. a. auch mit der Planung von neuen Eisenbahnstrecken, z. B. der Strecke Olmütz–Prag (Olomouc–Praha) und der Errichtung von Telegraphenanlagen für die Eisenbahn.
In Wien-Landstraße (3. Bezirk) wurde 1888 die Schnirchgasse nach ihm benannt.[3]
Bauten
- erste Kettenbrücke in der Habsburgermonarchie bei Strážnice (Straßnitz) in Mähren über die March, Spannweite 29 m, Breite 4 m (1824)[4]
- Kettenbrücke in Žatec (Saaz), Spannweite 64 m (1826–27, durch einen Neubau ersetzt 1897)
- Kettenbrücke (Kaiser-Ferdinand-Brücke) in Loket (Elbogen), erbaut von Ing. L. Wöllner (1836), das ursprüngliche Projekt stammte von F. Schnirch (durch einen Neubau ersetzt 1934–36)[5]
- Kaiser Franz I.-Brücke in Prag, Kettenbrücke über die Moldau (1839–41), ersetzt 1898 durch eine Steinbrücke – Legionen-Brücke[6]
- Kettenbrücke in Strakonice (Strakonitz) über die Otava, Spannweite 42 m (1841, ersetzt 1890)
- Kettenbrücke in Poděbrady (Podiebrad) über die Elbe, Spannweite 101 m (1842, ersetzt 1890)
- Kettenbrücke bei Jaroměř (Jaromierz) über die Elbe, Spannweite 41 m (1845)
- Kettenbrücke in Podolsko (Podolsk), OT von Podolí I bei Písek über die Moldau, Spannweite 91 m (1847–48), wegen des Baus der Orlík-Talsperre um 1965 abgebaut und 1971–75 neuaufgebaut bei Stádlec (Stachletz), Okres Tábor über die Lainsitz (Lužnice) – Stádlecký most (Řetězový most)[7]
- Kettenbrücke Postoloprty (Postelberg) über die Eger, Spannweite 99 m (1853, ersetzt 1910)
- Verbindungsbahnbrücke über den Donaukanal in Wien, für die Verbindungsbahn zwischen Nordbahnhof und Südbahnhof (erste Kettenbrücke für den Eisenbahnbetrieb) (1859–1860, 1884 durch einen Neubau ersetzt)
- Aspernbrücke über den Donaukanal in Wien (Kettenbrücke, System Schnirch-Fillunger) (1863–1864, 1913 durch einen Neubau ersetzt, Architekt Max Hegele)
- Eisendächer (Hängedächer) von Friedrich Schnirch, u. a. in Strážnice (Straßnitz) in Mähren, Český Brod (Böhmisch Brod), Tuřany (Turas), OT von Brünn und in Banská Bystrica (Neusohl). Das Haus mit dem Hängedach in Banská Bystrica befindet sich am Moyzesa Štefan nám. 7 und steht unter Denkmalschutz, siehe .[8]
Ehrungen
- Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens[9]
- In Wien wurde eine Straße nach ihm benannt
Werke
- Friedrich Schnirch und Josef Schnirch: „Beitrag für den Kettenbrückenbau, enthaltend die Theorie der Schwankungen bei allen bekannten Kettenbrücken-Constructionsarten mit 2 oder mehreren zusammenhängenden Bahnen nebst beigefügten Hilfsformeln zur Berechnung der Kettenbrücken und einem Entwurfe zu einer zusammengesetzten Kettenbrücke für sehr große Flussbreite“, mit 2 lith. Tafeln, Prag, Eggenberger, 1832
- Friedrich Schnirch: Die Kaiser Franzens Kettenbrücke in Prag, Prag-Berlin, 1842
- Publikationen in Zeitschriften:
- F. Schnirch: Ueber die Art Brunnen oberirdisch zu bauen und zu versenken, in: ABZ 8.1843, S. 147–151
- F. Schnirch: Ueber Elektricität und electrische Telegraphie, in: ZÖIV 1.1849, S. 29–36, 37–44, 45–56
- F. Schnirch: Anwendung der electrischen Telegraphie für den Eisenbahndienst, in: ZÖIV 1.1849, S. 129–134, 145–149
- F. Schnirch: Hängebrücken über den Niagara für Eisenbahnen u. Straßenfuhrwerk als Doppelbrücke, in: ZÖIV 7.1855, S. 156–157
- F. Schnirch: Die erste (dies- und jenseits des Ozeans) ausgeführte Kettenbrücke für den Lokomotivbetrieb, in: ABZ 25.1860, S. 220–233, Bl.380–381
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Schnirch, Friedrich. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 31. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1876, S. 52–54 (Digitalisat).
- Fanta, Julius: Die erste ausgeführte Kettenbrücke für den Locomotivbetrieb, Wien, Förster, 1861
Siehe auch
Weitere Kettenbrücken (nicht von Friedrich Schnirch erbaut):
- Kaiserin-Elisabeth-Brücke in Tetschen (Děčín), erbaut von der Firma Schertz aus Pirna nach Plänen von Ingenieur Werner, der das ursprüngliche Projekt von Josef Schnirch (1802–1877, Bruder von F. Schnirch) veränderte[10][11]
- Kettenbrücke (Budapest) in Budapest von William Tierney Clark und Adam Clark
- Kettenbrücke (Ozimek) in Ozimek (Malapane) in Schlesien von Karl Schottelius
- Franz-Joseph-Brücke in Prag, erbaut 1865–1868 von den englischen Ingenieuren Rowland Mason Ordish (1824–1886), William Henry Le Feuvre und Max von Ende, 1898 wurden die Ketten durch Drahtseile ersetzt
Weblinks
Einzelnachweise
- Architektenlexikon Wien 1770–1945 – Friedrich Schnirch (abgerufen am 27. Juni 2015)
- Österreichisches Biographisches Lexikon (ÖBL) 1815-1950, Bd. 10, S. 404f. (abgerufen am 27. Juni 2015)
- Austria-Forum – Friedrich Schnirch mit Bild (abgerufen am 27. Juni 2015)
- Schnirch - Kettenbrücke Strážnice (abgerufen am 27. Juni 2015) (tschech.)
- Straßenbrücke Loket (abgerufen am 29. Juni 2015) (tschech.)
- Friedrich Schnirch - Kettenbrücken (abgerufen am 27. Juni 2015) (tschech.)
- Josef Gruber: Papst der Kettenbrücken, 2012 (abgerufen am 27. Juni 2015) (tschech.)
- Ferenčik, Pavel: Über ein im Jahre 1826 gebautes Hängedach (Übersetzung), Universitätsbibliothek Stuttgart, 1976, 11 S. (abgerufen am 27. Juni 2015)
- Friedrich Schnirch im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- Kettenbrücke Děčín (abgerufen am 27. Juni 2015) (tschech.)
- Gedenkmünze F. J. Gerstner (abgerufen am 29. Juni 2015) (tschech.)