Friedrich H. Lewy
Friedrich Jacob Heinrich Lewy (auch Fritz Heinrich Lewy, später Frederic Henry Lewey[1], * 28. Januar 1885 in Berlin; † 5. Oktober 1950 in Haverford, Pennsylvania) war ein deutsch-amerikanischer Neurologe, Psychiater und Neuropathologe.
Leben
Lewy war der Sohn des jüdischen Berliner Arztes Heinrich Lewy und seiner Frau Anna, geb. Milchner. Nach dem Abitur am Friedrichwerderschen Gymnasium in Berlin 1903 und Ableistung des Militärdienstes bei den Zieten-Husaren in Rathenow studierte er ab 1904 in Berlin und Zürich Medizin und promovierte 1910 in Berlin zum Thema „Degenerationsversuche am akustischen System des Kaninchens und der Katze, zugleich ein Beitrag zur Anwendung der Marchischen Methode“. Nach dem Studium arbeitete Lewy als Assistent am Physiologischen Institut in Breslau und in Berlin von 1909 bis 1910, anschließend an der Psychiatrischen Klinik in München im Labor Alois Alzheimers unter Emil Kraepelin. Er folgte Alzheimer 1912 nach Breslau und wurde Leiter seines Labors, eine Position, die er bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges innehatte. Im Krieg diente Lewy in Frankreich, Russland und der Türkei als Militärarzt (Bataillonsarzt beim Garde-Pionier-Bataillon) und Leiter verschiedener Seuchenlazarette. Nach dem Krieg arbeitete er an der II. Medizinischen Klinik der Charité in Berlin. Lewy habilitierte sich im Fachgebiet Neurologie im Jahre 1921. Er wurde 1923 zum außerordentlichen Professor für Innere Medizin und Neurologie ernannt. 1926 wurde er Chef der neurologischen Abteilung der Charité und 1930 des neurologischen Instituts in Berlin. Schließlich gründete er 1932 ein eigenständiges neurologisches Klinik- und Forschungsinstitut in Berlin am Hansaplatz, das er bis zum Entzug der Lehrbefugnis auf Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 durch die Nationalsozialisten leitete.
Im Sommer 1933 emigrierte er zuerst nach England, konnte dort jedoch keine Festanstellung erreichen. 1934 ging er ins Exil in die USA, änderte seinen Namen später in Lewey und erhielt eine Rockefeller Fellowship an der Neurologischen Fakultät der Universität von Pennsylvania. 1943 bis 1945 war er wiederum als Militärarzt tätig, anschließend wirkte er erneut bis zu seinem Tod im Jahre 1950 an der Universität von Pennsylvania als Professor für Neuroanatomie. Er konvertierte 1949 zum Quäker.
Werk
Bekannt wurde Lewy als Entdecker der Lewy-Körperchen (engl. Lewy bodies), einer bestimmten Form von Proteineinschlüssen in Zellen des Nervensystems, im Jahre 1912. Lewy beschrieb sie zuerst im dorsalen Vagus-Kern und im Nucleus basalis Meynert von Parkinsonkranken. Trétiakoff benannte sie 1919 nach ihrem Entdecker als corps de Lewy. Diese Einschlusskörperchen finden sich insbesondere bei der Parkinson-Krankheit, hier gehäuft in der Substantia nigra und im Locus caeruleus. Bei der Lewy-Body-Demenz treten sie indes diffus kortikal und subkortikal im Gehirn auf. Dies beschrieb Lewy bereits 1923, wiewohl die Lewy-Body-Demenz erst später als eigenständiges Krankheitsbild abgegrenzt wurde. Mit dem Protein der Lewy-Körperchen (α-Synuclein) angereicherte Dendriten werden heute auch als Lewy-Dendriten bezeichnet.
Mit Theodor Brugsch (1878–1963) war Lewy Herausgeber des Lehrbuchs Die Biologie der Person.
Literatur von Friedrich H. Lewy
- Paralysis agitans. In: Max Lewandowsky (Hrsg.): Handbuch der Neurologie, Band I Pathologische Anatomie, Berlin, Springer Verlag 1912, Seite 920–933.
- Die Lehre vom Tonus und der Bewegung. In: Monographien aus dem Gesamtgebiete der Neurologie und Psychiatrie, Heft 24. Berlin, 1923.
- Die Oblongata und die Hirnnervenkerne. In: Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie. Band 10. Berlin, 1927.
- Die Motorik. In: Die Biologie der Person. Berlin und Wien, Urban & Schwarzenberg 1926–1931.
Literatur
- Bernd Holdorff: Fritz Heinrich Lewy (1885–1950). In: Journal of Neurology, Volume 253, Number 5. Mai 2006, Seite 677–678. PMID 16767545.
- Bernd Holdorff: Friedrich Heinrich Lewy (1885-1950) and his work. In: Journal of the History of the Neurosciences 2002, Volume 11, Number 1. März 2002, Seite 19–28. PMID 12012571
- F. Schiller: Fritz Lewy and his bodies. In: Journal of the History of the Neurosciences 2000, Volume 9, Number 2. August 2000, Seite 148–151. PMID 11232516
- J. Peiffer: Die Vertreibung deutscher Neuropathologen 1933–1939. In: Der Nervenarzt. Heft 69, No. 2. Februar 1998, Seite 99–109. ISSN 0028-2804 online: ISSN 1433-0407 PMID 9551453
- Antonio Manuel Rodrigues e Silva: Das Leben von Prof. Dr. Fritz Jakob Heinrich Lewy (1885 – 1950), Inaugural-Dissertation, Marburg/Lahn, 2013
Weblinks
- Biografie des ehemaligen DGVS-Mitglieds bei DGVS Gegen das Vergessen.
Fußnote
- Lewy schrieb seinen Namen in den USA Lewey. Er ist indes auch in der angloamerikanischen Literatur als Frederic Lewy bekannt.